Ein Tropfen Zeit
und du hinfällst.«
Im selben Augenblick, als wir ins Haus gingen, läutete das Telefon. Ich lief in die Bibliothek, und Vita folgte mir. Ich fürchtete, es könnte Magnus sein, und er war es auch.
»Ja?« fragte ich vorsichtig.
»Ich habe deine Nachricht erhalten«, sagte er, »aber ich bin sehr beschäftigt. Ist es jetzt nicht so günstig?«
»Nein«, sagte ich.
»Du willst sagen, Vita ist im Zimmer?«
»Ja.«
»Ich verstehe. Du brauchst nur mit Ja oder Nein zu antworten. Ist irgend etwas vorgefallen?«
»Na ja, wir hatten Besuch. Sie sind gestern gekommen und eben gerade abgefahren.«
Vita zündete sich eine Zigarette an. »Wenn es dein Professor ist – und wer sollte es sonst sein –, grüß ihn von mir.«
»Vita läßt grüßen«, sagte ich zu Magnus.
»Grüß sie ebenfalls. Frag, ob es euch passen würde, wenn ich für das Wochenende käme. Ich würde Freitagabend da sein.«
Ich atmete erleichtert auf. Magnus würde alles in die Hand nehmen. »Magnus möchte wissen, ob er Freitag für das Wochenende herkommen kann«, sagte ich zu Vita.
»Natürlich«, antwortete sie, »schließlich ist es sein Haus, und dir wird es wohl mehr Spaß machen, deinen Freund zu empfangen, als du an meinen Freunden zu haben schienst.«
»Vita freut sich schon darauf«, übertrieb ich am Telefon.
»Wunderbar. Welchen Zug ich nehme, sage ich euch später. Jetzt zu deinem dringenden Anruf. Betrifft er die andere Welt?«
»Ja.«
»Du hast wieder einen Trip gemacht?«
»Ja.«
»Mit schlimmen Folgen?«
Ich schwieg einen Augenblick und sah zu Vita hinüber. Sie machte keine Anstalten, hinauszugehen. »Um die Wahrheit zu sagen, geht es mir ziemlich scheußlich«, sagte ich. »Ich habe irgend etwas gegessen oder getrunken, was mir nicht bekommen ist. Mir war furchtbar übel, und ich habe ein seltsam blutunterlaufenes Auge. Vielleicht kommt es daher, daß wir vor dem Hummer Whisky tranken.«
»Und dazu noch der Trip – da magst du schon recht haben«, sagte er. »Und wie war's mit der Verwirrung?«
»Das auch. Ich konnte kaum klar denken, als ich aufwachte.«
»Aha. Ist dir noch etwas aufgefallen?«
Wieder sah ich zu Vita hinüber. »Nun, wir waren gestern abend allesamt ziemlich angeheitert«, erklärte ich, »und Bill und ich wachten früh auf. Ich hatte einen sehr lebhaften Alptraum gehabt und erzählte Bill heute morgen beim Tee davon.«
»Was hast du erzählt?«
»Über den Alptraum? Nur das. Er war sehr deutlich. Du weißt ja, wie Alpträume sind. Mir war, als sähe ich, wie jemand von Räubern überfallen und ertränkt wurde.«
»Das geschieht dir recht«, sagte Vita, »und das hört sich mehr nach zwei Portionen Hummer an als nach dem Whisky.«
»War es einer von unseren Freunden?« fragte Magnus.
»Ja, du kennst doch den Burschen, der vor Jahren ein Boot in Chapel Point hatte und immer nach Par hinübersegelte? Der kam in meinem Traum vor. Ich träumte, daß der Sturm den Mast seines Schiffes gebrochen hatte, und als er schließlich ans Ufer kam, wurde er von einem eifersüchtigen Ehemann ermordet, der glaubte, er habe ihm Hörner aufgesetzt.«
Vita lachte. »Wenn du wissen willst, was ich darüber denke: Der Traum deutet auf ein schlechtes Gewissen hin. Du hast gedacht, ich ginge mit Bill durch, daher dein lebhafter Alptraum. Komm, laß mich mal mit deinem Professor sprechen.« Sie trat heran und nahm mir den Hörer aus der Hand. »Wie geht es dir, Magnus?« sagte sie, und ihre Stimme strahlte wohlkalkulierten Charme aus. »Ich freue mich, daß du am Wochenende kommst. Vielleicht kannst du Dick in bessere Laune versetzen. Er ist zur Zeit ziemlich trübselig.« Sie lächelte mich an. »Was mit seinem Auge los ist?« wiederholte sie. »Ich habe keine Ahnung. Er sieht aus, als hätte er beim Boxen verloren. Natürlich, ich werde mich bemühen, ihn zu beruhigen, bis du ankommst, aber er ist sehr bockig. Oh, ganz nebenbei, du wirst es mir sagen können. Meine Jungs reiten so gern, und Dick sagt, er habe am Sonntagmorgen, als wir in der Kirche waren, Kinder auf Ponys reiten sehen. Ich hätte gern gewußt, ob es in dem Dorf – wie heißt es doch noch? ja, Tywardreath – Reitställe gibt. Weißt du nicht? Nun ja, macht nichts. Vielleicht kann Mrs. Collins es mir sagen. Wie? Moment mal, ich frage ihn …« Sie drehte sich nach mir um. »Er fragt, ob die Kinder die beiden kleinen Töchter eines gewissen Oliver Carminowe waren? Alte Freunde von ihm.«
»Ja, ich glaube sicher, daß sie es waren. Aber ich
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