Ein Traummann auf Mallorca
gerechnet, das ja. Aber der Rest klang einfach zu schön, um wahr zu sein. „Ich … verstehe nicht. Warum tun Sie das? Ich meine, Sie kennen mich doch gar nicht. Wieso bieten Sie mir so etwas an?“
„Wie ich schon sagte: Sie gefallen mir, und Ihr Verhalten Ihrem Vater gegenüber imponiert mir. Das ist alles, was ich dazu sagen kann.“
Charlene schluckte. „Und … was muss ich dafür tun?“ Skepsis machte sich in ihr breit. „Von welcher Art Anstellung ist hier überhaupt die Rede?“
„Keine Angst, keine Angst.“ Wieder lächelte Maria Velásquez milde. „Es ist selbstverständlich alles ganz und gar seriös. Ich möchte, dass Sie wieder in Ihren alten Beruf zurückkehren, Señorita Beckett. Das tun, was Sie ursprünglich gelernt und einige Jahre praktiziert haben.“
„Sie wollen, dass ich als Kindermädchen arbeite?“, fragte Charlene überrascht. Damit hatte sie nicht gerechnet – aber es war keine unangenehme Überraschung. Die Arbeit mit Kindern machte ihr Spaß. Ehe sie damals nach England gegangen war, hatte sie sich über das Internet einen Job bei einer Familie in London gesucht. Leider war der Familienvater recht bald ins Ausland versetzt worden, sodass Charlene hatte umdisponieren müssen. Ein Job in einem der zahllosen Callcenter der Metropole war das Einzige gewesen, was sie auf die Schnelle hatte finden können. Und seitdem hatte sich an ihrer Situation nichts geändert.
„Allerdings“, antwortete Señora Velásquez, und ihre Augen fingen an zu strahlen. „Und zwar geht es um meine Großnichte Aurora.“
„Aurora“, wiederholte Charlene lächelnd. „Die Morgenröte – was für ein wunderschöner Name.“
„Nicht wahr? Das Mädchen ist sechs Jahre alt und hat vor einiger Zeit seine Mutter verloren. Ich fürchte, Auroras Vater ist mit der Erziehung ein wenig überfordert. Das Problem ist, dass die Kleine bisher jedes Kindermädchen vergrault hat.“
Charlene nickte. „Viele Kinder haben Angst, dass man versuchen könnte, ihnen die Mutter oder den Vater zu ersetzen. In solchen Fällen muss man sehr behutsam vorgehen, um die fragile Kinderseele nicht zu verletzen.“ Kurz musste sie an ihre eigene Kindheit denken. Auch sie war ohne Mutter aufgewachsen, und die ständigen Zurückweisungen durch den Vater, der seine Gefühle nicht zeigen konnte, hatten sie wahrscheinlich bis an ihr Lebensende geprägt …
„Ich sehe schon, wir verstehen uns“, unterbrach Maria ihren Gedankengang. „Sie werden Aurora bestimmt ein wunderbares Kindermädchen sein. Allerdings – eine weitere Bedingung gibt es dann doch noch.“
Aha! Charlene horchte auf. Jetzt kam also der Haken an der Sache! „Und die wäre?“, fragte sie skeptisch.
„Nun, Auroras Vater, Javier, darf nie erfahren, dass ich etwas mit Ihrer Vermittlung zu tun habe. Offiziell läuft alles über eine Agentur, an der ich über Umwege beteiligt bin. Dadurch kann ich … nun, sagen wir einfach, es ist mir möglich, einen gewissen Einfluss zu nehmen.“
Den letzten Satz bekam Charlene nur noch beiläufig mit. „Javier?“ Sie runzelte die Stirn. Eine dunkle Ahnung stieg in ihr auf. Konnte es möglich sein, dass … Aber nein, sicher handelte es sich nur um eine zufällige Namensgleichheit!
„Sí.“ Maria Velásquez nickte. „Javier Santiago. Mein Neffe.“
„Javier Santiago?“ Also doch! Entsetzt riss Charlene die Augen auf. Javier Santiago war der Mann, durch den ihr Vater alles zu verlieren drohte. Er betrieb seine Werft für Sportjachten auf der anderen Seite der Insel, doch das hielt ihn nicht davon ab, Beckett’s Dockyard mit aller Macht aus dem Geschäft zu drängen. Santiago bot seine Segeljachten zu Preisen an, bei denen Graham Beckett einfach nicht mithalten konnte. Charlene zweifelte nicht daran, dass er damit eine Taktik verfolgte. Sicherlich ging es ihm nur darum, ihren Vater in den Bankrott zu treiben – danach würde er garantiert mit den Preisen wieder anziehen. „Es tut mir leid, aber ich kann das nicht.“ Sie machte Anstalten, aufzustehen, doch Maria Velásquez legte ihr die Hand auf den Arm.
„Warten Sie, Miss Beckett“, sagte die Spanierin, und zu ihrer Verwunderung glaubte Charlene kurz, einen flehentlichen Klang aus ihrer Stimme herauszuhören. „Hören Sie mir einen Moment zu, por favor !“
Charlene zögerte, doch schließlich nickte sie. „Also schön, reden Sie.“
„Sehen Sie, ich weiß natürlich, in welcher Verbindung mein Neffe zu Ihrem Vater steht. Die beiden sind
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