Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now
Bett, einen Konflikt zwischen meinem Vergnügen und ihrer Erbauung gibt es also nur bis zu einem gewissen Punkt. Nachdem sie ins Bett gegangen sind, kann es passieren, daß meine Frau sagt: »Ich würde lieber das und das sehen.« Und in dem Augenblick kommt es mir eigentlich gar nicht in den Sinn, genuschelt und mit einem Lolli im Mund zu antworten: »So ein Pech aber auch, ich möchte nämlich lieber das andere sehen.«
Ich hege keine aktive Abneigung gegen die Informationssendungen, mit denen sie sich bildet, und manchmal muß ich mir sogar eingestehen (laut murmle ich höchstens ein paar betroffene Adjektive), daß die Sendung für einige Augenblicke meinen Horizont wirklich erweitert hat; allerdings hege ich eine aktive Abneigung gegen das Gefühl des Schrumpfens, das darauf folgt, vor allem, wenn ich daran erinnert werde, wie meine Phantasie immer
wieder meinem Intellekt, wenn nicht sogar meinem moralischem Empfinden (andersherum?) in die Quere kam, zum Beispiel bei all den verpaßten Verfolgungsjagden und nicht gesehenen Faustkämpfen.
Wenn meine Frau einmal ihren Kopf nicht durchsetzen kann, sagt sie oft, wie sehr sie sich jetzt auf ein paar stille Stunden gemütlichen Lesens freut, und ich sage dann vielleicht: »Was dagegen, wenn ich noch aufbleibe und mir das und das anschaue?« Worauf sie erwidert: »Natürlich nicht, Schatz.« Ohne hinzuzufügen (aber zu denken?): »Wenn dir so ein Quatsch gefällt.«
Sie kann nicht schlafen, bis ich auch im Bett bin, was blöd ist, andererseits macht sie aber auch keinen Aufstand, wenn mein schrecklicher Film sie bis nach der Zeit wach hält, zu der sie normalerweise schon eingeschlafen wäre. Sie dreht sich einfach von mir weg, wenn ich mir die Decke bis zum Kinn hochziehe. Sie seufzt nicht. Sie ist keine stumme Nörglerin, schließlich hat sie viele Bücher über das Eheleben und seine Rituale gelesen. Sie schläft ein, sobald ich das Licht ausmache. Sie schmollt nicht. Aber am nächsten Abend gähnt sie viel und geht früher als sonst ins Bett, so daß ich mir nicht an zwei Abenden hintereinander meine Lieblingssendungen anschauen kann. Meine Frau ist ein außerordentlich vernünftiger Mensch. Das ist ein wesentlicher Grund dafür, warum sie eine so herausragende Persönlichkeit ist. Sie hat viel Erfahrung damit, was passieren kann, wenn ein verheiratetes Paar es nicht schafft, sich aneinander anzupassen. Sie hat sich auch mit den Auswirkungen auf die Kinder beschäftigt. Sie hält nicht viel von Streit. Ich auch nicht. In vieler Hinsicht sind wir ein perfektes Paar. Wir stimmen, ohne es je zur Sprache gebracht zu haben, völlig darin überein, daß wir schlecht beraten wären, wenn wir zuließen, daß das Fernsehen oder etwas anderes, Meinungen zum Beispiel, einen Keil zwischen uns treibt. Ganz allgemein halte ich mich an den Grundsatz, nicht mit Leuten zu streiten, die anderer Meinung sein könnten als man selbst.
Wenn ich also auf meine Kinder hinunterschaue, bevor ich mir ein Glas süßen, billigen Sherry einschenke, dann denke ich manchmal
mit flüchtigem Bedauern an die Zeit zurück, als meine Kinder sich auf mich stürzten, wenn ich nach Hause kam, mein Sohn mich mit irgendeiner Waffe piekste und mir befahl, sofort tot umzufallen, und meine Tochter meine Beine umklammerte und darum bettelte, auf meine Schultern gehoben zu werden; aber mein wichtigstes Gefühl ist das der Zufriedenheit. Ich mache ihnen keine Angst, es ist eher wahrscheinlich als unwahrscheinlich, daß sie immer auf der Seite der Engel stehen. (Das ist ein Ausdruck meiner Frau, ich auf jeden Fall achte immer darauf, im Hier und Jetzt auf der richtigen Seite von ihr zu stehen, da sie an ein Jenseits nicht glaubt, sie glaubt, nach dem Hier und Jetzt ist alles aus. Manchmal bittet sie mich, »ein Engel zu sein ...«, oder sagt, daß es mir im Himmel vergolten werde, wobei sie nie vergißt hinzuzufügen: »Wie’s im Sprichwort heißt.« Die Sache ist nur die, sie könnte durchaus auch unrecht haben, was mich in die Lage versetzen würde, ihr zu sagen, wenn wir uns oben wiedertreffen: »Wie’s im Sprichwort heißt, ich glaub’s einfach nicht!«) Um zu meinen Kindern zurückzukehren: Sie werden nie einen Grund haben, mich zu verachten oder das, wofür ich stehe (da ich für nichts stehe — höchstens vielleicht dafür, nicht aufzustehen, wenn die Nationalhymne gespielt wird). Sie werden heranwachsen zu vernünftigen, fleißigen Menschen, die mir keine schlaflosen Nächte bereiten werden.
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