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Ein toter Lehrer / Roman

Ein toter Lehrer / Roman

Titel: Ein toter Lehrer / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Lelic
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sind jetzt wie alt? Dreißig.
    Dann also zweiunddreißig. Wären Sie mit sechzehn zur Polizei gegangen, könnten Sie jetzt schon Oberinspektorin sein. Kommissarin.
    Aber ich schweife ab. Was ich sagen will: Als Amelia Evans ging – und sie schied nicht vorzeitig aus dem Dienst, das möchte ich betonen –, hatten wir keine Wahl. Wir brauchten einen Lehrer, der die Ehefrauen von Heinrich VIII . in der richtigen Reihenfolge aufzuzählen weiß, der auf der Karte das Schlachtfeld bei Bosworth zeigen kann und der das Datum der Krönung von Queen Elizabeth im Kopf hat. Der ersten Queen Elizabeth, wohlgemerkt. Gott bewahre, dass die Schüler irgendetwas Relevantes über das Land lernen, in dem sie leben.
    Es war der Name, der meine Neugier weckte. Ein Russe, vermutete ich. Ein Osteuropäer. Jemand aus einem Land, in dem man noch die pädagogische Bedeutung der Arithmetik als eine der drei Grundfertigkeiten anerkennt. Etwas anderes bleibt mir nicht übrig, Detective. Ich durchkämme die rückständigen Regionen dieser Welt nach jemandem, der mir hilft, die Zukunft unseres Landes zu sichern.
    Es war ein Fehler. Natürlich war es ein Fehler in Anbetracht der jüngsten Ereignisse, aber es war auch a priori ein Fehler. Ich bin ein Mensch, der sich zu seinen Verfehlungen offen bekennt, Detective, und in diesem Fall kann ich meinen Irrtum nur eingestehen. Ich habe mir ein vorschnelles Urteil über ihn gebildet. Ich wollte, dass er der Schablone entspricht, die ich im Kopf hatte, und als das nicht der Fall war, habe ich die Schablone passend gemacht.
    Dessen ungeachtet wusste ich von Anfang an, dass irgendetwas mit ihm nicht stimmte. Das weiß man einfach, finden Sie nicht auch? Er schien ein netter Kerl zu sein, sagt man das nicht so? Ruhig, zurückhaltend. Konnte keiner Fliege etwas zuleide tun, wie es so schön heißt. Sicher, er war sehr still. Introvertiert, und ich traue introvertierten Menschen nicht über den Weg. Extrovertierten ebenso wenig. Der Mensch braucht Ausgeglichenheit, Detective, da stimmen Sie mir sicher zu. Auf Worte müssen Taten folgen, und Mitgefühl braucht Entschlossenheit, das gilt für Ihren Beruf ebenso wie für jeden anderen. Guter Cop, böser Cop, habe ich recht?
    Er hatte einen dünnen, unvorteilhaften Bart. Er war durchschnittlich groß, von durchschnittlichem Körperbau und in jeder Hinsicht durchschnittlich gekleidet. In anderen Worten, wenig beeindruckend, wenngleich er keinen unordentlichen Eindruck machte. Er sah eben aus wie ein Geschichtslehrer, Detective.
    Er saß da, wo Sie jetzt sitzen. Er wartete, bis ich ihm einen Platz anbot. Er lächelte nicht, als er mir die Hand gab, und er nahm auch nur meine Fingerspitzen. Es war der Händedruck einer Frau, Detective, und ich würde sagen, in diesem Moment wusste ich Bescheid.
    Ja, ich weiß. Ich habe ihn eingestellt. Sprechen Sie ruhig aus, was Sie denken. Ja, ich habe ihn eingestellt, und, wie ich bereits sagte, es war ein Fehler. Glauben Sie mir, es hat mein Selbstvertrauen erschüttert. Meine Menschenkenntnis ist etwas, worauf ich stolz bin. Nun, Sie wissen ja, was man über Stolz sagt. Beim nächsten Mal vertraue ich meinem Instinkt. Ich habe mein eigenes Urteil angezweifelt, das war mein Fehler. Wir brauchten einen Lehrer, und Samuel Szajkowski war der am wenigsten unterqualifizierte einer wahrlich nicht begeisternden Truppe.
    Was noch? Viele Kleinigkeiten. Seine Versuche, humorvoll zu sein, zum Beispiel.
    Wie spricht man das aus?, habe ich ihn gefragt und auf seinen Namen auf dem Lebenslauf gezeigt.
    Schai-kow-ski, sagte er, und ich fragte ihn, woher er stamme.
    Es ist ein polnischer Name. Mein Großvater war Pole.
    Verstehe. Sprechen Sie denn Polnisch?
    Nein, eigentlich nicht.
    Nicht so richtig.
    Ich kenne ein paar Wörter, mehr oder weniger nützliche. Eher weniger. Aber ich kann kein einziges richtig schreiben.
    Verstehen Sie, was ich meine? Er scherzte über seine eigenen Unzulänglichkeiten. Und das in einem Vorstellungsgespräch, um Himmels willen. Ich habe nicht gelacht, und wir fuhren fort.
    Warum Schule, Mr. Szajkowski? Was hat Sie dazu gebracht, Lehrer zu werden?
    Szajkowski nickte und schien für einen Moment nachzudenken. Ich kann mir nichts Lohnenderes vorstellen, Mr. Travis. Mein Vater war Arzt, und meine Mutter hat in einer Bank gearbeitet. Keiner von beiden war mit seinem Beruf glücklich.
    Das sind ehrbare Berufe, junger Mann. Wichtige Berufe.
    Oh, da stimme ich Ihnen zu. Aber das ist der Lehrerberuf auch. Er wird zwar

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