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Ein Toter zu wenig

Ein Toter zu wenig

Titel: Ein Toter zu wenig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Leigh Sayers
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Mittagessen verabredet sind.«
    »Ich hab's vergessen, Bunter, und ich will es auch vergessen. Sie haben ihr hoffentlich gesagt, daß ich plötzlich einer Encephalitis lethargica zum Opfer gefallen bin und wir von Blumenspenden abzusehen bitten.«
    »Lady Swaffham sagt, sie rechne mit Ihnen, Mylord. Sie hat gestern die Herzogin von Denver getroffen -«
    »Wenn meine Schwägerin da ist, gehe ich sowieso nicht hin, das ist mein letztes Wort«, sagte Lord Peter.
    »Ich bitte um Verzeihung, Mylord, die Herzoginwitwe.«
    »Was tut  sie  denn in London?«
    »Ich nehme an, daß sie bei der Untersuchungsverhandlung war, Mylord.«
    »Ach ja - die haben wir verpaßt, Bunter.«
    »Ja, Mylord. Ihre Gnaden ist bei Lady Swaffham zum Essen.«
    »Bunter, ich kann aber nicht. Ich kann wirklich nicht. Sagen Sie, ich liege mit Keuchhusten im Bett, und bitten Sie meine Mutter, nach dem Essen zu mir zu kommen.«
    »Sehr wohl, Mylord. Mrs. Tommy Frayle wird ebenfalls bei Lady Swaffham sein, Mylord, und Mr. Milligan -«
    »Mr. Wer?«
    »Mr. John P. Milligan, Mylord, und -«
    »Mein guter Bunter, warum haben Sie das nicht gleich gesagt? Habe ich noch Zeit, vor ihm da zu sein? Gut. Bin schon unterwegs. Mit einem Taxi kann ich es gerade -«
    »Nicht in dieser Hose, Mylord«, sagte Mr. Bunter und verstellte ihm mit ehrerbietiger Bestimmtheit den Weg zur Tür.
    »Bitte, Bunter«, flehte Seine Lordschaft, »nur dieses eine Mal. Sie wissen nicht, wie wichtig das ist.«
    »Um keinen Preis, Mylord. Und wenn es mich meine Stellung kostet.«
    »Die Hose ist doch gut, Bunter.«
    »Nicht für Lady Swaffham, Mylord. Außerdem vergessen Eure Lordschaft den Mann, der in Salisbury mit einer Milchkanne gegen Sie gerannt ist.«
    Und Mr. Bunter legte einen anklagenden Finger auf einen leichten Fettfleck auf dem hellen Tuch.
    »Hätte ich Sie doch nie zu so einem privilegierten Familientyrannen werden lassen, Bunter!« sagte Lord Peter verbittert, indem er seinen Spazierstock in den Schirmständer knallte. »Sie können sich ja gar nicht ausmalen, was für Fehler meine Mutter in diesem Augenblick machen kann.«
    Mr. Bunter führte mit grimmigem Lächeln sein Opfer ab.
    Als ein makelloser Lord Peter - ein wenig verspätet zum Mittagessen - in Lady Swaffhams Salon geführt wurde, saß die Herzoginwitwe von Denver auf dem Sofa und war ganz in ein trautes Gespräch mit Mr. John P. Milligan aus Chicago vertieft. »Sehr erfreut, Sie kennenzulernen, Herzogin«, waren die Eröffnungsworte des Finanziers gewesen, »damit ich Ihnen für Ihre ungemein freundliche Einladung danken kann. Ich versichere Ihnen, daß ich dieses Kompliment sehr zu schätzen weiß.«
    Die Herzogin strahlte ihn an, während sie ihre sämtlichen geistigen Kräfte mobil machte. »Setzen Sie sich doch zu mir, Mr. Milligan, damit wir uns ein wenig unterhalten können«, sagte sie. »Ich rede ja so gern mit großen Geschäftsleuten - mal überlegen, sind Sie ein Eisenbahnkönig, oder hat es sonst etwas mit Kämmerchenvermieten zu tun - das ist natürlich nicht wörtlich gemeint, sondern ein Kartenspiel, bei dem es immer um Weizen und Hafer geht, und ein Stier und ein Bär sind auch dabei - oder ist es ein Pferd? - nein, ein Bär, denn ich weiß noch, daß man immer versuchen mußte, ihn loszuwerden, und durch das viele Herumreichen war der arme Kerl so abgegriffen und geknickt, daß man ihn immer schon von hinten erkannte, und dann mußte man wieder neue Karten kaufen - das kommt Ihnen sicher albern vor, weil Sie so etwas ja im Ernst betreiben, und es geht so laut dabei zu, aber es ist ein großartiges Spiel, um bei steifen Leuten, die sich nicht kennen, das Eis zu brechen - ich finde es richtig schade, daß es aus der Mode gekommen ist.«
    Mr. Milligan setzte sich. »Tja, also«, sagte er, »es ist für uns amerikanische Geschäftsleute bestimmt genauso interessant, britische Aristokraten kennenzulernen, wie es für Sie interessant ist, amerikanische Eisenbahnkönige kennenzulernen, Herzogin. Und wahrscheinlich werde ich dabei in ebenso viele Fettnäpfchen treten, wie Sie Fehler machen würden, wenn Sie versuchten, in Chicago einen Weizenkörner aufzuziehen. Stellen Sie sich vor, da habe ich doch neulich Ihren Sohn, diesen prächtigen Jungen, mit Lord Wimsey angeredet, und er dachte, ich hätte ihn mit seinem Bruder verwechselt. Ich bin mir ganz ungebildet vorgekommen.«
    Das war ein unverhoffter Fingerzeig. Die Herzogin sah sich vor. »Er ist ein guter Junge, Mr. Milligan«, sagte sie. »Es freut

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