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Ein tüchtiges Mädchen

Ein tüchtiges Mädchen

Titel: Ein tüchtiges Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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Viertelstunde später klopfte sie beim Kapitän an.
    Er saß am Tisch und erhob sich, als sie eintrat.
    „Guten Morgen, Gerd. Gut geschlafen?“
    „O ja! Ich hatte nämlich keine Ahnung, wo ich war, als ich aufwachte. Übrigens weiß ich es immer noch nicht.“
    „Du näherst dich in rascher Fahrt Stavanger. Solltest du vergessen haben, Zahncreme, Zeitschriften oder Haarklammern und Briefpapier zu kaufen, so bietet sich jetzt die letzte Gelegenheit. Wir bleiben drei bis vier Stunden in Stavanger liegen, dann stechen wir gegen Abend wieder in See. Also du hast fest geschlafen?“
    „Ja, als ich endlich einschlief, aber das dauerte lange.“
    „Du lagst auch lange wach?“
    Es war etwas in seinen Augen, als er „auch“ sagte – etwas, das die Röte in Gerds Wangen trieb.
    „Und was hast du geträumt? Du weißt, erste Nacht am fremden Ort – “
    „Oh, das läßt sich gut an. Demnach werde ich Bereiterin oder so was. Ich habe nämlich die ganze Nacht von Pferden geträumt.“
    „Ach herrje, das ist aber schlimm!“
    „Schlimm? Findest du nicht, daß Pferde nette Tiere sind?“
    „In natura ja, aber nicht, wenn man von ihnen auf See träumt. Das bedeutet nämlich Sturm.“
    „Puh! Jetzt hör aber auf!“
    „Doch, ernsthaft gesprochen, hätte ich beinahe gesagt. Ein alter Kapitän, mit dem ich einmal fuhr, erzählte, wenn er von Pferden träumte, dann käme Sturm, oder auch wenn man Blut auf Deck sieht. Lang und breit berichtete er über eine Segelschiffahrt in seiner Jugend. Sie hatten sehr lange Windstille gehabt und schließlich zu fischen angefangen, bloß damit das Blut eines erbeuteten Fisches auf das Deck kommen sollte. Und als dies glückte, begann es tatsächlich zu blasen, und sie konnten wieder segeln.“
    Gerd lachte. „So ein Unsinn!“
    „Sag das bloß nicht, wenn du mit einem alten, erfahrenen Seemann sprichst. Der würde tödlich beleidigt sein. Übrigens entschuldige, daß ich schon gegessen habe, ich wußte ja nicht -. Hatte schon daran gedacht, dir Krauskopf mit Kaffee ans Bett zu schicken.“
    „Nein, ich muß um Entschuldigung bitten, weil ich so spät dran bin. Wer ist denn Krauskopf?“
    „Na, doch der Messejunge mit seiner blonden Tolle, unsere junge Hoffnung von sechzehn Jahren. Wahrscheinlich hat er den Spitznamen Krauskopf bekommen, weil sein Haar glatter ist als ein Pferdeschwanz. Jetzt soll er dir schleunigst frischgebrauten Kaffee bringen.“
    Helge klingelte, und etwas später brachte Krauskopf Kaffee und ein weichgekochtes Ei. Helge bewilligte sich noch eine Extratasse zur Gesellschaft, während Gerd frühstückte.
    Gerd sprach nicht viel. Sie hatte ein sonderbar beklemmendes Gefühl. Ein so vernünftiger, kameradschaftlicher Ton war zwischen Helge und ihr entstanden, aber gerade in diesem Falle hätte Gerd lieber etwas weniger Ruhe und Kameradschaft und dafür vielleicht ein wenig mehr… von etwas anderem.
    „Willst du rauchen, Gerd?“
    „Ja bitte. Hast du übrigens Zeit, hier zu sitzen und Passagiere zu unterhalten? Hast du keine wichtigeren Pflichten?“
    „Doch, aber ein gutes Teil davon habe ich heute nacht erledigt und am frühen Morgen. Jetzt kann ich mir etwas Ruhe gönnen. Die gute alte ,Babette’ kennt den Weg, die fährt sozusagen von selber in Stavanger ein.“
    Sie rauchten schweigend. Die Schweigsamkeit war voll unausgesprochener Worte. Voll von Fragen, die nicht gestellt wurden, voller Wünsche, die nicht erfüllt wurden.
    Helges Blick war auf sie gerichtet, aufmerksam, beinahe forschend.
    „Du, Gerd… du…“
    Seine Stimme war warm, sie hatte wieder diesen seltsamen Unterton.
    „Ja – ich?“ Gerd sah ihn fragend an.
    Er zerdrückte die Zigarette im Aschenbecher und stand plötzlich auf.
    „Ich muß auf die Brücke.“
    Und schon war er weg.
    Gerd trank den Rest ihres Kaffees aus. Sie wollte nach Krauskopf klingeln, aber überlegte es sich anders. Sie hatte ja gar nichts zu tun. Sie ging in die Kombüse, die augenblicklich leer war, holte sich ein großes Tablett und begann, das gebrauchte Geschirr abzuräumen und hinauszutragen. Sie traf Krauskopf im Gang.
    „Aber nein, das dürfen Sie doch nicht…“
    „Laß mich das nur machen, Krauskopf, ich kann doch nicht den ganzen Tag bloß faulenzen. Wirst du jetzt aufwaschen?“
    „Sobald ich in der Messe abgeräumt habe.“
    Während er das tat, kratzte Gerd die Essensreste von den Tellern und stellte diese zusammen. Als Krauskopf schließlich die notwendigen Höflichkeitsproteste angebracht

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