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Hundejäger töten leise

Hundejäger töten leise

Titel: Hundejäger töten leise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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1. Volle Pulle nach Pesseldorf
     
    Fahrtwind kühlte ihr Gesicht
und wagte sich auch in die Ärmel des T-Shirts. Mit einem roten Band hatte sie
ihren Hut festgebunden. Er war groß wie ein Wagenrad und ganz aus Stroh. Was er
an Schatten spendete, hätte für zwei gereicht. Aber so dicht ließ sie höchstens
Tom an sich heran.
    Ihr Mofaroller knatterte. Nina,
genannt Locke, fuhr Höchstgeschwindigkeit. Satte 28 km/h machte ihr Roller. Das
heißt, seit Tom daran herumgefummelt hatte, holte sie sogar 29 Sachen aus dem
50-ccm-Motorchen heraus. Eine heiße Angelegenheit, also.
    Heiß war es auch jetzt um die
Mittagszeit an diesem brütenden Sommertag. Locke hatte die Großstadt hinter
sich gelassen und ratterte die Chaussee entlang nach Birkenrode. Ihre Oma
wohnte dort. Sie war hinausgezogen aus der großen Stadt mit all ihrem Trubel,
der Hektik, den vielen Menschen — fast eine Million waren es — der U-Bahn und
dem Flughafen.
    Langes, kastanienbraunes Haar
flatterte unter der Hutkrempe. Nina war ein Prachtmädel, noch nicht ganz 15,
groß, mit langen Beinen und etwas schlacksig. In dem schmalen Gesicht
leuchteten dunkle Augen wie Herzkirschen. Ihr Mund war etwas breiter als üblich
und schön geschwungen. Mit den Jungs, die unglücklich verliebt in sie waren,
hätte man ein Kino füllen können.

    Der Spitzname Locke würde ihr
sicherlich ein Leben lang anheften. Und das kam so: Locken — ihr sehnlichster
Wunsch — hatten sich erst vor vier Jahren eingestellt, und auch dann nur
vereinzelt. Sehr vereinzelt! Bis dahin waren ihre Haare glatt gefallen wie die
Zweige einer Trauerweide. Und das taten sie auch heute fast alle noch. Sehr zum
Kummer der kleinen Nina, die Stunden vor dem Spiegel zugebracht hatte, um sich
mit Spucke und Zeigefinger Locken zu drehen — erfolglos, natürlich. Aus dem
Wunsch nach gekringelten Haaren war ihr Spitzname entstanden. Jetzt gehörte er
zu ihr wie ihre nußbraune Haut.
    Chausseebäume flitzten vorbei.
Sommerwind strich über Getreidefelder und wiegte die Ähren. Von einer Weide
glotzten Kühe herüber. Lockes vordere Hutkrempe bog sich nach oben, und das sah
ziemlich verwegen aus.
    Sie hielt den Lenker mit beiden
Händen und sah auf die Uhr. Ihr Freund Tom war sicherlich längst bei der Oma.
Er hatte die letzte Schulstunde — Religion — geschwänzt und wollte schon vor
dem Essen mit seinem Motorroller zu Oma Rehm fahren. Von frommen Sprüchen hielt
er nicht viel, von tätiger Hilfe um so mehr. Und Oma brauchte Hilfe, denn ihre
lauschige Laube hinten im Garten mußte dringend gestrichen werden.
    Das gibt wieder ein Gerangel um
die Farbe, dachte Nina, Tom will erdiges Braun, wie ich ihn kenne, Oma ist
immer für Grün, aber ich werde durchsetzen, daß die Laube hellblau wird — freundlich
wie ein wolkenloser Himmel. Außerdem sieht man dann gleich, wann Taubendreck
weggeputzt werden muß.
    Sie lächelte und drehte das Gas
voll auf. Das würde zwar den Benzinverbrauch auf volle zwei Liter pro 100
Kilometer steigern, aber der Rausch der Geschwindigkeit kitzelte sie.
    Noch rauschiger schien der
Porschefahrer sich zu fühlen, der in diesem Moment laut hupend heranfegte.
    Roter Lack glänzte. Statt zu
überholen, blieb der Wagen neben Nina. Das rechte Fenster war geöffnet. Daniel
„Danny“ Tschilke kroch fast hindurch, saß halb auf dem Beifahrersitz; und der
Porsche bewegte sich in Schlangenlinien.
    Dieser Kotztyp! Kam der wieder
mit losen Sprüchen?
    Locke sah geradeaus, als gäbe
es den Verkehrsrowdy nicht.
    „Hallo! Was für ein schöner
Anblick! Die junge Fee auf ihrem Feuerstuhl. Und wieder bricht sie alle
Geschwindigkeitsrekorde. Kleines Rennen gefällig?“
    Dieser lausige Angeber! Ware
gerade erst 19, machte die 12. Klasse zum zweiten Mal und schmiß mit Geld nur
so um sich. Mit dem Geld seines Vaters, versteht sich. Der ihm, seinem
verzogenen Geldsöhnchen, auch den Porsche gekauft hatte. Leisten konnte er sich
das, der Georg Tschilke, hatte er doch Geld wie Heu. Freilich — wie er das
verdiente, danach fragte man besser nicht, denn Tschilke war Tierhändler und
sein Ruf miserabel.
    „Sprichst wohl nicht mit mir,
Kratzbürste?“ erkundigte Danny sich durchs Fenster. „Da entgeht dir aber was.
Habe mir nämlich gerade überlegt, ob ich dich mal in die Disco mitnehme.“
    „Mit einem Affen wie dir würde
ich mich nicht mal auf dem Friedhof sehen lassen“, rief Locke in den Fahrtwind.
„Und nun zisch endlich ab mit deinem geschenkten Auto! Sonst erzähle ich Tom,
wie du

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