Ein Traummann zum verzweifeln
halb bewusst, halb unbewusst, wie das Blut in ihren Handgelenken, in ihrem Hals, zwischen den Beinen – pulsierte. Sie vergrub ihre Finger in dem Dickicht von Nicks Haar und hielt seinen Kopf fest.
Da fragte plötzlich eine Stimme: »Mein Gott, ist bei Ihnen alles in Ordnung?«
Sie zerriss abrupt den Schleier rasender Leidenschaft, in dem sie sich verfangen hatte. Und als sich auf dem Bürgersteig Schritte näherten, wurde Daisy schlagartig in die Wirklichkeit zurückkatapultiert. Sie riss die Augen auf.
Nick schien seine Umgebung gar nicht wahrzunehmen, und sie zerrte wie wild an den Haaren, die sich um ihre Finger verheddert hatten. Doch er widerstand der Attacke, küsste sie noch leidenschaftlicher – und zu ihrer großen Schande musste sie sich eingestehen, dass sie auch versucht war, sich wieder ganz ihren Empfindungen hinzugeben und fallen zu lassen. Das war nun wahrlich nicht der richtige Weg, emotionale Distanz zu einem Mann zu bewahren, der es schon einmal geschafft hatte, ihr das Herz aus der Brust zu reißen, um dann kalt lächelnd darüber hinwegzusteigen und abzuhauen, ohne sich darum zu kümmern, dass es blutend zu seinen Füßen lag. Sie ballte die Hände und zog noch einmal kräftig.
Nick hob den Kopf und blinzelte sie aus verschleierten Augen an. Ihr beider Atem ging schwer, als sie sich gegenseitig anstarrten. Dann gelang es Daisy, die Finger freizubekommen, sie legte ihre Hände an seine Schultern und schob ihn weg. Sie sprang auf die Füße.
Lieber Gott, was hatte sie sich bloß dabei gedacht? Wie zwei läufige Katzen hatten sie sich mitten auf einem öffentlichen Parkstreifen aufeinander gestürzt. Ihr Herz klopfte wie wild. Sie drückte den Handrücken an die Lippen und zuckte angesichts ihrer Empfindlichkeit zusammen. Wie, um alles in der Welt, hatte das passieren können? Durch die Adrenalinausschüttung bei dem Beinahe-Zusammenprall mit dem Wagen mussten bei ihr alle Sicherungen durchgebrannt sein.
Der lästige Teil ihres Ichs, der immer darauf bestand, ehrlich mit sich selbst zu sein, befürchtete, dass da noch weit mehr war als das. Aber zurzeit war das ihre Erklärung und daran hielt sie fest.
»Daisy ...« Nick rappelte sich ebenfalls hoch und griff nach ihrem Arm, doch sie riss ihn schnell zurück, so als habe sie sich an seinen Fingern verbrannt.
Es schien ihr ein Jahrtausend her zu sein, seit der Wagen Nick zu überfahren versucht hatte. Aber in Wirklichkeit waren es erst ein paar Minuten. Der Mann, der ihren Kuss unterbrochen hatte, bremste aus vollem Lauf vor ihnen ab und beugte sich, die Hände auf den Knien abstützend, erst einmal nach vorne, um wieder zu Atem zu kommen. Sein Bauch hing wie ein Beutel über dem Gürtel seiner Polyesterhose.
»Sie haben gesehen, was passiert ist, Sir?«, wandte sich Daisy an ihn verzweifelt bemüht, sich den Anstrich von Professionalität zu geben. Sie beobachtete, wie die Instamatic, die um seinen Hals hing, zwischen seinen Armen und seinen Hüften hin und her pendelte. Immer noch nach vorne gebeugt, hob er den Kopf. »Ja«, keuchte er. »Das war eine reife Leistung, Lady. Sie sind ganz schön schnell auf den Beinen.« Er verdrehte den Hals und blickte Nick an.
»Junge, Junge, um ein Haar wären Sie abgekratzt. Ich versteh schon, warum Sie die junge Lady hier gerade geküsst haben – Sie schulden ihr ja auch einigen Dank, und manchmal muss ein Kerl sich eben vergewissern, dass er noch lebt und noch alles an ihm dran ist.« Er schaute von einem zur ändern. »Ihr zwei seid also okay, ja?«
Einen Moment herrschte Schweigen. »Ja«, erwiderte Nick schließlich, und Daisy nickte. Sie wusste, mit der Hitze, die ihr in den Kopf stieg, war sie so rot wie ein kandierter Jahrmarktsapfel.
»Ich dachte, ich traue meinen Augen nicht, als ich den Wagen direkt auf Sie zurasen sah.« Der Mann richtete sich jetzt endgültig auf und schüttelte den Kopf. »Der Kerl muss stockbesoffen gewesen sein.«
Oder sehr entschlossen. Diesen Gedanken behielt Daisy jedoch für sich. »Haben Sie zufällig sein Autokennzeichen mitbekommen?«
»Nein, tut mir Leid. Meine Frau und ich waren da oben, ungefähr einen Block entfernt.« Er deutete auf die Straße hinter ihnen, und Daisy dankte Gott, dass er von dieser Position aus nicht hatte sehen können, wie sie ihre Waffe gezückt hatte. Zivilisten gerieten leicht in Panik, wenn sie auf einer öffentlichen Straße Leute mit gezogener Pistole rumlaufen sahen. »Es passierte alles so schnell«, fügte der Tourist
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