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Ein Tag, zwei Leben

Ein Tag, zwei Leben

Titel: Ein Tag, zwei Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Shirvington
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Zahlen. » Zimmer achthundertsechzehn.«
    Nachdem wir aufgelegt hatten, trat ich auf den Balkon hinaus. Ich brauchte einen Moment Ruhe, um endlich über meine Gefühle zu Ethan nachzudenken.
    Wem wollte ich etwas vormachen? Es dauerte etwa drei Sekunden, um zu einem eindeutigen Schluss zu kommen. Ich war total in ihn verliebt. Die einfache Tatsache zu wissen, dass er mich in diesem Augenblick in meiner anderen Welt küsste und dass mich dieses Wissen nicht in Panik versetzte, war schon Beweis genug. Doch darüber hinaus kannte er mich.
    Ich breitete die Arme vor dem nächtlichen Himmel aus und stürzte mich in Gedanken in die Welt der Möglichkeiten – die Welt der ›was wäre wenns‹. In das Bewusstsein, dass ich in ein paar Minuten direkt in die Arme des Mannes, den ich liebte, überwechseln würde.
    Ich weiß nicht, wann ich anfing, mich übermütig im Kreis zu drehen. Aber ich erinnere mich noch an den Moment, in dem ich damit aufhörte …
    Und Dex in der offenen Tür stehen und mich anstarren sah.
    Ich ging zurück ins Zimmer, während er auf mich zu taumelte.
    Er war betrunken.
    » Dex …«, fing ich an, wobei ich mich fragte, wie ich das erklären sollte. Doch als ich seinen Blick sah, blieb ich abrupt stehen.
    Ich weiß nicht, ob es am Alkohol lag oder an der Tatsache, dass er mich hatte lächeln sehen. Ich weiß nicht, ob er es schon im Einzelnen vorgehabt hatte, als er zurückkam, oder ob er eigentlich etwas anderes hatte tun wollen. Alles, was ich weiß, ist, dass er die paar letzten torkelnden Schritte auf mich zu machte und dann völlig ausrastete.
    Beim ersten Schlag ins Gesicht stürzte ich auf Hände und Knie.
    Ich schrie. Aber er brachte mich rasch zum Schweigen, indem er mir heftig in den Magen trat, sodass ich auf den Rücken fiel, als wäre ich nichts weiter als eine Stoffpuppe. Er ließ sich auf mich fallen, setzte sich rittlings auf mich, während er weiter auf mich einprügelte.
    Unter seinem Gewicht war ich wehrlos. Ich konnte nicht klar sehen. Wusste nicht, was ich jetzt tun sollte. Zwischen den Schlägen blickte ich ihm in die Augen. Das war nicht der Dex, den ich kannte. Er war betrunken und völlig außer Kontrolle.
    Nach dem vierten schweren Schlag in mein Gesicht wurde ich mir der unumstößlichen Tatsache bewusst, dass Dex nicht aufhören würde. Meine schwachen Versuche, um Hilfe zu rufen, wurden von seinen Fäusten erstickt.
    Mein Kopf flog unter der Wucht eines Faustschlages zur Seite und fühlte sich an, als würde er gleich explodieren. Blut aus einer Platzwunde an der Stirn lief mir in die Augen. Ich entdeckte die Digitaluhr auf dem Nachttisch.
    Oh bitte, bitte, bitte.
    Dreiundzwanzig Uhr neunundfünfzig.
    Dex’ Hand holte wieder aus, schonungslos verfolgte er seine Absichten. Ich schloss die Augen, wartete auf den Schlag und … vollzog den Wechsel.

26 – Roxbury, Dienstag
    Vom Albtraum zum Traum. Ich lag in seinen Armen, seine Lippen auf meinen. Aber mein Albtraum war immer noch bei mir, und ich zuckte keuchend zusammen, während mein Körper Dex’ letzten Faustschlag erwartete.
    Ethan rappelte sich auf, während ich mich bemühte, wieder zu Atem zu kommen. Er sah auf die Uhr und zog eine Grimasse.
    Ich versuchte, mich zu beruhigen. Mir geht es gut. Ich bin wieder hier. Bei Ethan. Ich schloss einen Moment lang die Augen. Ich war in Sicherheit.
    Doch als ich sie wieder aufschlug, zog sich Ethan gerade zur Tür zurück, mein Herz krampfte sich zusammen, als ich die Trauer in seinen Augen sah. Er biss sich auf seine hübsche Unterlippe, dann sah er weg. » Ich lasse dich …« Er ließ den Kopf hängen. » Ich lasse dich jetzt allein.«
    Meine Augen füllten sich mit Tränen. Er hatte gedacht, ich wäre vor ihm zurückgeschreckt. Dachte, es würde bedeuten, dass …
    » Ethan«, hauchte ich, kaum fähig, genug Sauerstoff zu finden. » Bitte, geh nicht.«
    Er sah mich wieder an. Er musste meinen veränderten Gesichtsausdruck bemerkt haben, denn er machte ein paar zögernde Schritte auf mich zu. » Sabine, du zitterst … mehr als sonst. Bist du …? Ist alles …? Hat …? Himmel, Sabine, erzähl es mir einfach!«
    Ich holte tief Luft. Es war eine unmögliche Situation. Die Welt, von der ich geglaubt hatte, dass sie in sich zusammengefallen wäre, belebte mich jetzt wieder – und die Welt, in die ich all meine Hoffnungen und Träume für die Zukunft investiert hatte, zerriss mich jetzt. Aber in dem Moment, in dem ich Ethan in die Augen blickte, gab es Wichtigeres zu

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