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Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now

Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now

Titel: Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Chadwick
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Gedanken bereits woanders.
     
    Meine ehemalige Frau kam mich ebenfalls besuchen. Sie war unterwegs zu einem anderen Krankenhaus, in dem Brad lag. Sie war inzwischen sehr grau und faltig, und ihre alte Selbstsicherheit war verschwunden. Sie hatte das Typoskript eines Buchs dabei, eingewickelt in braunes Packpapier, das sie aufs Fußende meines Betts legte. Sie sagte, es gehe über Straffälligkeit und daß sie und Brad es gemeinsam schrieben, es aber bei weitem noch nicht fertig sei. Dann fing sie an, von einer Theorie zu erzählen, daß nämlich die Auswirkungen von Armut oder psychischen Störungen oft eine Generation überspringen, daß sich die Schädigungen dann verbreitern oder vertiefen und sich schließlich in einer anderen Störung manifestieren. Ein Teil des Buchs seien Fallstudien, die diese Theorie bekräftigen sollten.
    »Ich glaube nicht, daß ich es ohne Brad abschließen kann«, sagte sie. »Er will, daß ich es mit ihm diskutiere, und zwar bis ins kleinste Detail.«
    »Dann muß er dran glauben, daß es irgendwann fertig werden wird.«
    »Nein, das ist es ja gerade. An allen Details hat er was auszusetzen. Er will jedes einzelne Argument noch einmal durchgehen. Es frustriert ihn schrecklich. Und er ist sehr schwach. Immer wieder sagt er: >Wir haben uns verrannt. Wir haben uns verrannt.‹«
    Ihre Stimme verlor sich, alle Sicherheit war aus ihr verschwunden, die Sätze, die sie sagte, kreisten um eine Leere. Anschließend redeten wir ein bißchen über die Kinder, und ich hoffte, sie würde darin ein wenig Befriedigung finden, war doch das, was aus ihnen geworden war, vorwiegend ihr Verdienst. Wir erinnerten uns an ein paar Episoden aus ihrer Kindheit, die Spaziergänge im Park, der Schneemann, eine Theateraufführung in der Schule und schließlich an die Tage nach ihrer Geburt. Webb und Hamble wurden mit keinem Wort erwähnt. Es war, als würden wir zu einer
langen Suche aufbrechen, anfangs nur durch die Gegend stolpern und dann sehr wenig finden. Wir erinnerten uns an die Tage am Meer ohne schlechte Laune und Regen, und plötzlich waren sie durchflutet von Fröhlichkeit und Zuneigung, und das Meer glitzerte unter der Sonne. In unseren Gedanken rekonstruierten wir die Zeit und machten sie neu, und in dieser kurzen Zeit, die meine Frau an meinem Bett saß, ließen wir uns nicht täuschen. Und die ganze Zeit dachten wir, ach, wir waren einmal jung und lagen einander in den Armen ...
    Als sie dann aufstand, sagte sie unvermittelt: »An diesem Tag im Park, da ist mir zum ersten Mal bewußt geworden, was mit Adrian los ist. Drei in einem Auto, fünf im anderen.«
    »Ah ...«
    »Das hast du bestimmt schon längst vergessen. Ich war so taktlos, und du hast mir Bescheid gestoßen. Diese Witze. Die bringen einen nicht sehr weit, oder?«
    »Nein«, sagte ich und wandte den Blick ab.
    Sie legte ihre Hand auf die meine und ließ sie einen Augenblick dort liegen. »Liebe oder Anteilnahme, die lassen so wenig Platz für irgendwas anderes. Oder auch der Tod. Es tut mir leid, Tom.«
    Ich schüttelte den Kopf. Was tat ihr leid? Aber sie gab mir keine Gelegenheit für eine Antwort. Als ich sie wieder anschaute, hatte sie sich bereits von mir abgewandt.
     
    So weit, so gut. Zeit vergeht. Ich muß dies hier zu Ende bringen. In Sachen Besitz tut sich etwas. Foster hat sein Geld dem Kinderhilfswerk Save the Children vermacht. Der Rest des Hauses steht jetzt zum Verkauf. Ich würde es kaufen, wenn ich es mir leisten könnte, aber vor ein paar Tagen habe ich mit Jane gesprochen, und sie schien interessiert. Eine Investition. Ich brauchte ihr nicht zu sagen, daß dies auch das Problem mit Mrs. Bradecki lösen würde, die schon seit einiger Zeit keine Miete mehr zahlt. Hätte ich beinahe vergessen: Der Vikar schickte mir einen Brief, in dem er mir eine schnelle Genesung wünschte. Ich weiß nicht, wie er herausfand, daß ich krank war, aber in seinem Beruf verbreiten sich gute Nachrichten ziemlich schnell.

    Er fügte hinzu:
    Warum machen Sie nicht mal einen Sonntagsausflug zu uns und besuchen die Messe, um Gott zu danken? Bringen Sie Ihre Schwester und ihre wunderbare Stimme mit. Bei Gott, ein bißchen Kraft und Klasse könnten wir sehr gut gebrauchen. Aber ich darf mich nicht beklagen. Ihr Freund Jenners hat wahre Wunder gewirkt, wenn Sie mir das Wort gestatten, mit seinem Engagement für die Renovierung der Kirche. Ich hoffe, wir treiben jetzt noch ein paar Gläubige auf, als Ersatz für die Touristen. Ich bin der

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