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Ein Tag, zwei Leben

Ein Tag, zwei Leben

Titel: Ein Tag, zwei Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Shirvington
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Seite. Er zitterte. » Ich bringe ihn um! Sabine, bleib wach. Hat er …? Oh, Gott, Sabine, hat er …?« Er sah mich an, als würde er gleich ohnmächtig werden.
    » Nein. Er … war betrunken. Wütend, weil … ich Schluss gemacht habe.«
    » Nun, da kann ich nur sagen, dass das eine verdammt kluge Entscheidung war.«
    » Ry, tu ihm nichts … bitte. Es war einfach nur ein Missverständnis.«
    Er sah mich an, als wäre ich verrückt. Allmählich gewöhnte ich mich daran, dass mich die Leute so anschauten. » Sabine, das ist mehr als nur ein Missverständnis. Er hätte dich umbringen können. Himmel, wenn ich nicht früher gekommen wäre …« Er drückte meine Hand.
    Das war beängstigend wahr. Ich schluckte, mein Körper explodierte vor Schmerzen. » Danke, Ry«, flüsterte ich.
    Während sich das Sirenengeheul näherte, behielt er mich im Auge, um sicherzugehen, dass ich wach blieb. Sanitäter kamen ins Zimmer gerannt, gefolgt von der Polizei.
    Ryan überließ mich rasch dem Notarzt und schleifte Dex zu den Polizisten. Dex kam gerade zu sich, und ich sah gerade noch, wie die Polizisten Ryan davon abzuhalten versuchten, Dex erneut niederzuschlagen.
    Der Notarzt gab mir etwas, wahrscheinlich Morphium, sodass alles wohlig taub wurde. Dann gingen sie alle mutmaßlichen Verletzungen durch – gebrochene Rippen, innere Blutungen, Wirbelsäulenschaden, legten mir eine Hals- und Rückenstütze an und packten mich auf einen Rollwagen, um mich ins Krankenhaus zu bringen.
    Nachdem die Polizei Dex abgeführt hatte, blieb Ryan dicht an meiner Seite, blaffte hin und wieder die Sanitäter an, weil sie seiner Meinung nach zu grob mit mir umsprangen, auch wenn das nicht stimmte. In der Notaufnahme rief er Mom und Dad an, erzählte ihnen, was passiert war, und schaltete plötzlich in einen weisen, reifen Großer-Bruder-Modus – versicherte ihnen, dass alles gut würde, versuchte, sie zu beruhigen, bevor sie sich ans Steuer setzten und zum Krankenhaus gerast kamen. Was sie natürlich trotzdem sofort taten.
    Unwillkürlich dachte ich an Dex. Was er mit mir gemacht hatte, war natürlich unsäglich, aber ich hatte den Verdacht, dass es eher am Alkohol als an sonst was gelegen hatte. Ich fragte mich, ob er wohl gewusst hatte, dass Alkohol eine so heftige Reaktion bei ihm auslösen konnte, und deshalb nie etwas getrunken hatte. Ich war mir sicher, dass Dad das herausfinden würde – immerhin war er Rechtsanwalt. Ich war mir ziemlich sicher, dass er Dex angeklagt hatte, noch bevor er überhaupt im Krankenhaus ankam.
    Sie schoben mich im Rollstuhl in das Behandlungszimmer der Notaufnahme. Die nächsten paar Stunden untersuchten mich die Ärzte und führten Tests durch, bestätigten die gebrochenen Rippen und einen kleinen Riss im Wangenknochen, der von selbst heilen würde. Wunderbarerweise hatte ich keine inneren Blutungen. Und als sich der Arzt schließlich über mich beugte und lächelnd sagte: » Du wurdest grün und blau geschlagen, aber du wirst es überleben«, war ich wirklich erleichtert.
    Anders als meine Eltern in Roxbury neigten meine Eltern in Wellesley nicht dazu, Familienangelegenheiten unter Verschluss zu halten. Ich wusste, wenn sie ankamen, würde bereits die halbe Stadt wissen, was passiert war.
    Und wirklich – schon bald nach ihrer Ankunft tauchten die ersten Blumen auf. Es war peinlich. Vor allem, weil ich in einem Hotelzimmer gefunden worden war. Niemand würde lang brauchen, um sich einigermaßen zusammenzureimen, was passiert war.
    Obwohl ich wütend auf Dex war, tat er mir auch leid.
    » Oh, Sabine!« Mom eilte zu mir und Ryan, der die ganze Zeit bei mir geblieben war, wollte ihr Platz machen, doch ich umklammerte seine Hand. Im Moment fühlte ich mich am sichersten, wenn ich ihn neben mir hatte. Das schien er zu verstehen und blieb, wo er war.
    » Es geht ihr gut, Mom«, sagte er.
    Mom legte ihm die Hand auf den Kopf. » Gott sei Dank warst du da.« Sie fing an zu schluchzen.
    Nachdem er mit den Ärzten gesprochen hatte, kam Dad herein. » Ich bin mir sicher, dass dir deine Mom alles Naheliegende schon gesagt hat, deshalb möchte ich dich nicht mit einem zweiten Durchgang langweilen.« Er räusperte sich, die Augen voller Tränen. » Der Arzt sagt, dass du dich ganz gut machst.«
    Ich versuchte zu lächeln. » Es geht mir gut, Dad.«
    Er nickte und schaute weg. » Der Junge, der Mann – immerhin ist er über achtzehn –, wurde wegen vorsätzlicher Körperverletzung angezeigt. Er wird für geraume Zeit in

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