Ein tüchtiges Mädchen
hatte, war er hoch erfreut, daß ihm jemand beim Abtrocknen half. Er spülte und rasselte, Gerd trocknete und putzte, und dabei wurde geschwatzt. Ehe der Abwasch noch fertig war, kannte Gerd Krauskopfs Familienverhältnisse in- und auswendig. Als der letzte Teller auf seinem Platz stand, kam eine rührende kleine Brieftasche zum Vorschein, und aus ihr holte Krauskopf ein Foto hervor, das seine Mutti, fünf jüngere Geschwister und eine graue Katze zeigte, alle zusammen aufgenommen vor einem kleinen Haus in Dröbak.
„Hast du keinen Vater, Krauskopf?“
„Vater lebt nicht mehr. Voriges Jahr blieb er auf See. Also mußte ich hinaus, weißt du – wissen Sie -.“ Er errötete über das Versprechen und fummelte das Foto in seine Brieftasche zurück.
Und dabei fiel ein anderes heraus.
Gerd nahm es auf und Krauskopf errötete bis in seine hellen strähnigen Haarbüschel hinein.
„Das – das ist weiter nix.“
„Aber natürlich ist das was. Das ist ja ein hübsches Mädel! Vielleicht eine Schwester von dir?“ Sie blinzelte ihm zu.
„Ach – bloß ein Mädel, das ich kenne.“
„Tatsächlich ein wunderhübsches Mädchen, Krauskopf. Du schreibst ihr wohl auch? Und kaufst ihr Geschenke, wenn du im Ausland bist?“
„Naja – ich hab’ auch schon was gekauft. Diesmal wünscht sie sich ausgerechnet ein Perlon-Unterkleid, aber ich habe gesagt, so was kann ich doch nicht kaufen, denn…“
„Vielleicht kann ich dir dabei helfen, Krauskopf? Ich verstehe mich auf so was, weißt du. Für mich ist das viel leichter als für ein Mannsbild.“
Hätte Gerd zu diesem Zeitpunkt nicht schon längst Krauskopfs Herz gewonnen, so würde sie es jetzt bis zum letzten Rest erobert haben, und zwar durch das Wort „Mannsbild“.
Mit stolzen, glücklichen und sehr viel sichereren Händen legte Krauskopf das Foto in seine Brieftasche zurück. Er wurde sich bewußt, daß er doch auch ein Mädel daheim hatte. Und warum sollte er eigentlich dieses Foto nicht mit Reißnägeln über seiner Koje anbringen? Denn war Berly nicht mindestens ebenso hübsch wie die anderen Mädchen an den übrigen Mannschaftskojen der „Babette“?!
Krauskopf hatte sich eine ihm bisher unbekannte männliche Sicherheit zugelegt. Und in diesem Augenblick wäre Krauskopf für den „Passagier“ durch Wasser und Feuer gegangen.
Erst am Mittagstisch sah Gerd Helge wieder. Erwar in Eile, mußte ganz schnell essen. Denn jetzt würden sie gleich in Stavanger einlaufen, da würde eine neue Ladung kommen, die Zöllner wurden erwartet und so weiter.
Gerd zog sich in ihre Kabine zurück. Was sollte sie sonst machen? Sie wollte Helge nicht damit belästigen, ihm dauernd auf den Fersen zu bleiben.
Sie wußte schon, was sie machen würde. In Stavanger würde sie mindestens drei Krimis kaufen, mit Morden gespickt, und außerdem einen Haufen Strickwolle und ein furchtbar kompliziertes Muster.
Denn nichts geht über Krimis und Musterstricken für eine Frau, wenn die Liebe ihr Herz mit quälendem Zweifel gefüllt hat.
10
„Da haben wir den Salat“, sagte Helge. Er kam triefend naß zum Frühstück, zog sich die Ölhaut herunter und bat um Entschuldigung, weil er sich in einem gestrickten Sweater zu Tisch setzte, der mehr zweckmäßig als schön war.
„Welchen Salat?“ fragte Gerd.
„Dieses Wetter! Das Resultat deines Pferdetraums. Zum Teufel auch!“ Die Kaffeekanne rutschte über den Tisch, und Helge bekam sie gerade noch zu fassen, als sie gegen das Schlingerbord stieß.
„Wird es noch schlimmer werden?“ fragte Gerd.
„Windstärke sieben ist angesagt. Das merkt man dann schon, weißt du. Jetzt haben wir fünf. Und dazu noch Regen. Ja, das ist eine herrliche Ferientour, die du da abgekriegt hast.“
„Jedenfalls bekomme ich genug frische Luft.“
„Ja, aber eins sage ich dir: Auf keinen Fall darfst du allein deine Füße auf Deck setzen.“
„Meine Güte! Was für einen Befehlston du an dir hast!“
„Bin ich vielleicht nicht Kapitän an Bord?“
„Doch, Chef für die Besatzung, aber nicht für mich.“
„Du wirst schon sehen, daß ich auch für dich der Chef bin. Ich habe die Verantwortung, wenn du über Bord kullerst.“
„Ich bin noch nicht achtzig, habe ich dir schon mal gesagt.“
„Nein, aber wenn du nicht tust, was ich dir sage, behandle ich dich, als ob du acht wärest.“
„Das klingt ja reizend.“ Gerd versuchte ein kleines Lachen.
„Es ist mir ernst, Gerd. Ohne Begleitung gehst du nicht an Deck. Daß du das
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