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Ein Todsicherer Job

Ein Todsicherer Job

Titel: Ein Todsicherer Job Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Moore
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so unstet, wie man nur sein kann«, sagte Mom.
    »Ja, und er hat einen Hirnschaden«, fügte die Schwester hinzu.
    »Na ja, jetzt schon.«
    »Seit er von diesem Auto überfahren wurde«, sagte die Schwester.
    »Ist er nicht direkt vors Auto gelaufen?«, fragte eine der Damen, die bisher noch nichts gesagt hatte.
    »Nein, er ist dagegengelaufen«, sagte Mom. »Er stand unter Drogen.« Sie seufzte. »Ich habe schon immer gesagt, ich habe von allem etwas: einen Jungen, ein Mädchen und einen Jimmy.«
    Alle nickten. Charlie vermutete, dass sie nicht zum ersten Mal gemeinsam nickten. Sie waren von der Sorte, die Beileidskarten bündelweise kauften und sich jedes Mal, wenn sie einen Krankenwagen hörten, vornahmen, das schwarze Kleid aus der Reinigung zu holen.
    »Ich finde, Maddy sah schlecht aus«, sagte die Dame in Grau. »Nun, sie liegt im Sterben, Liebes. So ist es eben.«
    »Stimmt wohl.« Noch ein Seufzen.
    Das Klirren von Eis im Glas.
    Sie alle hielten hübsche, kleine Cocktailgläser in den Händen. Charlie vermutete, dass die Frau, die draußen rauchte, die Cocktails gemixt hatte. Er sah sich im Zimmer nach etwas Leuchtendem um. In der Ecke stand ein Rollschreibtisch, in den er gern einen Blick geworfen hätte, doch das würde bis später warten müssen. Er schlich zur Tür hinaus und in die Küche, wo zwei Männer von Ende dreißig, vielleicht Anfang vierzig an einem Eichentisch saßen und Scrabble spielten.
    »Kommt Jenny wieder rein? Sie ist dran.«
    »Könnte sein, dass sie mit einer der Damen nach oben gegangen ist, um nach Mom zu sehen. Die Schwester lässt sie nur einzeln rein.«
    »Ich wünschte, es wäre vorbei. Dieses Warten ist nicht auszuhalten. Und langsam muss ich zu meiner Familie zurück. Es ist zum aus der Haut fahren.«
    Der Ältere der beiden beugte sich über den Tisch und legte zwei kleine, blaue Pillen neben die Spielsteine seines Bruders. »Die helfen.«
    »Was ist das?«
    »Retardiertes Morphin.«
    »Wirklich?« Der jüngere Bruder sah besorgt aus.
    »Man merkt sie kaum. Sie machen nur irgendwie alles leichter. Jenny nimmt sie seit zwei Wochen.«
    »Deshalb nehmt ihr alles so leicht, und ich bin ein Wrack? Ihr seid breit von Moms Schmerzmitteln?«
    »Jep.«
    »Ich nehme keine Drogen. Das sind Drogen. Man nimmt keine Drogen.«
    Der ältere Bruder lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. »Schmerzmittel, Bill. Wie fühlst du dich?«
    »Nein, ich werde nicht Moms Schmerztabletten nehmen.« »Wie du willst.«
    »Was ist, wenn sie sie braucht?«
    »In diesem Zimmer ist so viel Morphium, dass man damit einen Braunbär umhauen könnte, und wenn sie mehr braucht, bringt das Hospiz Nachschub.«
    Am liebsten hätte Charlie den jüngeren Bruder geschüttelt und geschrien: »Nimm die Drogen, du Idiot!« Vielleicht war dies der Vorteil von Erfahrung, da er diese Situation nun immer wieder erlebt hatte, Familien am Totenbett, halb verrückt vor Trauer und Erschöpfung, Freunde kommen und gehen wie Gespenster, nehmen Abschied oder wollen nur auf Nummer sicher gehen, damit sie sagen können, sie seien da gewesen, damit sie eines Tages nicht allein sterben müssen. Wieso stand nichts davon in den Totenbüchern? Wieso stand in den Anweisungen nichts vom Schmerz und der Hilflosigkeit, die er erleben würde?
    »Ich geh und such Jenny«, sagte der ältere Bruder. »Mal sehen, ob sie was zu essen holen will. Wir können später weiterspielen, wenn du möchtest.«
    »Ist schon okay, ich hätte sowieso verloren.« Der jüngere Bruder sammelte die Steine ein und stellte das Brett weg. »Ich geh rauf und versuch, ein wenig zu schlafen. Heute Nacht sitz ich an Moms Bett.«
    Charlie sah, wie der jüngere Bruder die blauen Pillen in seine Hemdtasche steckte und die Küche verließ, so dass Charlie die Speisekammer und die Schränke nach dem Seelenschiffchen durchwühlen konnte. Aber er wusste schon vorher, dass es nicht da war. Charlie würde nach oben gehen müssen.
    Er hatte wirklich, wirklich nicht gern kranke Menschen um sich.
    Madeline Alby lag im Bett, die Decke bis zum Hals hochgezogen. Sie war so zierlich, dass sie sich unter der Decke kaum abzeichnete. Sie konnte nicht mehr als fünfunddreißig oder vierzig Kilo wiegen. Ihr Gesicht war ausgezehrt, und er sah ihre Augenhöhlen, den Unterkieferknochen, die gelbe Haut. Charlie tippte auf Leberkrebs. Eine ihrer Freundinnen saß am Bett, die Hospizschwester, eine große Frau im Kittel, hielt sich etwas abseits und las. Ein kleiner Hund, wohl ein Yorkshire-Terrier,

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