Ein Todsicherer Job
Ich bin nach Hause gefahren, hab mir den Namen angesehen, den ich am Abend aufgeschrieben hatte, und die Leute wohnten in der Gegend, in der ich gerade gewesen war. Der Schatten kam aus den Bergen, um sich das Seelenschiffchen zu holen.«
»Hat er es bekommen?«
»Schätze schon. Ich jedenfalls nicht.«
»Aber es ist nichts passiert?«
»Oh, doch, es ist was passiert. Beim nächsten Mal hat sich der Schatten schneller vorwärts bewegt wie eine große Wolke, die über einen hinwegzieht. Ich bin ihm gefolgt, und was soll ich Ihnen sagen? Er war auf direktem Wege zum Haus der Frau, deren Name auf meinem Kalender stand. Da ist mir klar geworden, dass mit dem Großen Bunten Buch nicht zu spaßen ist.«
»Aber dieses Schattending ist nie zu Ihnen gekommen?«
»Beim dritten Mal«, sagte Vern.
»Es gab ein drittes Mal?«
»Ja. Haben Sie es nicht auch für Quatsch gehalten, als es zum ersten Mal passiert ist?«
»Okay, stimmt schon«, sagte Charlie. »Verzeihung. Reden Sie weiter.«
»Beim dritten Mal also kommt der Schatten einen Berg auf der anderen Seite der Stadt herunter, nachts bei Vollmond, und dieses Mal kann man die Krähen sehen, die darin fliegen. Nicht wirklich sehen – man ahnte ihre Konturen. Das haben ein paar Leute bemerkt. Ich habe mich wieder in meinen Wagen gesetzt und meinen Hund Scottie mitgenommen. Ich wusste schon, wohin das Ding wollte. Ich hab ein Stück abseits vom Haus des Mannes geparkt – wollte ihn warnen. Mir war nicht klar, was da im Buch darüber stand, dass wir nicht zu sehen sind, ansonsten wäre ich schnurstracks zum Seelenschiffchen gegangen. Jedenfalls steh ich da vor der Tür, und der Schatten kommt über die Straße, die Ränder geformt wie Krähen, und Scottie fängt wie verrückt an zu bellen und rennt darauf zu. Tapferer, kleiner Kerl. Tja, und als ihn der Schatten berührt, winselt er und fällt tot um. Dann kommt eine Frau zur Tür, und ich werfe einen Blick hinein und sehe eine kleine Figur, so was wie ein Bronze-Cowboy hinter ihr auf einem Tisch im Flur, und die leuchtet rot, als wäre sie heiß. Und ich renn an ihr vorbei und schnapp sie mir. Da hat sich der Schatten aufgelöst. Einfach so. Seitdem bin ich nie wieder zu spät gekommen, wenn ich ein Seelenschiffchen holen sollte.«
»Tut mir leid, das mit Ihrem Hund«, sagte Charlie. »Was haben Sie der Frau gesagt?«
»Das war das Komische daran. Ich habe überhaupt nichts gesagt. Sie hat sich mit ihrem Mann nebenan unterhalten, aber der hat nicht geantwortet, und sie ist hingegangen, um nachzusehen, was los war. Hat mich nicht mal angesehen. Stellt sich raus, der Typ hatte einen Herzinfarkt. Ich hab die kleine Figur genommen, hab mir den toten Scottie unter den Arm geklemmt und bin weggefahren.«
»Das muss hart gewesen sein.«
»Eine Weile dachte ich, ich sei der Tod. Sie wissen schon: was Besonderes. Weil ich da war, als der Typ gestorben ist – aber es war nur ein Zufall.«
»Ja, das ist mir auch schon passiert«, sagte Charlie. Aber er machte sich noch immer Sorgen wegen der »Großen Schlacht«, die ihnen prophezeit wurde. »Vern, hätten Sie was dagegen, wenn ich mir Ihr Großes Buntes Buch ansehe?«
»Lieber nicht, Charlie. Ehrlich gesagt denke ich, wir sollten lieber Abschied nehmen. Ich meine, wenn das stimmt, was im Großen Bunten Buch steht – und ich habe keinen Grund, daran zu zweifeln –, dann sollten wir überhaupt nicht miteinander sprechen.«
»Aber es ist eine andere Version als meine.«
»Meinen Sie nicht, dass das vielleicht einen Grund hat?«, sagte Vern. Die Brille vergrößerte seine Augen, so dass er kurz wie ein Wahnsinniger aussah.
»Na, gut«, erwiderte Charlie, »aber dann schreiben wir uns E-Mails, okay? Das kann doch nicht schaden.«
Vern starrte in seine Kaffeetasse, als dachte er darüber nach, dass er sich selbst einen Schrecken eingejagt hatte, als er eben die Geschichte vom Schatten erzählte, der aus den Bergen gekommen war. Schließlich blickte er auf und lächelte. »Das würde ich gut finden. Ich könnte ein paar Tipps brauchen, und falls was Merkwürdiges vor sich geht, hören wir einfach damit auf. «
»Abgemacht«, sagte Charlie. Er fuhr Vern zurück zu seinem Wagen, der um die Ecke vom Haus seiner Mutter parkte, und sie verabschiedeten sich voneinander.
Jane nahm Charlie an der Tür in Empfang. »Wo bist du gewesen? Ich brauch den Wagen, um ihr Zahnseide zu besorgen.«
»Ich hab uns Doughnuts mitgebracht«, sagte Charlie und hielt den Karton hoch, wenn
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