Ein Traum von einem Schiff. Eine Art Roman
tinnitusgebeuteltes Opfer dieses Kettensägenmassakers zu werden.
Ich hatte mir gerade, soweit es mir unter diesen stockdunklen Bedingungen möglich war, aus allem, was lose auf dem Boden herumlag und meine Hand suchend ertastet hatte, eine Art Miniwurst gebastelt, die ich mir nun in meine Gehörgänge einzuführen gedachte, als das Schnarchen abrupt aufhörte. Die plötzliche Ruhe war fast unerträglich, ein Gefühl, das aber rasch abgelöst wurde von purer Angst, mein Matratzennachbar könnte dem plötzlichen Greistod erlegen sein.
Für nur einen kurzen Moment erwog ich, die Luft anzuhalten, um ihn Mund zu Mund zu beatmen, da – hörte ich ihn sprechen. Gespenstisch deutlich wählte er seine Worte mit schlafwandlerischer Sicherheit:
»Samma, wat machst du eijentlisch für ’ne Scheiße. Willste misch ruinieren? Ick wusste, dit war n Fehler, disch mitzunehm’. Du machst allet nur kaputt. Und jetzt iss!!«
Seltsam vertraut kam mir das Gesagte vor, und da der Groschen bekanntlich kein Düsenjäger ist, brauchte ich eine atemlose Weile, bis ich darauf kam, dass dies ein Originalzitat aus meinem krassen Panamatraum war, ein Satz, den mir der nackte, nasse und sehr erboste Rademann mit Knoblauchstulle in der Hand entgegengeschleudert hatte.
Wie konnte das sein? Dit war
mein
Traum jewesen! Hatten wir etwa zur selben Zeit dasselbe geträumt, oder hatte Wolfjang mich geträumt, wie ich ihn träume, oder umgekehrt oder wie jetzt?
Wow.
Matrix
.
Kompliziert. Zu kompliziert um diese Zeit, in meiner Verfassung, surreal, verschwommen, nicht greifbar …
Muss dann irgendwann doch noch eingeschlafen sein, sonst hätte ich den Flieger zurück wohl kaum gekriegt, den Flieger, in dem ich momentan anscheinend sitze, man sieht ja nix, und irgendwie hört man auch nix – doch, doch, das ist eindeutig, also mit Sicherheit ist das … Na ja, was ist schon sicher, müde bin ich … seeeeehr müde … soviel steht fest … seehr, seeeeehr mü----- ........
Epilogbuch
»Hallo, Christoph! Hörst du mich?«
»Wenn ›Hallo, Christoph! Hörst du mich?‹ bislang alles war, ja.«
»Gut. Die Verbindung ist schlecht.«
»Stimmt. Wer ist denn da?«
»Deine Agentin. – Sag mal, hab ich dich geweckt?«
»Ich glaub schon.«
»Tut mir leid. Und, wie war’s auf dem Schiff?«
»Auf dem Schiff!? … ’n Traum.«
»Es ist alles vorüber.
Es war vielleicht nur ein Traum.«
Stefan Zweig
Über Christoph Maria Herbst
Christoph Maria Herbst, geboren 1966 in Wuppertal, verkörpert u. a. die Titelfigur in der Serie ›Stromberg‹, für die er den Deutschen Fernsehpreis, den Grimme-Preis, den Bayerischen Fernsehpreis und dreimal den Deutschen Comedypreis erhielt, spielte neben diversen Engagements am Theater und als Synchronsprecher (›Willkommen bei den Sch’tis‹, ›Horton hört ein Hu‹) in Kinoproduktionen wie ›Der Wixxer‹, ›Hui Buh‹, ›Hände weg von Mississippi‹ und hat als Hörbuchsprecher u.a. die Comedy-Bestseller von Tommy Jaud und Ralf Husmann eingelesen sowie Stefan Zweigs ›Schachnovelle‹ und Josh Bazells ›Schneller als der Tod‹. Zuletzt drehte C. M. Herbst, in der Titelrolle als Kommissar, den TV-Film ›Kreutzer kommt‹.
Über dieses Buch
Schauspieler Christoph Maria Herbst (›Stromberg‹) war im Januar 2010 zum ersten (und letzten?) Mal auf dem TV-Traumschiff engagiert und hat seine Erlebnisse rund um diese Winterreise auf dem Dampfer der Nation aufgezeichnet. Bei der Ankunft in Panama ist sein Koffer immer noch in Madrid, auf höchster See jagt er Pantoffeldiebe, an der chilenischen Küste wird er als Stromberg erkannt und beschimpft, und auf Bora Bora ist er viel zu hautnah dabei, als ein Zyklon die ganze Inselgruppe neu sortiert.
Unvergessene Begegnungen mit Montezuma und liebenswerten öffentlich-rechtlichen Fossilen, aufgezeichnet mit höchst unterhaltsamem ironischen Blick auf Kollegen und Eingeborene, Sitten und Gebräuche. Ein traumhafter Spaß rund um eines der letzten Abenteuer unserer Zeit!
»Das Traumschiff ist neben der ›Sendung mit der Maus‹ und dem Leopard-Panzer der größte deutsche Export-Schlager. Ein Dampfer von Weltruf. Und ich fahre mit. Det is ’n Kracha!«
Impressum
Covergestaltung: grape.media.design. München
Coverabbildung: Ergun Cankaya
© S. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main, 2010
Dieses E-Book ist urheberrechtlich geschützt.
ISBN 978-3-10-401281-0
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