Ein Traum von einem Schiff. Eine Art Roman
blass um die Nase der Dinge, die da kamen. Vollkommen unbeeindruckt gab sich indes als Einziger ein Mann, den jeder, der ihn nicht längst errochen hatte, hören konnte, schaffte es seine Stimme doch mühelos, den an sich schon ohrenbetäubenden Lärm der Flugzeugmotoren zu übertönen:
»Wat machsse mit’nem Hund, der keene Beene hat? – Um die Häuser ßiehen … Muahahahahahaha … pffffffffffft!«
Dankbar wurde von fast allen jedes noch so kleine Witztröpfchen aufgesogen, ganz egal, wie oft Wolfjang das grad Gehörte bereits auf dem Schiff erzählt hatte.
»Treffen sisch ßwee Rosinen. Sacht die eene: ›Warum hasste denn ’nen Helm uff?‹
Sacht die andere: ›Ick jeh in’nen Stollen!‹ … Muahahahahahaha … pffffffffffft!«
Keine Pointe konnte zu harmlos, kein Gag zu bekannt sein. Das schien auch unser selbsternannter Fips Asmussen zu wissen, der die recht angespannte Atmosphäre in dieser Rostlaube längst mitbekommen hatte und gekonnt gegenhielt.
»Kommt ’n Frosch in ’en Lebensmittelladen. Fracht der Verkäufer: ›Wat hätten Sie jern?‹ Sacht der Frosch: ›Quark!‹ … Muahahahahahaha … pffffffffffffft.«
So ging es weiter bis zur Landung. Die Zeit verging sozusagen wie im Fluge, und der war zum Glück unspektakulär. Keine Loopings, keine Sturzflüge. Atemberaubend indes der Blick auf das Atoll, das mit seinen erloschenen Vulkanen und seiner tiefgrünen Vegetation, seinen schneeweißen Stränden, die sanft abfielen in ein unsagbar blaugrünes, transparentes Wasser, jetzt schon die Bilderbuchlandschaft schlechthin für unsere noch zu drehenden Strand- und Schmachtszenen darstellte.
Und als wäre es von unserem österreichischen Traumregisseur selber inszeniert, wurden uns auf dem Flughafen von Bora Bora, der das kürzeste Rollfeld der Welt hat und ansonsten nur aus einem Cola-Automaten und einer kleinen Bambusholzhütte besteht, von drei atemberaubenden Bikini-Schönheiten zur Begrüßung selbstgebastelte Tiaréblütenketten um den Hals gehängt.
Manche Klischees glaubt man erst, wenn man sie erlebt, und dieses war eines der schöneren, auch wenn ich hätte schwören können, dass es nicht die Blüten waren, die ihren Duft verströmten, sondern ein nachträglich aufgebrachtes Parfüm, das nur entfernt floral roch. Der Anstand gebot es, diese zunehmend eher anstrengenden, olfaktorischen Irrtümer hängen zu lassen und so stiegen wir wie Außendienstmitarbeiter von Douglas in Wassertaxis, die uns zu unserem Resort brachten.
Wow. Takkatukkaland.
Welch ein überragender Anblick, welch ein Idyll, was für eine unglaubliche Welt offenbarte sich uns bereits nach wenigen Minuten Fahrt! Von einer im Zenit stehenden Sonne beschienen, waren allein schon die Farben des Ozeans ein ungeheures Spektakel. Niemals zuvor hatte ich so viele verschiedene Grün- und Blautöne gesehen. Das Wasser schien Trinkwasserqualität zu besitzen, auf jeden Fall aber sprach es eine ständige Einladung aus, einfach hineinzuspringen.
Kurios und geradezu abseitig wirkte es indes auf mich, dass es in unserer Lagune keinen einzigen Fisch, Rochen oder sonst was Lebendiges zu sehen gab. Zudem waren in einem mehrere fußballfelder-großen Bereich für den Amerikaner und den Japaner an sich alle Korallen entfernt worden. Maritimer Genozid. Traurig, traurig, aber erst jetzt trauen sich die beiden Großmächte mit dem kleinen Zeh ins Wasser. Ein riesengroßes, malerisches Freibad ist sie geworden, diese Lagune, aber auch genauso tot und vorhersehbar. Paradiese scheinen immer nur auf dem Rücken anderer entstehen zu können.
Wie zum Trotz habe ich mir jedoch fest vorgenommen, die letzten zehn Tage zu genießen, zumal ich nur noch einen Drehtag habe und der im letzten Drittel unserer Zeit hier anberaumt ist. Da das Resort über eine weltberühmte Schönheitsfarm verfügt, werde ich mir noch heute einen Termin besorgen und mich, Lichtjahre vom heimatlichen Schmuddelwinter entfernt, zum ersten Mal in meinem Leben von der Großmutter aller Wellness-Philosophien verwöhnen lassen: Ayurveda!
20
Bora Bora, Mittwoch, 20. Januar
Wie … Penis?
Bereits am nächsten Nachmittag steht der erste Termin mit dem Ayurveda-Arzt, »La Consultation«, auf meiner persönlichen Disposition. Diese findet in einem stickigen, angedunkelten Raum statt. Der Arzt ist Quoteninder, spricht aber mit deutlichem Schweizer Akzent, was der eh schon besonderen Situation eine äußerst skurrile Atmosphäre
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