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Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now

Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now

Titel: Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Chadwick
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Rotes. Ich habe ihr einen neuen Rasenmäher gekauft und etwas von dem blaupulverigen Dünger, und der Rasen wird der üppigste in weitem Umkreis, zugegeben erst an ein paar Stellen, aber die breiten sich schnell aus. Einer der polnischen Jungs hat die Gartenmöbel mit Dulux Hochglanz-Weiß lackiert und das Vogelbad repariert, so daß man es jetzt wieder mit Wasser füllen und Brotkrumen um den Rand streuen kann. Er verlangte nichts dafür. Sie verstehen doch sicher, was ich meine, die Art, wie sie überall und sehr
geschickt mit anpacken und, mehr noch, so verdammt fröhlich dabei aussehen, so daß sie, wie ich zuvor gesagt habe, einem das ganze Viertel versauen.
    Ich habe eben die Schreibmaschine beiseite geschoben und mich aus dem Fenster gebeugt, was ein Gefühl des Reißens entlang der Narbe auf meiner Brust verursachte, aber nichts Ernstes, eher ein langes Jucken.
    »Sehr schön, Mrs. B.«, rief ich nach unten. »Aber daß Sie mir ja nicht nachlassen.«
    Ihr erhobenes Gesicht war verkniffen, weil die Sonne direkt hinter mir stand. »Nachlassen bitte?« rief sie zurück. Ich drückte die Handflächen aneinander und legte meine Wange darauf. »Sie jetzt gehen schlafen?« fragte sie.
    Ich deutete auf meine Augen, dann auf sie. »O nein«, sagte ich, »ich kann Sie doch nicht aus den Augen lassen.«
    Ich winkte und wandte mich wieder diesem leeren Blatt zu, das ich gern mit irgend etwas füllen würde. Ich denke daran, ihr eine Tasse Tee und ein paar Kekse in den Garten zu bringen und mich mit ihr auf die Bank zu setzen. Aber die Wahrheit ist, im Augenblick haben wir nichts, worüber wir reden könnten, bis auf den Garten. Gestern sah ich Annelise dort unten mit ihr plaudern und ihr bei der Arbeit zusehen. Auch Michelle kam für ein paar Minuten dazu. Ich kann mir nicht vorstellen, worüber sie reden, vielleicht irgend etwas Kulturelles. Die Wahrheit ist auch, daß ich mich plötzlich sehr müde fühle und glaube, daß ich ein wenig schlafen sollte. Nur ihr bei der Gartenarbeit zuzusehen scheint mich schon sehr viel Kraft gekostet zu haben.
     
    Habe nach Sonnenuntergang weitergemacht. Es scheint inzwischen immer häufiger vorzukommen, daß ich nicht anders kann, als beim Erzählen in der Chronologie meines Lebens hin und her zu springen, wobei es in mir drinnen so etwas natürlich gar nicht gibt. Erinnerungen und Gedanken, die immer mehr ineinander übergehen, kommen und gehen in keiner speziellen Reihenfolge, sie blühen auf und verblassen wieder, wann und wie es ihnen beliebt, ungeordnet und unverlangt. Ziemlich willkürlich. Zeit ist inzwischen
nur noch Licht und Dunkelheit, die Zeiger meiner Uhr an verschiedenen Stellen, ein Kalender an der Wand, Ziffern, die Welt draußen mehr oder weniger grün und blau oder braun und grau. Draußen ist, was eben ist, aber der Geist achtet nicht darauf, er hat seinen eigenen Plan, und man weiß nicht so recht, ob er einem etwas zu sagen versucht. Wie der Dichter über das Leben sagt: »Ob wir es nutzen oder nicht, es geht und läßt zurück, was lieber wollt’ verborgen sein.« Ich habe keine Ahnung, was das bedeutet, aber ich weiß, daß es schön ist, und vermute, das ist so, weil es auch wahr ist.
    Wie Sie sicher schon geahnt haben, hatte ich im Krankenhaus mehrere derartiger Reflexionen. Sie können drüber hinweglesen. Sie sind nicht durchdacht, und nur darum geht’s mir. Die bereits erwähnte Krankenschwester war da, als ich aus der Narkose aufwachte. Sie hielt meine Hand. »Ich habe noch alle meine Kleider an, wie Sie sehen«, sagte sie und bog die Schultern leicht zurück, um mir eine Ahnung davon zu geben, was ich verpaßte. Ich hoffe, ich schaffte ein schwaches Lächeln. Sie versorgte mich auf unterschiedlichste Art, mit einer erstaunlichen Mischung aus Forschheit und Ruhe. Und ich schaffte es tatsächlich zu sagen: »Ich fühle mich halb tot, also könnten Sie wenigstens die Hälfte ausziehen.« »Sie sind ein unanständiger alter Mann«, sagte sie. »Ja«, sagte ich, »aber sind wir das nicht alle?« »Woher soll ich das wissen?« fragte sie. Läßt mich das nicht wie einen schneidigen, jovialen Kerl klingen? Tatsächlich hatte ich noch immer eine Heidenangst und fühlte mich unbehaglich, aber ich war auch sehr froh, noch am Leben zu sein. Sie spielte mein Spielchen mit, da ich versuchte, mich selber aufzuheitern. Ich frage mich, ob in den pflegenden Berufen alle so sind. Natürlich, wenn sie ihr Leben nicht neben Leiden und Tod hätten verbringen wollen, dann

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