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Ein Tropfen Zeit

Titel: Ein Tropfen Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne DuMaurier
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Auge …«
    »Um Himmels willen«, unterbrach ich sie, »laß das bitte. Ich gebe ja zu, daß ich schlecht gelaunt war, als Bill und Diana hier waren, und ich bitte um Entschuldigung. Wir hatten zuviel getrunken, sonst nichts. Müssen wir denn für jede Stunde Rechenschaft ablegen?«
    »Nun redest du schon wieder so«, sagte sie. »Immer in der Defensive. Ich hoffe, die Ankunft deines Professors bringt dich wieder ins rechte Gleis.«
    »Das wird sie sicher, vorausgesetzt, daß dieses Verhör nicht auch noch am Wochenende fortgesetzt wird.«
    Sie lachte, oder vielmehr, sie verzog den Mund, wie Frauen es tun, wenn sie ihren Mann verletzen wollen. »Ich würde nicht wagen, den Professor einem solchen Verhör zu unterziehen. Sein Gesundheitszustand und sein Benehmen gehen mich nichts an, aber bei dir ist das anders. Schließlich bin ich deine Frau, und ich liebe dich.«
    Sie ging hinaus. Ein schöner Tagesanfang, dachte ich, während ich meinen Toast mit Butter bestrich – Vita ist beleidigt, ich werde von Schweißausbrüchen befallen, und heute abend soll Magnus ankommen.
    Auf dem Tablett lag eine Karte von ihm, wie zufällig unter den Toaströster gerutscht. Ob Vita sie wohl absichtlich so versteckt hatte? Er schrieb, er wolle den Zug um vier Uhr dreißig nehmen und werde gegen zehn Uhr in St. Austell sein. Das war eine Erleichterung. Es bedeutete, daß Vita und die Jungen zu Bett gehen oder nur aus Höflichkeit zur Begrüßung aufbleiben würden, und dann konnten Magnus und ich uns in aller Ruhe allein unterhalten. Erfreut stand ich auf, badete und zog mich an, entschlossen, die morgendliche Stimmung zu heben und mich Vita und den Jungen gefällig zu zeigen.
    »Magnus kommt erst nach zehn«, rief ich die Treppe hinunter, »um das Essen brauchst du dich also nicht zu kümmern. Er ißt im Zug. Was wollt ihr tun?«
    »Segeln«, riefen die Jungen, die unschlüssig im Flur herumstanden – wie alle Kinder, die von sich aus mit ihrem Tag nichts anzufangen wissen.
    »Kein Wind«, sagte ich mit einem raschen Blick aus dem Fenster.
    »Dann miete ein Motorboot«, riet Vita, die aus der Küche hervorkam.
    Ich wollte ihnen den Gefallen tun, und so stachen wir mit einem Picknick-Korb und unserem Bootsmann Tom von Fowey aus in See, nicht im Segelboot, sondern in einem ehemaligen Rettungsboot, das Tom selbst mit einem knatternden Motor ausgestattet hatte und das sich mit einer Geschwindigkeit von höchstens fünf Knoten fortbewegte. Wir fuhren vom Hafen aus ostwärts, gingen bei Lanvilet Bay vor Anker, verzehrten unseren Imbiß, badeten, genossen den Tag, und alle waren zufrieden. Auf der Rückfahrt fingen wir zur Freude Teddys und Mickys ein halbes Dutzend Makrelen, die Vita uns als Leckerbissen zum Abendessen bereiten wollte. Der Ausflug war ein voller Erfolg.
    »Bitte, versprecht uns, daß wir morgen wiederkommen können«, bettelten die Jungen, aber Vita sagte nach einem Blick auf mich, das hinge vom Professor ab. Ich sah ihre enttäuschten Gesichter und verstand ihre Gefühle. Wie ärgerlich, daß man sich nach diesem bestimmt ganz langweiligen Freund des Stiefvaters richten mußte, den ja auch Mutter nicht leiden konnte – das hatten die beiden ganz instinktiv erfaßt.
    »Ihr könnt mit Tom fahren, auch wenn Magnus und ich etwas anderes vorhaben«, sagte ich. Auf jeden Fall ein Ausweg für uns, dachte ich dabei, denn Vita würde den Jungen kaum erlauben, allein zu fahren, selbst wenn Tom dabei war.
    Gegen sieben kamen wir in Kilmarth an, und Vita ging sofort in die Küche, um die Makrelen zu braten, während ich ein Bad nahm und mich umzog. Erst gegen zehn vor acht, als ich ins Eßzimmer ging, fand ich einen Zettel mit Mrs. Collins' Handschrift an meinem Platz. Darauf stand: »Ein Telegramm wurde telefonisch übermittelt. Der Professor fährt um halb drei in London ab, nicht um halb fünf, und kommt schon um halb acht in St. Austeil an.«
    Also wartete Magnus schon zwanzig Minuten lang am Bahnhof von St. Austell. Ich lief in die Küche.
    »Sieh dir das an!« rief ich. »Ich habe es eben erst gefunden. Magnus hat einen früheren Zug genommen. Warum zum Teufel hat er nicht angerufen! Was für ein verdammtes Durcheinander!«
    Vita betrachtete erschrocken die halb gebratenen Makrelen. »Dann kommt er also zum Abendessen? Liebe Zeit, ich kann ihm doch nicht so etwas vorsetzen! Ich muß sagen, das ist nicht sehr rücksichtsvoll von ihm. Gewiß …«
    »Natürlich kann Magnus Makrelen essen«, schrie ich, schon halb auf der

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