Ein toedlicher Plan
Trennscheibe aus Plexiglas. »Bitte nicht rauchen« stand dort und »Bei Fahrten nach 20 Uhr wird ein Zuschlag von fünfzig Cent erhoben«. Der Wagen war nur noch einen Block von ihrem Apartment entfernt, als sie es sich anders überlegte. Sie klopfte an die Scheibe und sagte zu dem Fahrer, er solle sie ins West Village bringen.
»Sind Sie sicher?«
»Ja.«
»Um diese Uhrzeit noch?«
»Ja, um diese Uhrzeit noch.«
Taylor Lockwood sitzt im Rampenlicht.
Dimitri versucht vergeblich, seine Locken glatt zu streichen, und beugt sich über das Mikrofon. Sein angeborenes Misstrauen verflog sofort, als sie ihm mitteilte: »Ich spiele heute Abend ohne Gage. Du kannst alle Einnahmen behalten. Sogar die Trinkgelder. Ich bitte dich nur um einen einzigen Gefallen, Dimitri. Sag jetzt nicht gleich ›seidenweich‹. Wenigstens heute Abend nicht, okay?«
»Ladys und Gentlemen …«
»Dimitri!«, flüstert sie eindringlich.
»… Es ist mir ein außerordentliches Vergnügen, Ihnen am Klavier Taylor Lockwood präsentieren zu dürfen.«
Sie legt die Finger auf die Tasten, die sich kalt und glatt wie Spiegel anfühlen und spürt beim Anschlagen ihre Elastizität.
Nach einer halben Stunde blickt sie auf und sieht ins Scheinwerferlicht. Strahlende Helligkeit strömt auf sie ein, so grell, dass sie im Saal niemanden ausmachen kann. Vielleicht sind all die wackligen Tische da unten besetzt. Vielleicht hat sich aber auch kaum jemand hierher verirrt. Sollten tatsächlich Gäste da sein, lauschen sie schweigend Taylors Musik.
Sie lächelt, aber nicht zum Publikum, sondern nur für sich selbst – so wie das Konzertpianisten tun, wenn sie ganz in ihrer Musik aufgehen –, und spielt ein Medley von Gershwin-Melodien, das auf »Rhapsody in Blue« basiert und das sie selbst arrangiert hat. Heute Nacht improvisiert sie recht häufig, spielt jazzartige Harmonien und riskante Variationen. Die Noten brodeln, formen sich neu und steigen zu Höhen empor, die den Beifall von Willy Lansdowne und Sean Lillick finden würden. Aber Taylor lässt der Musik nie vollkommen freien Lauf und achtet darauf, in regelmäßigen Intervallen zum Grundthema zurückzufinden. Schließlich weiß sie, wie sehr die Menschen diese Melodie lieben.
Über das Buch
Tagsüber arbeitet Taylor Lockwood als Assistentin in einer der renommiertesten Anwaltskanzleien New Yorks, der Sozietät Hubbard, White & Willis. In den Nächten spielt sie Piano in verrauchten Jazzkneipen. Eines Tages wird sie von Anwalt Mitchell Reece gebeten, eine interne verdeckte Ermittlung für ihn durchzuführen. Es geht um das Verschwinden eines Dokuments, das Reece nicht nur viel Geld, sondern auch seine Karriere kosten könnte. Taylor willigt ein, zumal Reece ein attraktiver Mann ist, dem sie auch persönlich gern näher kommen möchte. Doch je mehr Licht sie in den Fall zu bringen versucht, umso dunkler und schmutziger erscheinen ihr die Geschäfte, die in der Kanzlei abgewickelt werden. Schließlich stößt sie auf ein Geheimnis, das den ganzen Fall in einem völlig anderen Licht erscheinen lässt.
Plötzlich geht es um Mord, und Taylor selbst gerät rasch in tödliche Gefahr …
Über den Autor
Jeffery Deaver gilt als einer der weltweit besten Autoren intelligenter psychologischer Thriller. Seit seinem ersten großen Erfolg als Schriftsteller hat er sich aus seinem Beruf als Rechtsanwalt zurückgezogen und lebt nun abwechselnd in Virginia und Kalifornien. Seine Bücher werden in zahlreiche Sprachen übersetzt und haben ihm bereits viele renommierte Auszeichnungen eingetragen. Die kongeniale Verfilmung seines Romans ”Die Assistentin“ unter dem Titel ”Der Knochenjäger“ (mit Denzel Washington und Angelina Jolie in den Hauptrollen) war weltweit ein sensationeller Kinoerfolg und hat dem faszinierenden Ermittler- und Liebespaar Lincoln Rhyme und Amelia Sachs eine riesige Fangemeinde erobert.
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