Ein Todsicherer Job
sagte Ray und sah sich im Laden um, weil er sichergehen wollte, dass sie allein waren. »Was ich dir zu sagen habe, ist wirklich dringend.«
»Okay«, sagte Lily, »meines ist mir nicht so wichtig. Mach du erst.«
»Okay.« Ray holte tief Luft und legte los. »Ich glaube, es könnte sein, dass Charlie ein Serienkiller mit Ninja-Kräften ist.«
»Wow, nicht schlecht«, sagte Lily. »Okay, jetzt ich. Eine gewisse Miss Me-So-Horny hat für dich angerufen. Sie wollte dir mitteilen, dass sie mit zwanzig Zentimeter lüsternem Gemächte ausgestattet ist.« Lily hielt Rays Handy hoch, das er unter dem Tresen liegen gelassen hatte.
»O mein Gott. Nicht schon wieder!« Ray schlug die Hände vors Gesicht und sank gegen den Tresen.
»Sie hat gesagt, sie kann es kaum erwarten, dich daran teilhaben zu lassen.« Lily betrachtete ihre Fingernägel. »Und Asher ist also ein Ninja?«
Ray blickte auf. »Ja, und er stellt einer Fickpuppe aus meinem Fitnessclub nach.«
»Findest du deine Phantasie eigentlich blühend genug, Ray?«
»Halt die Klappe, Lily. Das Ganze ist eine Katastrophe. Mein Job und meine Wohnung hängen von Charlie ab, ganz zu schweigen davon, dass er ein Kind hat und der neue Sonnenschein in meinem Leben ein Kerl ist.«
»Nein, ist er nicht.« Lily staunte selbst, dass sie so schnell aufgab. Ray zu quälen, machte ihr nicht mehr solch großen Spaß wie früher.
»Bitte wie?«
»Ich verarsch dich nur, Ray. Sie hat nicht angerufen. Ich hab deine E-Mails gelesen.«
»Die sind privat!«
»Und deshalb hast du alles hier auf dem Geschäftscomputer?«
»Ich bin viel hier, und bei dem Zeitunterschied...«
»Da wir gerade von Privatsphäre sprechen: Wie war das eben? Asher ist ein Ninja und ein Serienkiller? Beides gleichzeitig?«
Ray trat näher heran und nuschelte in seinen Kragen, als verriete er eine gewaltige Verschwörung. »Ich habe ihn beobachtet. Charlie kriegt ’ne Menge Zeug von toten Leuten rein. Das geht schon seit Jahren so. Und dauernd haut er plötzlich ab, und ich muss seine Schichten übernehmen, aber er sagt nie, wohin er geht. Und kurz danach tauchen im Laden jedes Mal Sachen von toten Leuten auf. Heute bin ich ihm gefolgt, und er war hinter einer Frau her, die in meinem Fitnessclub ist. Dort könnte er sie neulich gesehen haben.«
Lily trat einen Schritt zurück, verschränkte ihre Arme und zog ein Gesicht, als verachtete sie Ray, was ihr relativ leicht fiel, nach der jahrelangen Übung. »Ray, ist dir schon mal aufgefallen, dass Asher mit Nachlässen zu tun hat und unsere Geschäfte erheblich besser laufen, seit er mehr Nachlässe übernimmt? Dass die Ware qualitativ erheblich besser ist? Vermutlich, weil er früher hingeht?«
»Ich weiß, aber das ist es nicht. Du bist nicht so oft da wie ich, Lily. Ich war früher Polizist. Mir fällt so was auf. Weißt du zum Beispiel, dass ein Detective von der Mordkommission Charlie auf den Fersen ist? Allerdings. Er hat mir seine Karte gegeben und gesagt, ich soll ihn anrufen, wenn was Ungewöhnliches passiert.«
»Ray, du hast doch wohl nicht...«
»Charlie ist verschwunden, Lily. Ich habe ihn beobachtet, und er hat sich einfach in Luft aufgelöst, direkt vor meinen Augen. Und zuletzt habe ich ihn gesehen, als er in das Haus von dieser Fickpuppe gegangen ist.«
Am liebsten hätte Lily den Tacker vom Tresen genommen und Ray mal kurz hundert Klammern in die verschwitzte Stirn getackert. »Du undankbares Arschloch! Hetzt du Asher die Bullen auf den Hals? Dem Mann, der dir – wann, vor zehn Jahren? – einen Job und ein Dach über dem Kopf gegeben hat?«
»Ich hab nicht beim Revier angerufen, nur diesen Inspector Rivera. Denn kenne ich noch aus der Zeit, als ich bei der Truppe war. Er hängt es bestimmt nicht an die große Glocke.«
»Geh, hol dein Scheckheft und dein Auto!«, bellte Lily. »Wir zahlen die Kaution und holen ihn da raus.«
»Wahrscheinlich ist er noch nicht mal erkennungsdienstlich erfasst worden«, sagte Ray.
»Ray, du bist ein armseliger Wicht. Geh. Ich schließ den Laden ab und warte vor der Tür. «
»Lily, so kannst du nicht mit mir reden. Das muss ich mir nicht bieten lassen.«
Da er jedoch einen steifen Hals hatte, konnte Ray den ersten beiden Klammern nicht entgehen, die ihm Lily an die Stirn tackerte, doch da hatte er bereits beschlossen, dass es das Beste war, sein Scheckheft und das Auto zu holen.
»Was ist überhaupt eine ›Fickpuppe‹ ?«, rief Lily ihm nach, während sie sich selbst über ihre Loyalität zu
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