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Ein Traum von einem Schiff. Eine Art Roman

Ein Traum von einem Schiff. Eine Art Roman

Titel: Ein Traum von einem Schiff. Eine Art Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Maria Herbst
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Albtraumschiff mal für ein bisschen Glanz sorge neben diesen ganzen Volkshochschulschauspielern.
    Ich brauch dich nicht!
    Ich kann auch ohne dich!
    Viiieeel besser kann ich sogar ohne dich, und wenn du denkst … –
     
    »Christoph, jrüß dich, ick bin der Wolfjang. Entschuldije die Vaspätung, aber ick hab dit einfach nich eher jeschafft. Kommt nich wieda vor. Trinksse ooch ’n Biea?«
     
    Ein unauffällig gekleideter Herr mit riesengroßen, jugendlich wirkenden Augen, sympathischem Lächeln und Plastiktüte über dem Handgelenk setzt sich zu mir.
     
    »Ääääh … ja, ja, sehr … äh … sehr gerne, Wolf … äh … Herr Rademann, aber nur, wenn ich Sie einladen darf?!«
    »Dit is nett jemeint, aba ick wil ja wat von dia, und da isset ja dit Mindeste, dat ick dich einlade, wa? Und übrijens, ick bin der Wolfjang!«
     
    Nickend ergebe ich mich kampflos diesem Charismakoloss, nicht ohne mich zu fragen, was es wohl mit dieser Markendiscountertasche auf sich hat. Bestimmt sind da die Requisiten drin für die Szene, die ich ihm jetzt vorspielen soll.
     
    Wenn unsere hinduistischen Freunde recht haben und es so etwas wie Seelenwanderung gibt, dann hat Wolfgang Rademann bereits im alten Rom im Forum Romanum erfolgreich gebrauchte Streitwagen verkauft. Dieser, wie ich erfahre, 75-jährige ältere Herr, ist dermaßen überzeugend in allem, was er sagt, dermaßen straight in allem, was er tut, und dermaßen unschuldig in allem, wie er denkt, dass er mir einen VW Käfer aus den 70ern als Hybridwagen verkaufen könnte. Darüber hinaus ist er ein Bild von einem – Jungen, ein großer Junge von graziler Wucht. Wenn er anfängt, aus seinem Leben zu erzählen, funkeln seine Augen wie illuminierte Kronleuchter, nur, dass er nicht, wie die meisten alten Menschen, Gefangener der eigenen Vergangenheit ist; von früher erzählt er immer nur, um eine Brücke ins Heute und die Zukunft zu schlagen, und spätestens dann spricht er wie ein Kleinkind über Weihnachten. Alles, was er noch vorhat, plant und sich wünscht, kann unmöglich noch in dieses sein Leben passen und in diesem Moment wünsche ich mir, die Hindus
hätten
recht.
     
    Wolfjangs Lieblingswörter sind »Knalla«, »Knülla« und »Kracha«, und wenn er lacht, brennt die Luft. Es ist ein »Muahahahahahaha«, das aus seinem Mund platzt, gefolgt von einem »Pffffffffffffffffffffft«, das er herstellt, indem er die Lippen so schürzt, als wolle er das grad gelegte Feuer noch anfachen.
    Zu seiner Anzughose trägt er nicht das passende Jackett, sondern ein blaues Hemd, das den oberen Knopf nicht mehr zubekommt und es stattdessen vorzieht, den einen oder anderen Schatten eines Flecks vorzuweisen. Zunächst gehe ich davon aus, dass sie Abdrücke ehemaliger Spaghettispritzer oder Schweißperlen sind, komme aber schließlich zu der Erkenntnis, dass es sich dabei um getrockneten Speichel handelt, der ihm aus dem Mund läuft, wenn er abends, nach einem harten Tag der Akquisition von Schauspielern und der Inquisition von Redakteuren, auf seinem Ohrensessel mit ausklappbarer Fußbank einnickt. Im selben Augenblick entwickle ich Gefühle, die nur ein Enkel empfinden kann.
    Unentwegt kritzelt er irgendwelche Hieroglyphen auf einen zerknitterten Block, den er in der Tasche seines vermeintlich bügelfreien Hemdes spazieren trägt, so, als wisse er gar nicht, wohin mit all seinen Ideen. Über seinem Handgelenk hängt die ganze Zeit, wie festgetackert, die merkwürdig schlaffe Tüte eines Supermarktes, der sich auf No-Name-Produkte spezialisiert hat, und am liebsten möchte man ihm einen Euro geben. Von mir würde er sogar zwei kriegen, wenn ich nur erführe, was sich in der Tasche befindet.
    Im Laufe des Gespräches meine ich zu erahnen, was er mit sich rumträgt. Es wird Knoblauch sein. Dieser Ilja Rogoff der deutschen Fernsehunterhaltung riecht nämlich so unglaublich nach Knofi, als habe er sich seinen eigenen müffelnden Jungbrunnen mitten in Charlottenburg gebohrt; ganz sicher hat er das dünnste Blut der Welt und Viren haben keine Chance bei ihm, es sei denn, sie tragen mittlerweile Sauerstoffmasken. Das macht ihn mir leider nur noch sympathischer, bin doch auch ich, solange ich denken kann, zur Freude meiner Umwelt ein großer Freund dieser Knolle zermürbendster Ausdünstung.
    »Wolfi riecht nach Knofi! Wolfi riecht nach Knofi!«, höre ich gedankenverloren das Echo, während ich das kleine Rademännlein im zarten Alter von sechs Jahren vor mir sehe, mit blauem

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