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Ein Traum von einem Schiff. Eine Art Roman

Ein Traum von einem Schiff. Eine Art Roman

Titel: Ein Traum von einem Schiff. Eine Art Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Maria Herbst
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Karriere zum Eiern bringen und von der Schlossallee in die Turmstraße umziehen, und das für eine Blumenkette, die mir bei der Ankunft um den Hals gelegt wird?
    Will ich wirklich, dass mir die komplette Branche nicht mehr in die Augen gucken kann und sich ab jetzt nur noch Soapies, Telenovelatanten und andere Konsonantenpromis mit mir unterhalten?
    Reicht es nicht, in einer Wurstfabrik zu
arbeiten
? Muss man deswegen gleich selber Wurst werden?
    Werde ich genügend untalentiert spielen können, um zu überzeugen?
    Wie spricht man schlechte Texte gut?
    Wie schnell kriegt man gute Laune schlecht?
    Andererseits hat die Rolle – wenn man sie so bezeichnen will, ich würde sie eher Hülle nennen – nichts mit Stromberg zu tun, und das ist doch genau das, was ich seit einiger Zeit will. Das Problem ist nur, sie hat mit Niemandem was zu tun. Das ist kein Mensch, den ich da zu spielen hab, sondern eine Phrasendreschmaschine, die Klischees wie Worthülsenfrüchte erntet, um diese dann zu erbrechen. Ich hab das Gefühl, jemanden spielen zu müssen, der jemanden spielt, der jemanden spielt.
    Oh, das klingt gut.
    So ein bisschen nach Metaebene.
    Genauso mach ich’s.
    Gaaanz falscher Ansatz! Was rede ich vom Dachstuhl, wenn kein Fundament da ist. Grübel nicht so viel, tu es einfach, so wie alle anderen.
    Hirn aus! Mund auf! Text raus! Amen.
     
    »Nee! Neeneeneeneenee, ich kann das nicht«, denke ich, »ich kann das nicht, und ich will das nicht. Ich ruf die Agentur an. Ich steig aus«, und höre »… make sure that all electronic devices are totally switched off!« als Letztes, bevor der Airbus gen Panama abhebt.
     
    Es grenzt an ein Wunder, dass ich diesen Flieger überhaupt bekommen habe. Als Gottesbeweis würde ich dieses Wunder allerdings nicht bezeichnen, eher im Gegenteil. Wenn es einen Gott gäbe, hätte er dann zugelassen, dass ich jetzt hier sitze? Oder hat Gott nach zweitausend Jahren wieder menschliche Gestalt angenommen und trägt jetzt blaue Hemden, Plastiktüten und macht »Pfffffffffffffffft …«?
     
    Ist schon das zweite Flugzeug, in dem ich heute sitze. Das erste ging am Morgen von Düsseldorf nach Madrid, und fast wären wir nicht weggekommen. Als wolle er uns selbst beweisen, dass es ihn gibt, schickte uns der Herr ein derartiges Monsterblitzeis, dass die Rollfeldkollegen mit der Enteisung einfach nicht nachkamen und uns ein Slot nach dem anderen wegbrach.
    »Siehste, ich soll gar nicht aufs Traumaschiff. Entscheidung von
ganz
oben«, freute ich mich noch unentschlossen in mich hinein, wobei ich mit »ganz oben« nicht den Vorstand der Düsseldorfer Flughafen AG meinte, sondern eher den Vorsitzenden der himmlischen Dreifaltigkeits-GmbH. Gerade wollte ich den Stewardessen über alle Sitzreihen hinweg nach vorne entgegenschleudern:
     
    »Kommt! lasst’s gut sein. Ihr habt alles versucht. Hat nicht sollen sein. Lasst zumindest mich zurück. Ich bin nur eine Last für euch!!«,
     
    als auch schon die Turbinen aufheulten und wir Richtung spanischer Hauptstadt schlidderten.
    Was soll ich sagen? Habe trotz mehrstündiger Verspätung den Anschlussflieger der spanischen Gesellschaft Iberia bekommen, der mich nach Panama bringen soll, wo unser Schiff – hab ich »unser« gesagt? – vor Anker liegt. Der liebe Gott scheint
Mensch ärgere dich nicht
mit mir zu spielen, aber nicht mit mir als Spieler, sondern mit mir als Figur. Immer klappt alles, wenn auch nur um Haaresbreite.
    So glaubte ich, es müsse mit einer weiteren zweifelhaften Fügung zu tun haben, dass ich im Norden von Europas chaotischstem Flughafen Barajas in Madrid, der zwölfmal so groß wie Monaco ist, landete, meine Panamamaschine aber von dessen südlichstem Zipfel aus starten sollte. Bereits in meinem Düsseldorfer Flieger hatten mir alle Stewardessen und auch Mitreisende, die diese Strecke mehrfach im Jahr fliegen, geradezu versprochen, dass ich den Anschluss verpassen würde, aber alle lagen falsch.
    Vergleichsweise gemächlich wackelte ich nach Ankunft durch die Hallen, trank einen Espresso an einem Tresen, dann noch einen, orientierte mich, suchte wahllos, fand freudlos, versuchte den Preis einer Kilo-stange Toblerone um 15 Cent runterzufeilschen, nahm eine Art U-Bahn, in der allein ich schon geschlagene fünfzehn Minuten fuhr, um dann noch mal unendlich lange Minuten auf Irrwegen zu meinem Gate zu mäandern, und fast hätte ich ein Piccolöchen aufgemacht, war ich doch fest davon überzeugt, dass die gute alte »höhere Gewalt«

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