Ein Todsicherer Job
auch vielleicht etwas zu stolz.
»Na, das ist wohl nicht dasselbe, oder?«
»Wie Zahnseide?«
»Allen Ernstes. Ist es zu fassen? Charlie, sollte ich auf meinem Totenbett noch Zahnseide benutzen, hast du hiermit meine Erlaubnis, mich damit zu erdrosseln. Nein, ich erteile dir die Anweisung , mich damit zu erdrosseln.«
»Okay«, sagte Charlie, »aber sonst geht es ihr gut?«
Jane wühlte in ihrer Handtasche herum, fand die Zigaretten und suchte dann ihr Feuerzeug. »Als wäre eine Zahnfleischentzündung momentan ihr größtes Problem. Verflucht! Haben die mir am Flughafen mein Feuerzeug weggenommen?«
»Du rauchst immer noch nicht, Jane«, sagte Charlie. Sie blickte auf. »Und was willst du damit sagen?«
»Nichts.« Er reichte ihr die Schlüssel zum Mietwagen. »Kannst du mir Zahnpasta mitbringen, wenn du schon unterwegs bist?«
Sie gab die Suche nach ihrem Feuerzeug auf und warf die Zigaretten in die Handtasche zurück. »Was ist bloß los mit dieser Familie und ihrer zwanghaften Zahnpflege?«
»Ich hab keine dabei.«
»Okay.« Jane hielt den Schlüssel in der Hand, bereit, ihn ins Zündschloss zu stecken, und klemmte sich ihre Handtasche wie einen Football unter den Arm. Sie ging in die Hocke und setzte ihre verspiegelte Wrap-Around-Sonnenbrille auf, so dass sie mit dem kurzen platinblonden Haar und Charlies Nadelstreifenanzug wie ein Cyborg-Attentäter aus der Zukunft aussah, der sich bereit machte, in die giftige Atmosphäre des Planeten Duran Duran hinauszutreten. »Ist scheißheiß da draußen, oder?«
Charlie nickte und hielt den Doughnut-Karton hoch. »Die mit Zuckerguss haben gelitten.«
»Oh«, sagte Jane und schob ihre Brille wieder hoch. »Cassandra hat angerufen. Sie hat den Kalender auf deinem Nachttisch gefunden, nachdem du heute früh angerufen hattest. Also, eigentlich sagte sie, Alvin und Mohammed hätten sie da reingezerrt und ihr den Kalender hingeschoben. Sie fragt sich, ob du ihn vielleicht brauchst.«
»Was ist mit Sophie? Geht es ihr gut?«
»Nein, sie wurde von Aliens entführt, aber du solltest erst die schlechte Nachricht mit deinem Kalender verdaut haben.«
»Weißt du, solche Sachen sind genau der Grund, wieso Mom sich für dich schämt«, sagte Charlie.
Jane lachte. »Weißt du was? Tut sie nicht.«
»Tut sie nicht?«
»Heute Morgen nicht. Sie hat mir erzählt, dass sie schon immer wusste, wer ich war und was ich war und dass sie mich immer geliebt hat, genau so, wie ich bin.«
»Hast du dir ihren Ausweis zeigen lassen? Da liegt eine Hochstaplerin in Moms Bett.«
»Halt den Mund. Es war nett. Wichtig.«
»Wahrscheinlich hat sie es nur gesagt, weil sie im Sterben liegt.«
»Sie hat gesagt, es wäre ihr lieber, wenn ich nicht ständig Herrenanzüge tragen würde.«
»Damit steht sie nicht allein da«, sagte Charlie.
Jane ging wieder in Angriffsmodus. »Ich bin auf Zahnseidenmission. Ruf Cassandra an.«
»Mach ich«, sagte Charlie.
»Und Buddy braucht einen Doughnut.« Jane riss die Tür auf und rannte in die Hitze hinaus, schreiend wie ein Berserker, der dem Feind entgegenstürmt.
Charlie schloss die Tür hinter ihr, um nichts von der kühlen Luft der Klimaanlage hinauszulassen. Durch das Fenster sah er, wie seine Schwester über den Hof lief, als brannte ihre Hose. Dahinter sah er den roten Tafelberg, der in der Wüste aufragte, und in diesem schien eine tiefe Schlucht zu sein, die er dort noch nie gesehen hatte. Er sah genauer hin und merkte, dass es gar keine Schlucht war, sondern nur ein langer, spitzer Schatten.
Er rannte hinaus und sah sich an, wo die Sonne stand. Der Schatten lag auf der falschen Seite des Berges. Dort konnte überhaupt kein Schatten sein, denn die Sonne schien darauf. Er hielt die Hand schützend über seine Augen und beobachtete den dunklen Fleck, bis er das Gefühl hatte, dass sein Hirn in der Sonne brutzelte. Der Schatten wanderte nur langsam, aber er wanderte, und zwar nicht so, wie Schatten wanderten. Er bewegte sich zielstrebig vorwärts, gegen die Sonne, auf das Haus seiner Mutter zu.
»Mein Kalender«, sagte er zu sich selbst. »O Scheiße.«
An ihrem letzten Tag bäumte sich Lois Asher noch einmal auf. Nachdem sie drei Wochen nicht aufstehen konnte, weder zum Frühstück in der Küche, noch zum Fernsehen im Wohnzimmer, verließ sie nun ihr Bett und tanzte mit Buddy zu einem alten Song der Ink Spots. Sie war heiter und putzmunter, sie neckte ihre Kinder und umarmte sie, sie aß ein Schokoladen-Marshmallow-Eis
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