Ein Tag, zwei Leben
sagen.
» Ich liebe dich auch. Und nicht nur, weil du mir glaubst.«
Mit zwei Schritten war er zurück, setzte sich auf das schmale Bett und zog mich zu sich, als würde unser Leben davon abhängen. Als er sich zurücklehnte und sein Blick den meinen suchte, wusste ich, was ihn beschäftigte.
» Sabine …?«
Ich legte meine Hände um sein Gesicht. » Nein, Ethan. Ich habe nicht mit Dex geschlafen. Ich konnte es nicht. Wie hätte ich das tun können?« Und dann küsste er mich, während mich Dex irgendwo anders umbrachte. Aber in diesem Moment gehörte mir das Paradies.
Würde es so laufen?
Würde ich nach alldem in Wellesley sterben?
Plötzlich war ich mir trotz all meiner Theorien, all meiner Tests nicht mehr so sicher, dass mein Leben in Roxbury – das Leben, das ich nur allzu bereit gewesen war, wegzuwerfen – weitergehen würde, wenn ich in Wellesley tatsächlich stürbe.
Seltsam.
Ethan strich mir mit der Hand über das Gesicht. » Ich liebe dich«, murmelte er.
Bevor ich wusste, was ich tat, hatte ich Ethans Schlüssel aus seiner Tasche gezogen und war an der Tür, die ich leise abschloss. Als ich mich zu ihm umwandte und sah, dass er mich mit tiefer Liebe in den Augen ansah, war ich mir sicher, dass ich nichts mehr wollte, als mit ihm zusammen zu sein. Ich ging auf ihn zu und zog dabei mein Oberteil aus. Jetzt gab es nichts, was uns aufhalten konnte.
» Sabine …«, begann er, aber ich schüttelte den Kopf, legte mich zu ihm aufs Bett und küsste ihn sanft am Hals.
» Sag nicht Nein, Ethan.«
» Es geht mir heute Abend nicht besonders«, sagte er und klang dabei nervös und atemlos zugleich.
» Sag nicht Nein«, wiederholte ich. » Es sei denn, du willst es wirklich nicht.«
Er wand sich, schlang jedoch die Arme wieder um mich. » Es gibt da ein paar Dinge, die ich dir sagen muss. Ich habe kein Recht das zu tun, kein Recht, mit dir zusammen zu sein. Wenn ich … vielleicht willst du es dann nicht mehr.«
Ich küsste ihn wieder. » Dann sag es mir nicht. Nicht jetzt. Sag es mir später. Jetzt liebe ich dich und du liebst mich, und ich weiß nicht, wie das kommt, aber ich weiß, dass dies das Richtige ist. Ich will, dass du es bist, Ethan. Ich will mein erstes Mal mit dir erleben.«
Er fuhr mir mit der Hand durch die Haare und zog mich zu sich.
» Ein erstes und ein letztes Mal also«, murmelte er; er wandte mir das Gesicht zu und erwiderte meine Küsse.
Er war alles, was ich wollte, und noch so viel mehr. Liebevoll, sanft, rücksichtsvoll. Er ließ das winzige Bett als etwas Wundervolles erscheinen, er machte langsamer, wenn nötig, streichelte mich, sagte mir süße Belanglosigkeiten und führte mich. Er schien jeden Moment zu genießen, als würde er sich alles für immer ins Gedächtnis einprägen; er nahm sich Zeit, jede Kurve und jede Sommersprosse meines Körpers zu erforschen, und fuhr mein Gesicht immer und immer wieder mit seinen Fingerspitzen nach. Er fand sogar das Muttermal in meiner Kniekehle. Und nachdem er mich erforscht hatte, sah er fasziniert zu, wie ich ihn ebenfalls erforschte.
Als ich die blauen Flecken an seinem Unterbauch entdeckte und etwas an seinen Armen, das wie Nadelstiche aussah, fing ich an, Fragen zu stellen, aber er brachte mich mit Küssen zum Schweigen, die mich umhauten.
Als es schließlich bei uns beiden keinen Zentimeter mehr gab, der nicht berührt worden war, keine Stelle, die er nicht so zum Prickeln und Brennen gebracht hatte, dass ich es mein Leben lang so haben wollte, nahm er mich in die Arme.
» Ich war mir so sicher, dass ich das nie erleben würde«, sagte er leise und strich mir über die Haare.
» Was?«
» Liebe.«
Ich lachte fast. » Jetzt versuch erst gar nicht, mir zu erzählen, dass du das noch nie gemacht hast.«
Er kicherte ebenfalls. » Nicht so. Nicht mit diesem Liebe-Teil.«
Ich sah ihn an. Er war noch immer außer Atem. » Alles in Ordnung? Du siehst so …«
Er zog die Augenbrauen nach oben. » Erschöpft aus?«
Ich lächelte und war ziemlich glücklich mit mir selbst. » Na ja, jedenfalls kann uns niemand vorwerfen, wir wären nicht gründlich gewesen.« Ausführlicher wurde ich nicht, ich sagte nicht, dass ein großer Teil davon meiner eigenen Verzweiflung entsprungen war – ich hatte es so lange wie möglich ausgedehnt, um den Dingen, die mir bevorstanden, nicht so schnell wieder ins Auge sehen zu müssen. Ich konnte es nicht ertragen, den Moment jetzt schon zu ruinieren.
Ethan beschloss trotzdem, ernst zu werden.
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