Ein Traummann zum verzweifeln
anders entwickeln.«
»Und der Termin heute Nachmittag, zu dem sie deinetwegen zu spät zu kommen befürchtet?«
»Chemo.«
»Oh, Scheiße. Was natürlich der Grund für ihren Haarausfall ist, nehme ich an.
»Ja. Letzte Woche hatte sie noch mehr.«
»Klar. Jetzt verstehe ich, warum die Spannung von ihr abfiel, als du ihr sagtest, du könntest die Fotos retuschieren.« Sie sah blind aus dem Fenster. »Und ihr Zustand ist auch der Grund dafür, warum du nicht ausgerastet bist, als sie auf dich losging.«
»Ich raste bei meinen Kunden nie aus, Daisy. Nicht solange sie meine Honorare zahlen. Ich lasse es einfach an mir abprallen und konzentriere mich auf die Aufnahmen.« Er stoppte an einer roten Ampel und musterte sie aus seinen blauen Augen scharf. »Ich erwarte von dir, diese Information für dich zu behalten.«
Daisy schnaubte verächtlich. »Wem sollte ich das denn erzählen, Coltrane? – Reggie und den Boys? Das würde die sicher brennend interessieren.«
J. Fitzgeralds Muskelmänner waren auf dem Weg zurück nach Pacific Heights, zu dem Anwesen, wo Nick wohnte, als das Autotelefon klingelte. Autry griff danach und drückte den Empfangsknopf. »Yeah?«
»Hey, Autry, Jacobsen hier. Coltrane und die Blonde, die wir gestern sahen, sind auf Achse. Ich hatte sie erst in einem Stau verloren, hab sie aber vor ein paar Minuten in Nob Hill wieder eingefangen.« »Echt? Ohne Scheiß?« Autry setzte sich kerzengerade auf. »Gute Arbeit, Jake. Wo bist du jetzt?«
»Auf dem Broadway, kurz vor dem Tunnel.«
»Okay, wir kommen rüber. Bleib dran. Wir tun unser Bestes, um uns an dich ranzuhängen. Ach, und Jacobsen?«
»Yeah?«
»Douglass hat uns freie Hand gegeben. Wir sollen tun, was wir für richtig halten, Hauptsache, die Fotos tauchen nirgends auf.«
Die Funkverbindung war gestört und wurde immer schwächer. Aber Autry hörte Jacobsen noch sagen: »Alles klar!« Dann brach die Verbindung endgültig ab.
6
S ie machten eine Mittagspause und fuhren dann zu Nicks letztem Termin an diesem Tag. Die Trevors waren ein älteres Ehepaar, das im Telegraph-Hill-Viertel in einem noblen Apartmenthaus mit einer spektakulären Aussicht auf die Bucht und die Golden Gate Bridge wohnte. Eudora Trevor erinnerte mit ihrer knochigen, hageren Gestalt an einen Zuchtmeister. Die stocksteife Haltung, die strenge Kleidung und die von Natur aus herabgezogenen Mundwinkel versetzten Daisy sofort in erhöhte Alarmbereitschaft. Es stellte sich allerdings heraus, wie sehr der äußere Schein trügen kann – sie brauchte ja nur daran zu denken, wie der Tag bisher gelaufen war denn nachdem Nick sie vorgestellt hatte, begrüßte die ältere Dame sie mit einem warmen Lächeln, das außerordentlich einnehmend war.
»Ach, was sind Sie reizend! Stanley, guck doch nur, wie sich Nicholas’ junge Frau hält. Wie eine junge Amazone.« Sie tätschelte Daisys Hand. »Eine gute Haltung ist für mich stets ein Grund zur Freude.« Sie wandte sich Nick zu, der vor seiner Sporttasche in die Knie gegangen war und die Reißverschlüsse aufzog. »Packen Sie gar nicht erst aus, mein Lieber. Stanley und ich möchten, dass Sie die Aufnahmen im Golden Gate Park machen.«
Daisy fiel vor Schreck das Herz in die Hose. »Oh, aber...«
Ihr instinktiver Protest wurde im Keim erstickt, als Eudora meinte: »Ich weiß, wir hätten uns gleich dort verabreden sollen, das hätte Ihnen die Fahrt erspart, aber es war nicht sicher, ob das Wetter mitspielt. Doch nun ist es richtig schön geworden, nicht wahr, Stanley?« Ohne Stanley die Chance zu einer Erwiderung zu geben, erklärte sie mit einem reizenden Lächeln: »Wissen Sie, Nick soll uns zur Erinnerung an unseren fünfzigsten Hochzeitstag aufnehmen. Und der Golden Gate Park ist etwas ganz Besonderes für uns: Dort hatten wir nämlich unsere erste Verabredung.«
Da Daisy ahnte, dass Nick sich ein Bein ausreißen würde, um den Wünschen seiner Kunden zu entsprechen, entschuldigte sie sich, um zu telefonieren. Um ungestört zu sein, ging sie nach draußen auf die Terrasse, zog ihr Handy aus der Blazertasche und drückte die Büronummer ein.
»Parker Security.«
»Reggie, find heraus, ob ein paar der Jungs verfügbar sind. Nick hat ein Foto-Shooting im Golden Gate Park angesetzt.«
Reggie stieß einen unflätigen Fluch aus.
»Ja, das empfinde ich genauso. Wir werden eine Personenschutzstaffel brauchen. Stell fest, wer verfügbar ist, und dann ruf mich gleich zurück.«
Sie klopfte nervös mit dem linken Fuß auf den
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