Ein Todsicherer Job
man selbst.) Charlie sagte: »Vermutlich haben Sie Recht, Mr. Fresh. Tut mir leid, wenn ich voreilige Schlüsse gezogen habe. Ich bitte um Verzeihung.«
»Ist schon okay«, sagte Mr. Fresh. »Aber Sie sollten jetzt lieber gehen.«
»Nein, eines verstehe ich immer noch nicht: Woher weiß ich, wer die Seelen haben soll? Ich meine, nachdem das alles passiert war, hatte ich alle möglichen Seelenschiffchen in meinem Laden, von denen ich gar nichts wusste. Woher weiß ich, dass ich das Zeug nicht jemandem verkauft habe, der schon eines hatte? Was ist, wenn jemand eine ganze Sammlung hat?«
»Das kann nicht passieren. Aller Erfahrung nach zumindest. Sie werden es schon wissen. Glauben Sie mir. Wenn Menschen bereit sind, eine Seele entgegenzunehmen, bekommen sie sie auch. Haben Sie sich schon mal mit einer östlichen Religion befasst?«
»Ich wohne in Chinatown«, sagte Charlie, und obwohl es technisch im Grunde mehr oder weniger stimmte, beherrschte er genau drei Sätze Mandarin: Guten Tag, Leicht gestärkt bitte und Ich bin ein ahnungsloser weißer Teufel , die ihm allesamt Mrs. Ling beigebracht hatte. Er glaubte, Letzteres hieße »Möge sich die Morgenröte in Euren Augen spiegeln«.
»Dann lassen Sie es mich anders formulieren«, sagte Mr. Fresh. »Haben Sie sich schon mal mit einer östlichen Religion befasst?«
»Ach, östliche Religion...«, sagte Charlie und tat, als hätte er die Frage nur falsch verstanden. »Nur was im Fernsehen so läuft... Sie wissen schon: Buddha, Shiva, Gandalf – was man so kennt.«
»Begreifen Sie das Konzept des Karmas? Dass einem ungelöste Probleme in einem anderen Leben erneut präsentiert werden?«
»Ja, natürlich. Also wirklich...« Charlie verdrehte die Augen.
»Nun, sehen Sie sich als Seelenzuteilungsbeamter. Wir sind Agenten des Karma.«
»Geheimagenten«, sagte Charlie wehmütig.
»Also, ich denke, ich muss wohl nicht erst betonen, dass Sie niemandem erzählen dürfen, was Sie sind«, sagte Mr. Fresh.
»Also: Ja, ich denke, wir sind Karmas Geheimagenten. Wir verwahren eine Seele, bis ein Mensch bereit ist, sie in Empfang zu nehmen.«
Charlie schüttelte den Kopf. »Wenn also jemand in meinen Laden kommt und ein Seelenschiffchen kauft, ist er bis dahin ohne Seele durchs Leben gegangen? Das ist ja schrecklich.«
»Wirklich?«, sagte Mr. Fresh. »Wissen Sie, ob Sie eine Seele haben?«
»Natürlich habe ich eine.«
»Warum sagen Sie das?«
»Weil ich ich bin.« Charlie tippte an seine Brust. »Hier bin ich.«
»Das ist nur Persönlichkeit«, sagte Minty. »Wenn überhaupt. Sie könnten leer sein und würden den Unterschied nicht merken. Vielleicht haben Sie den Punkt im Leben noch gar nicht erreicht, an dem Sie bereit sind, eine Seele zu empfangen.«
»Hm?«
»Vielleicht ist Ihre Seele weiter entwickelt, als Sie es selbst gerade sind. Wenn ein Kind die zehnte Klasse nicht schafft: Lässt man es dann alle Klassen vom Kindergarten bis zur Neunten wiederholen?«
»Nein, wohl nicht.«
»Nein, man lässt es die Zehnte noch mal machen. Nun, nicht anders ist es bei den Seelen. Sie steigen nur auf. Man bekommt eine Seele, wenn man sie auf die nächsthöhere Ebene befördern kann und wenn man bereit ist, die nächste Lektion zu lernen.«
»Wenn ich also jemandem einen dieser leuchtenden Gegenstände verkaufe, ist er bis dahin ohne Seele durchs Leben gegangen?«
»Das ist meine Theorie«, sagte Minty Fresh. »Ich habe im Laufe der Jahre viel über dieses Thema gelesen. Texte aus allen Kulturen und Religionen, und das erklärt es besser als alles andere, was mir so einfällt.«
»Dann steht in dem Buch, das Sie mir geschickt haben, gar nicht alles drin...?«
»Das sind nur die praktischen Anweisungen. Erklärungen gibt es keine. Es ist kinderleicht. Da steht, man soll sich einen Kalender besorgen und neben sein Bett legen. Dann kommen die Namen von selbst. Er sagt einem weder, wie man die Leute findet, noch was der Gegenstand ist, nur dass man es tun soll. Besorgen Sie sich einen Tagesplaner. So einen benutze ich auch.«
»Aber was ist mit dieser Zahl? Wenn ich einen Namen gefunden habe, stand immer eine Zahl daneben.«
Mr. Fresh nickte und grinste etwas verschlagen. »Das sind die Tage, die einem bleiben, das Seelenschiffchen wieder zu beschaffen.«
»Wie lange es noch dauert, bis jemand stirbt? Das will ich gar nicht wissen.«
»Nein, nicht wie lange es dauert, bis jemand stirbt, sondern wie viel Zeit Ihnen bleibt, das Schiffchen zu beschaffen, wie viele Tage
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