Ein Traum von einem Schiff. Eine Art Roman
aussähe, würde mir Rademann sicher gleich die feste Rolle des Kapitäns anbieten.
Noch schlimmer entwürdigt als nach diesem Schlummerstündchen fühle ich mich allerdings nach einem rekordverdächtigen Nickerchen in der clubeigenen, auf 80 Grad erhitzten Sauna, wonach ich mir vorkomme wie eine Mischung aus getrockneter Banane und geschreddertem Grillwürstchen. Einer Schlange nach der Häutung gleich krieche ich aus dem Schwitzraum und versenke meinen versengten Leib, der mehr mit einer einsachtzig großen Brandblase gemein hat, im Kältebecken, das mich zischend abschreckt und kurz danach zum Whirlpool mutiert. Wenn man die Telefonnummer der Guinnessbuch-Redaktion mal braucht, hat man sie nicht zur Hand, aber die Jungs dort hätten mich sicher eher irgendwo eingewiesen als irgendwo eingetragen, und in diesem Moment stoßen auch schon zwei Pärchen zu mir, die sich wundern, dass hier seit neuestem ein sprudelnder Jakuzzi steht.
Hätte um ein Haar den kompletten Pool leergesoffen, so sehr verlangt meine innere Wüste danach, da ich aber weder Lust habe, mit vier weiteren Nackten auf dem Trockenen zu sitzen, geschweige denn Chlor zu rülpsen, tue ich das einzig Sinnvolle und schiebe mir, wie der Anästhesist den Tubus, einen Wasserschlauch in den Hals. Gerädert, gebrandmarkt und gewässert warte ich jetzt nur darauf, dass mich noch jemand teert und federt, allein, das bleibt aus.
Versuche endlich ein weiteres Mal, das zu tun, dessentwegen ich doch eigentlich hergekommen bin, nämlich zu trainieren. Das Drehbuch, besser Drehheftchen, sieht nämlich die eine oder andere Oben-ohne-Szene vor. Habe mir fest vorgenommen, meine Rolle, die überhaupt kein Fleisch hat, nicht durch mein Eigenes aufzuwiegen, sondern im Gegenteil, dafür zu sorgen, dass ich mich in meiner Haut wohlfühle, wenn ich schon keine habe, in die ich schlüpfen kann. Sixpack werde ich nicht mehr hinkriegen. Momentan habe ich allerdings gerade mal ein One Pack im Angebot, und auch das ist lediglich die Narbe von einer Blinddarmoperation, die, je nachdem, wie das Licht fällt, durchaus als Muskel durchgehen kann. Da es für mich jedoch keine Alternative ist, mich weitere fünfmal unter das Messer zu legen, bleibt mir also nur der konservative Weg der Sit-ups.
Kaum dass ich liege, schlafe ich ein.
Was mir träumte, bin ich nicht in der Lage aufzuschreiben, denn es wird sich um ähnlich unbeschreibliche Bilder handeln, wie man sie haben dürfte, wenn man auf einem LSD -Trip gleichzeitig noch Cannabis raucht, weil man sich erst dann das mit diesem Bungee-Jumping traut. Was ich noch sicher weiß, ist, dass der Traum roch. Es war eine Mischung aus Pitralon und Knoblauch. Ganz sicher, ich war besessen von Rademann, und hätte ich nicht in Kauf nehmen wollen, dass sich der Exorzist in meiner Diözese totlacht, hätte ich ihn gebeten, eine Austreibung bei mir vorzunehmen.
Zunächst aber habe ich mir auf dem Weg zu meiner Gastrolle meine Speckrolle vorzunehmen. Wär doch gelacht, wenn ich mich nicht binnen kürzester Zeit in den frühen Sascha Hehn verwandeln kann – zumindest untenrum.
3
Freitag, 1. Januar 2010
Gestern mit Freunden Silvester gefeiert.
Hab beim Bleigießen was Rechteckiges aus dem kalten Wasser gefischt, mit griffartigem Anhängsel an der schmaleren Seite.
»Is’ das denn?«, fragt mich A.
»’Ne Plastiktüte. Ihr seid dran.«
Döse nachmittags auf der Couch ein.
Traum vom Schiff.
Sitze auf dem Achterdeck, mit schlecht geklebter Halbglatze und Kinderschänderbart. Nicht in einem Liege-, sondern auf einem Drehstuhl, mit Rollen. Vor mir stehen, Hand in Hand, Ulf und Tanja. Die beiden wollen heiraten, sofort, und ich als Chef, ich sei ja quasi der Kapitän, und als Kapitän dürfte ich sie doch trauen. Ich antworte: »Das … ähh, das ist natürlich … richtig …« – Oder ob sie besser direkt zu Admiral Becker gehen sollten, weil ich womöglich wieder mal nicht zuständig wär. Fahre mir mit den Fingerspitzen über den Kinnbart: »Ich? Nicht zuständig? Det is ’n Brülla!«
Lache röchelnd mit halboffenem Mund.
Traumschiffschornstein tutet, hört sich aber an wie alte Kaffeemaschine. Aus einem Rettungsboot unterhalb der Reling nervt Ernie mit Marilyn-Monroe-Perücke: »Ich bin ein blonder Passagier! Woooohl!«
4
Samstag, 2. Januar, 14.11 Uhr
Meine Güte, was hab ich getan?
Ich – habe – unterschrieben. Beim Klabautermann. Ich geh aufs Traumschiff.
Will ich wirklich meine bislang recht rundlaufende
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