Ein Tag, zwei Leben
Unbedingt!« gerufen, als man mir eine Geburtstags-und-Abschlussparty bei mir zu Hause vorgeschlagen hatte.
Ich wusste, dass ich dann beim Wechsel wach sein würde. Aber nachdem ich letzte Nacht schon beim Wechsel wach gewesen war, fürchtete ich den heutigen Wechsel umso mehr. Ich war schon seit Jahren nicht mehr an zwei aufeinanderfolgenden Wechseln wach gewesen. Ganz zu schweigen davon, dass die Anzahl meiner Wachstunden dramatisch in die Höhe schießen würde.
Als ich gerade plante, mich um Mitternacht irgendwohin zurückzuziehen, klingelte es und Dex war an meiner Seite.
» Du weißt aber schon, dass die Prüfungen vorbei sind?«, neckte er mich mit seiner tiefen Stimme – die, die mir signalisierte, dass er Bestätigung brauchte. Manchmal war es ziemlich einfach, ihn zu durchschauen.
Ich folgte ihm auf den Flur hinaus, legte ihm den Arm um die Taille und küsste ihn auf die Wange. » Ich weiß, aber es ist nur noch eine Woche übrig und ich habe vor, mit einer guten Note abzuschließen.«
Er zog eine Augenbraue nach oben. » Du hast deine Zulassung für Harvard schon bekommen, eine bessere Note kann man sich nicht wünschen, oder?«
Ich zuckte mit den Achseln. Ehrlich gesagt graute mir vor Harvard und davor, dauernd Ryan um mich herum zu haben. Doch als es darum ging, sich zu bewerben, brachte ich es einfach nicht übers Herz, Colleges auszusuchen, die weiter von Mom entfernt waren. Wenn ich nicht da war, um sie zu unterstützen, würde sie zusammenbrechen.
Aus heiterem Himmel drängte mich Dex gegen die Spinde. Ich schnappte nach Luft, ließ ihn aber gewähren, in der Hoffnung, etwas mehr … zu fühlen. Seine Hüften waren gefährlich nahe an meinen. » Wie wäre es mit einer guten Note von mir?«, sagte er heiser.
Ich lächelte und ließ zu, dass er mich küsste.
Eigentlich hätte ich auch ein Notizbuch herausziehen und das ganze dokumentieren können. In Sekunde zwei bewegte er die Oberlippe. In Sekunde vier wurde sein Griff um meine Taille fester. In Sekunde sieben machte er dieses Geräusch, das er immer machte. Und in Sekunde neun bekam ich eine verdammte Gänsehaut und musste aufhören.
» Sehen wir uns zum Mittagessen?«, fragte ich und blickte ihn hoffnungsvoll an, obwohl ich die Antwort schon kannte.
» Nein«, sagte er dicht an meinem Ohr. » Ich habe Leichtathletik. Du kannst kommen und zuschauen.«
Hmm … mal überlegen …
» Das würde ich gern, aber ich muss für heute Abend noch einiges erledigen.«
» Ja. Das kann ich mir gut vorstellen.« Er küsste mich erneut, dieses Mal verstärkte er den Griff in Sekunde vier, bevor er mich losließ. » Bis später dann.«
Ich nickte und schaute ihm nach, falls er sich noch mal umdrehte.
Lucy, die offenbar auf mich gewartet hatte, eilte an meine Seite und wir gingen zusammen zum Mathematikunterricht. » Du weißt schon, dass er bis über beide Ohren in dich verschossen ist, oder?«
Ich lachte und fühlte mich schlecht, weil ich mehr als alles andere erleichtert war, dass er bei seinem letzten Kuss nur bis Sekunde vier gegangen war.
Himmel. Wie sollte ich da Sex überstehen? Wie viele Sekunden würde er dafür überhaupt brauchen?
» Und so sollte es auch sein«, erwiderte ich vorwitzig und ging dann rasch weiter. » Zurück zur Party. Kannst du heute Abend zum Aufhübschen zu mir kommen? Ich brauche Hilfe dabei, meine Mom zur Tür hinauszubugsieren.«
Lucy strahlte, sie war ganz in ihrem Element. Sie wollte Eventmanagerin werden und betrachtete alle unsere Partypläne als wertvolle Berufserfahrung. » Kein Problem, überlass deine Mom ruhig mir.«
4 – Wellesley, Freitag
Ich starrte mich im Spiegel an, während mir Miriam die Haare machte. Zum Glück war der Rest des Tages wie immer vorhersehbar gewesen, was mir dabei geholfen hatte, alles wieder in den Griff zu bekommen. Jetzt lief alles perfekt nach Plan. Sogar das Nachmittagsgewitter war gekommen – mit Blitz und Donner – und war vorübergegangen, fast ohne Spuren zu hinterlassen.
» Wirklich, Sabine, wenn du es uns nur färben lassen würdest. Ich schwöre, dass platinblonde Haare fantastisch an dir aussehen würden.«
Das Schlimmste war, dass ich ihr zustimmte. Mir würde beides gefallen – Miriams schönes Blond und Lucys umwerfendes intensives Braun. Aber ich schüttelte nur den Kopf.
» Mir gefällt es, wie es ist«, sagte ich selbstsicher.
» Ja, aber Veränderungen sind wie Ferien, und du könntest wirklich Erholung vertragen!«, beharrte Miriam.
» Nein,
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