Ein Todsicherer Job
wieder aus und nahm ein Taxi, das noch keinen Fahrgast hatte.
Eilig lief er die Straße hinauf, huschte vom Laternenpfahl zum Zeitungskasten, dann zur Bank an der Bushaltestelle, duckte sich jedes Mal dahinter und lief gebückt weiter, was rein gar nichts brachte, abgesehen davon, dass er sich vor dem Jungen, der auf der anderen Straßenseite auf den Bus wartete, zum Vollidioten machte. Er kam zur Einfahrt der Tiefgarage vom Fontana , als Charlie eben die Tür ansteuerte. Ray kauerte hinter dem Pfeiler bei der Schranke.
Er war nicht sicher, was er tun sollte, wenn Charlie ins Gebäude ging. Glücklicherweise hatte er sich Madison McKernys Telefonnummer eingeprägt und konnte sie warnen, dass Charlie unterwegs war. Im Taxi auf dem Weg hierher war ihm eingefallen, wo er ihren Namen schon mal gesehen hatte: auf der Namensliste in seinem Fitnessclub. Madison McKerny war eine der morgendlichen Fickpuppen aus dem Club, und genau wie Ray vermutet hatte, stellte Charlie ihr nach.
Er sah, dass Charlie einer jungen Frau im grauen Kostüm folgte, die auf den Eingang zum Fontana zusteuerte, dann war Charlie weg. Einfach weg.
Ray trat ein Stück auf den Bürgersteig hinaus, um besser sehen zu können. Die Frau war noch da, hatte erst ein paar Schritte zurückgelegt, nur war von Charlie nichts zu sehen. Es gab keine Büsche, keine Mauern, die verdammte Lobby bestand komplett aus Glas. Was war mit ihm passiert? Ray war sicher, dass er sich nicht abgewendet hatte, konnte sich nicht mal erinnern, geblinzelt zu haben, und ihm wäre kein Haken entgangen, den Charlie möglicherweise geschlagen haben mochte.
Als er der Neigung des Betamännchens nachgab, stets sich selbst die Schuld zu geben, überlegte Ray, ob er vielleicht einen epileptischen Anfall erlitten hatte und eine Sekunde weggetreten war. Egal, in jedem Fall musste er Madison McKerny warnen. Er griff nach seinem Gürtel und ertastete den leeren HandyClip, dann fiel ihm ein, dass er sein Telefon unter den Tresen gelegt hatte, als er am Morgen zur Arbeit gekommen war.
Charlie fand die richtige Wohnung und klingelte. Wenn er Madison McKerny dazu bewegen konnte, auf den Flur herauszutreten, wollte er sich an ihr vorbeischieben und die Wohnung nach ihrem Seelenschiffchen durchsuchen. Am Ende des Korridors stand ein Tisch mit einem Plastikblumenstrauß. Er hatte ihn umgekippt, in der Hoffnung, sie wäre neurotisch oder neugieriggenug, ihre Wohnung zu verlassen, um es sich genauer anzusehen. Falls sie nicht zu Hause war, musste er einbrechen. Die Chancen standen gut, dass sie – da es unten einen Portier gab – keine Alarmanlage hatte. Doch was war, wenn sie ihn sehen konnte? Manchmal konnten sie es, die Klienten. Nicht oft, aber es kam vor und...
Sie öffnete die Tür.
Charlie hielt die Luft an. Sie war atemberaubend. Charlie erstarrte und glotzte ihre Brüste an.
Es lag nicht daran, dass sie eine junge, hinreißende Brünette mit wunderschönem Haar und wunderschöner Haut war, und auch nicht daran, dass sie einen dünnen, weißen Seidenmantel trug, der ihre blendende Bikini-Figur kaum verbergen konnte. Ebenso wenig lag es daran, dass sie überproportional große, muntere Brüste besaß, die dem Seidenmantel zu entkommen suchten und aus dem tiefen Dekolletee lugten, als sie sich in der Tür nach vorn beugte, obwohl das allein schon genügt hätte, dem glücklosen Betamännchen den Atem zu rauben. Es lag daran, dass ihre Brüste rot leuchteten, durch den Seidenstoff hindurch, wie zwei aufgehende Sonnen, pulsierend wie die Glühbirnenbrüste einer kitschigen, hawaiischen Hulamädchenlampe. Madison McKernys Seele residierte in ihren Brustimplantaten.
»Wie soll ich da denn rankommen?«, sagte Charlie, der vergessen hatte, dass er nicht allein war und nicht nur mit sich selbst sprach.
In diesem Augenblick merkte Madison McKerny, dass sie nicht allein war, und das Geschrei ging los.
Ray riss die Tür mit solchem Schwung auf, dass das kleine Glöckchen aus der Halterung flog und quer über den Boden bimmelte.
»O mein Gott!«, rief Ray. »Du wirst es nicht glauben. Ich kann es selbst nicht fassen.«
Lily sah Ray über ihre Lesebrille hinweg an und legte das französische Kochbuch weg, in dem sie gerade blätterte. Im Grunde brauchte sie gar keine Brille, aber darüber hinwegzublicken strahlte so etwas Herablassendes, Verächtliches aus, was ihr – wie sie fand – gut zu Gesicht stand.
»Ich hab dir auch was zu erzählen«, sagte Lily.
»Nein!«,
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