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Ein Toter zu wenig

Ein Toter zu wenig

Titel: Ein Toter zu wenig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Leigh Sayers
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auf diese Art abwickeln; nein, Madam.«
    »Es muß richtig aufregend sein, in Amerika Geschäfte zu machen«, bemerkte Lord Peter.
    »Ist es auch«, antwortete Mr. Milligan. »Ich denke, daß es bei meinen Kollegen drüben zur Zeit recht lustig zugeht. In Kürze werde ich mich wieder zu ihnen gesellen, sobald ich hier noch die eine oder andere Kleinigkeit für sie geregelt habe.«
    »Aber Sie dürfen erst nach meinem Basar fort«, sagte die Herzogin.
    Lord Peter verbrachte den Nachmittag mit der vergeblichen Suche nach Mr. Parker. Schließlich bekam er ihn in der Great Ormond Street zu fassen.
    Parker saß in einem betagten, aber anheimelnden Lehnstuhl, die Füße auf dem Kaminsims, und entspannte sich mit einem zeitgenössischen Kommentar zum Brief an die Galater. Er empfing Lord Peter mit stiller Freude, aber ohne überschäumende Begeisterung, und bot ihm einen Whisky mit Soda an. Peter nahm das Buch zur Hand, das sein Freund hingelegt hatte, und blätterte in den Seiten herum. »Diese Leute gehen alle voreingenommen an eine Sache heran«, sagte er. »Sie finden genau, was sie suchen.«
    »Ja, das stimmt schon«, gab der Kriminalist zu, »aber darüber lernt man fast automatisch hinwegzusehen. Auf dem College stand ich ja noch ganz auf der andern Seite - Conybeare und Robertson und Drews und wie sie alle heißen, du weißt schon, bis ich feststellte, daß sie alle so eifrig nach einem Einbrecher Ausschau hielten, den niemand je gesehen hatte, daß sie sozusagen die Fußspuren der Hausangehörigen nicht mehr erkannten. Dann habe ich zwei Jahre lang gelernt, vorsichtig zu sein.«
    »Hm«, machte Lord Peter, »dann muß Theologie ja eine gute Übung fürs Gehirn sein, denn du bist mit Abstand der vorsichtigste Mensch, den ich kenne. Aber hör mal - lies ruhig weiter; es ist eine Unverschämtheit von mir, dir hier in deiner Freizeit ins Haus zu fallen.«
    »Das macht doch nichts«, sagte Parker.
    Die beiden Männer saßen eine Weile da und schwiegen, bis Lord Peter auf einmal fragte: »Gefällt dir eigentlich dein Beruf?«
    Der Kriminalbeamte ließ sich diese Frage erst einmal durch den Kopf gehen, dann antwortete er: »Ja - doch, er gefällt mir. Ich weiß, daß er nützlich ist und ich mich dafür eigne. Ich mache meine Arbeit ganz ordentlich - vielleicht nicht begnadet, aber gut genug, um stolz darauf zu sein. Er ist abwechslungsreich und zwingt einen, bei der Sache zu bleiben und nie nachlässig zu werden. Und er hat Zukunft. Doch, er gefällt mir. Warum fragst du?«
    »Ach, nichts«, sagte Peter. »Für mich ist er nur ein Steckenpferd, das ich ergriffen habe, als mir der Boden unter den Füßen abhanden gekommen war, denn es war so ungemein aufregend, und das Schlimmste ist, daß es mir Spaß macht - bis zu einem gewissen Punkt. Wenn das alles nur auf dem Papier stattfände, würde ich es bis zum Letzten genießen. Ich liebe vor allem den Beginn einer Ermittlung - wenn man noch keinen von den beteiligten Menschen kennt und alles nur aufregend und amüsant findet. Aber wenn es dazu kommt, einen lebendigen Menschen wirklich zur Strecke zu bringen und an den Galgen zu liefern - oder auch nur ins Kittchen, den armen Teufel - dann habe ich immer das Gefühl, gar kein Recht für mein Eingreifen gehabt zu haben, weil ich ja nicht davon lebe. Und dann finde ich, daß ich auch nie Spaß daran hätte haben dürfen. Aber den habe ich.«
    Parker hatte dieser Rede sehr aufmerksam zugehört. »Ich verstehe, was du meinst«, sagte er.
    »Da ist zum Beispiel dieser Milligan«, sagte Lord Peter. »Auf dem Papier wäre nichts lustiger, als den alten Milligan zur Strecke zu bringen. Aber wenn man so mit ihm redet, ist er eigentlich ein recht anständiger Kerl. Meine Mutter mag ihn. Und an mir hat er einen Narren gefressen. Es ist ein herrlicher Spaß, hinzugehen und ihn mit einem Basar und Kirchenreparaturen hinters Licht zu führen und dabei auszuhorchen, aber wenn er sich dann auch noch so darüber freut, komme ich mir vor wie ein Wurm. Stell dir doch nur vor, Milligan hätte Levy den Hals durchgeschnitten und die Leiche in die Themse geworfen! Damit will ich nichts zu tun haben.«
    »Du hast ebensoviel damit zu tun wie jeder andere«, erwiderte Parker. »Und dadurch, daß man es für Geld tut, wird es nicht besser.«
    »O doch«, versetzte Peter eigensinnig. »Von etwas leben zu müssen ist das einzige, womit man das entschuldigen kann.«
    »Na schön, aber nun paß mal auf«, sagte Parker. »Wenn Milligan dem armen Levy die

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