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Ein Toter zu wenig

Ein Toter zu wenig

Titel: Ein Toter zu wenig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Leigh Sayers
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Kehle durchgeschnitten hat, nur um noch reicher zu werden, verstehe ich nicht, wieso er sich mit einer Spende von tausend Pfund für das Kirchendach von Duke's Denver loskaufen dürfen soll, oder warum man ihm verzeihen sollte, nur weil er von so einer kindlichen Eitelkeit oder einem ebenso kindlichen Snobismus ist.«
    »Das saß«, sagte Lord Peter.
    »Oder, wenn du willst, nur weil er einen Narren an dir gefressen hat.«
    »Das nicht, aber -«
    »Hör mal, Wimsey - glaubst du, daß er Levy umgebracht  hat? «
    »Er könnte es gewesen sein.«
    »Aber glaubst du, daß er's war?«
    »Ich möchte es nicht glauben.«
    »Weil er einen Narren an dir gefressen hat?«
    »Nun, das nimmt mich natürlich für ihn ein -«
    »Das halte ich auch für ganz legitim. Du glaubst nicht, daß ein hartgesottener Mörder einen Narren an dir fressen könnte?«
    »Nun ja - außerdem habe ich einen Narren an ihm gefressen.«
    »Das würde ich auch für völlig legitim halten. Du hast ihn beobachtet und unbewußt Schlüsse aus deinen Beobachtungen gezogen, und das Ergebnis ist, daß du ihn nicht für den Missetäter hältst. Gut, warum auch nicht? Du darfst so etwas jederzeit in Rechnung stellen.«
    »Aber vielleicht irre ich mich, und er war es doch.«
    »Warum solltest du dann zulassen, daß dein eitler Stolz auf deine Menschenkenntnis die Entlarvung des kaltblütigen Mörders eines liebenswerten alten Herrn verhindert?«
    »Ich weiß ja - aber ich habe irgendwie das Gefühl, mich nicht an die Spielregeln zu halten.«
    »Hör mal, Peter«, sagte der andere jetzt mit einigem Ernst, »wie wär's, wenn du dir diesen Fairneßkomplex von Etons Spielwiesen ein für allemal abgewöhnen könntest? Es ist kaum noch zu bezweifeln, daß Sir Reuben Levy etwas sehr Häßliches zugestoßen ist. Nennen wir's Mord, um die Sache zu verdeutlichen. Wenn Sir Reuben ermordet wurde, ist das vielleicht ein Spiel? Und ist es sportlich, es als ein Spiel anzusehen?«
    »Das ist ja eigentlich genau das, weswegen ich mich schäme«, antwortete Lord Peter. »Für mich  ist  es zunächst ein Spiel, und ich spiele fröhlich drauflos, bis ich plötzlich sehe, daß bei dem Spiel jemand zu Schaden kommt, und dann möchte ich aussteigen.«
    »Ja, ja, ich weiß«, sagte der Kriminalbeamte, »aber gerade deswegen denkst du ja über deine Einstellung nach. Du möchtest konsequent sein, du möchtest einen guten Eindruck hinterlassen, du möchtest anmutig durch eine Marionettenkomödie tänzeln oder andererseits großspurig durch eine menschliche Tragödie schreiten. Aber das ist kindisch. Wenn du eine Verpflichtung gegenüber der Gesellschaft hast, etwa dergestalt, daß du die Wahrheit über einen Mord ergründen sollst, mußt du das auf die Art tun, die sich gerade anbietet. Du möchtest anmutig und gelassen sein? Gut, wenn du auf diese Weise an die Wahrheit herankommst, aber die Anmut und Gelassenheit hat keinen Wert in sich selbst. Du möchtest würdevoll und konsequent aussehen - aber was hat das damit zu tun? Du möchtest einen Mörder rein um des Sports willen zur Strecke bringen und ihm dann die Hand geben und sagen: >Gut gespielt - Pech gehabt - du bekommst morgen Revanche!< Aber so geht das eben nicht. Das Leben ist kein Fußballspiel. Du möchtest ein Sportsmann sein. Du kannst aber kein Sportsmann sein. Du bist ein Mensch mit Verantwortung.«
    »Ich finde, du solltest nicht soviel Theologie lesen«, sagte Lord Peter. »Das hat eine brutalisierende Wirkung.«
    Er stand auf und ging im Zimmer auf und ab, wobei sein Blick ziellos über die Bücherregale schweifte. Dann setzte er sich wieder, stopfte sich eine Pfeife, zündete sie an und sagte: »Also, ich sollte dir wohl etwas über den bösen, hartgesottenen Mr. Crimplesham erzählen.«
    Er schilderte seinen Besuch in Salisbury in allen Einzelheiten. Nachdem Mr. Crimplesham einmal von seinen guten Absichten überzeugt gewesen war, hatte er ihm genauestens über seine Reise nach London berichtet. Und ich habe alles nachgeprüft und bestätigt gefunden«, stöhnte Lord Peter, »und falls er nicht halb Balham bestochen hat, kann kein Zweifel mehr daran bestehen, daß er dort wirklich genächtigt hat. Und den Nachmittag hat er wirklich bei den Bankleuten verbracht. Und die halbe Einwohnerschaft von Salisbury hat ihn am Montag vor dem Mittagessen von dort abreisen sehen. Und niemand außer seiner Familie und dem jungen Wicks scheint durch seinen Tod etwas zu gewinnen zu haben. Und selbst wenn der junge Wicks ihn aus dem

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