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Ein tüchtiges Mädchen

Ein tüchtiges Mädchen

Titel: Ein tüchtiges Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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eine Schlafnische mit Koje, Schubladen und Nachttisch.
    „Wie gemütlich ist es hier!“ lobte Gerd.
    „Ja, nicht schlecht. Was möchtest du noch, Gerd? Einen Drink? Eine Tasse Kaffee?“
    „So spät noch Kaffee? Wie, glaubst du, soll man denn schlafen?“
    „Na, für mich wird es wohl sowieso kaum Schlaf geben. Mir gefällt das sinkende Barometer gar nicht. Am besten ist, man bleibt wach. Aber wie du willst.“
    „Leider habe ich eine Schwäche für Kaffee, besonders am Abend.“
    Der Messejunge bekam Bescheid, und bald darauf hörten sie das Klappern dicker Kaffeetassen gegen ein Metalltablett.
    Die See war nun nicht länger ruhig. „Babette“ wiegte sich auf den Wellen, und Helges Fernglas, das an der Wand hing, pendelte hin und her, hin und her.
    „Wie schade“, bedauerte Gerd, als der Kaffee überfloß und einen Fleck auf das Tischtuch machte.
    „Halb so schlimm“, beruhigte Helge, „das ist ja nicht das erstemal.“
    Er nahm eine Serviette und versuchte, von Gerds Bluse einen kleinen Kaffeefleck wegzutupfen. Plötzlich aber hielt er inne, blieb über sie gebeugt stehen und schaute ihr ins Gesicht.
    „Du - Gerd, kleine Gerd!“
    Ihre Augen trafen sich. Plötzlich nahm Helge ihren Kopf und drückte ihn an seine Brust.
    „Kleine Gerd.“ Sie ahnte das geflüsterte Wort mehr, als sie es verstand.
    Dann ließ er sie hastig los und griff nach seiner Mütze.
    „Ich muß rauf, die Wettermeldung hören.“
    Und weg war er.
    Gerd blieb bewegungslos am Tisch sitzen.
    Sie sah vor sich hin, gerade vor sich hin, die Hände auf der Tischplatte gefaltet.
    An der Wand pendelte Helges Fernglas, hin und zurück, hin und zurück.

9
     
     
    Gerd lag mit offenen Augen in ihrer Koje. Kein Gedanke an Schlaf. Vielleicht war es der starke Kaffee, vielleicht auch der Seegang, der stärker wurde.
    Vielleicht aber war es auch etwas anderes.
    Sie erinnerte sich plötzlich an die Nacht in Aalborg, als sie wach gelegen hatte und dann Helge im Hotelgang abfing, weil sie Auskunft über die Transithalle in Kastrup haben wollte. Jetzt ertappte sie sich dabei, daß sie wie damals lag und auf die Tür nebenan lauschte. Um halb elf Uhr hatte sie noch mal eine Tour hinauf in das Kartenhaus gemacht und Helge über eine Wetterkarte gebeugt gefunden.
    „Ich wollte bloß gute Nacht sagen“, hatte Gerd gesagt. „Ich will nicht stören.“
    „Unsinn, Deern, du störst doch nicht! Kriech nun aber lieber in deine Koje, Gerd, um nicht Wiege zu sagen. Ich fürchte, du wirst heute nacht gründlich gewiegt werden.“
    „Wird es Sturm geben?“
    „Na, mach’s nicht gar so wild! Sturm erwarten wir nicht gerade, aber draußen in der Nordsee ist es unruhig, es hat sich ein Tief östlich von Schottland gebildet, und diese Tiefs haben die unangenehme Gewohnheit, sich gegen Norwegen hin zu bewegen.“
    „Nun, wir haben ja Erfahrung darin, daß man nicht gegen den Wettergott kämpfen kann“, lächelte Gerd.
    „Das war wohl die erste Erfahrung, die wir gemeinsam machten“, sagte Helge. „Arme Kleine, wie nervös du warst, als wir in Aalborg saßen und warteten.“
    „Und wie! Aber jetzt bin ich es nicht.“
    „Bist ein vernünftiges Mädchen, Gerd. Also gute Nacht und schlafe gut. Und paß auf deine Träume auf. Die erste Nacht an einem neuen Ort – “
    „Bist du abergläubisch?“
    „Ist das nicht ein Privileg der Seeleute? Also junge Dame, wir nähern uns Lista und Jaeren, da ist es unbedingt besser, eine horizontale Lage einzunehmen. Soll ich dir die Treppe hinunterhelfen?“
    „Glaubst du, ich bin achtzig? Nein, vielen Dank! Gute Nacht, Helge.“
    „Gute Nacht, Gerd.“
    Gerd warf sich im Schlaf herum. Sie streckte einen Arm aus, und der stieß gegen eine Wand. Eine Wand? Was sollte das in aller Welt bedeuten? Die Wand mußte doch auf der rechten Seite sein, nicht auf der linken?
    Sie öffnete die Augen. Ihr Blick fiel auf die geblümten Kretonnevorhänge, die hin und her schwangen. Dann erinnerte sie sich. Sie öffnete die Augen vollends und sah auf die Uhr. Sieh mal an, schon neun! Aber wann war sie eingeschlafen? Das mußte spät gewesen sein.
    Sie richtete sich auf und warf einen Blick durch das Bullauge. Nur Meer und grauer Himmel. Aber der Seegang war nicht mehr so stark wie am Abend zuvor.
    Sie wusch sich, zog sich an und lauschte dabei unwillkürlich zur Nebenkabine hinüber, ob etwas zu hören war, Geklirr des Geschirrs oder – doch? Jetzt ging die Tür. Plötzlich hatte sie es sehr eilig, fertig zu werden, und eine

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