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Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now

Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now

Titel: Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Chadwick
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lieber, sie würde es nicht tun. Manchmal denke ich mir, letztendlich müssen sie nur wissen, daß Weisheit eine Form der Erschöpfung ist, denn das macht mich weiser, als sie es ist.
     
    An diesem Punkt sollte ich mir vielleicht noch einmal die Frage stellen, warum ich überhaupt angefangen habe, so über mein Leben zu schreiben — abgesehen davon, daß ich im Büro Zeit dazu habe und es mir hilft, fleißig auszusehen. Ich schätze, ich möchte einfach herausfinden, wohin es mich führt, und vielleicht auch ein bißchen Selbsterkundung treiben, wobei ich erst weiß, was ich finden werde, wenn ich es direkt vor mir habe. Ansonsten gibt es meinen ständigen Selbstgesprächen ein wenig mehr Klarheit und erspart mir auch ihre Wiederholung — wobei ich vermutlich nicht mehr und auch nicht weniger mit mir selber rede als alle anderen. Das muß man sich einmal vorstellen: All diese ausgedachten, aber ungeschriebenen Lebensläufe überall um einen herum ...
     
    Ich komme um halb sieben von der Arbeit nach Hause. Während ich in der Diele meinen Mantel aufhänge, rufe ich ein paar Worte der Begrüßung in das Wohnzimmer, wo meine Kinder sich die
Nachrichten ansehen. Ich versuche, die Floskeln immer ein wenig zu variieren, aber ich glaube nicht, daß ihnen das auffällt. »Hey, Kinder!«, »Hallo, ihr zwei!«, »Bin wieder zu Hause!«, »Abend, Leute!«, das ist so in etwa meine Bandbreite. Da ich nur selten eine Antwort erhalte, strecke ich den Kopf durch die Tür und wiederhole mich. Meine Kinder schauen kurz hoch, heben eine Hand und lächeln manchmal sogar, allerdings so flüchtig, daß man schon sehr viel Optimismus und guten Willen aufbringen muß, um es überhaupt zu bemerken. Wenn meine Frau auch da ist, sagt sie: »Hallo, Liebling«, und zu den Kindern: »Sagt hallo zu eurem Vater.« Worauf sie synchron »Hi« sagen, ohne auch nur für einen Sekundenbruchteil den Blick vom Fernseher zu nehmen. Sie sehen mich ja nicht zum ersten Mal.
     
    Oft denke ich mir dann, wie zufriedenstellend meine Kinder im großen und ganzen doch sind, wie gut erzogen usw. — wenn man, so gut es geht, davon absieht, daß sie ein wenig mehr Aufheben um mein Nachhausekommen machen könnten, ohne gleich davonzusausen, um meine Hausjacke und meine Pantoffeln zu suchen, was sie in dem Fall tatsächlich tun müßten, da ich beides nicht besitze. Es ist lange her, daß meine Frau mich fragte, ob ich einen schweren Tag gehabt habe. Sie weiß, daß ich so einen nie habe. Sie ist diejenige mit den schweren Tagen, da sie sich mit unverheirateten Müttern und Straftätern und so weiter herumschlagen muß. Ich frage sie nie, ob sie einen harten Tag gehabt hat, weil ich die Antwort und vor allem ihre Länge kenne. (»Alleinerziehende Mutter« ist übrigens der korrekte Begriff, fällt mir gerade ein, aber ich vermeide ihn, da er mich zu sehr an unsere Familie erinnert.)
    Ich kann es meinen Kindern deshalb nicht verdenken, daß sie nicht gleich aufspringen, wenn ich von der Arbeit nach Hause komme, wie ich (und auch meine Frau) es wohl erwarten würden, wenn ich meine Tage damit zubrächte, Leute aus Feuersbrünsten zu retten oder Operationen am Gehirn durchzuführen oder auf eine andere Art die Welt zu verbessern. Darüber hinaus gehören die Nachrichten zu den Sendungen der informativen Kategorie,
die anzuschauen sowohl die Schule wie ihre Mutter empfehlen, da sie ein Fenster zur Welt darstellen. Ich kann verstehen, daß meine altbekannte Anwesenheit, mein eigenes flüchtiges Lächeln sie auf keinen Fall vom Schmerz und der Fremdartigkeit der Existenz im allgemeinen ablenken dürfen.
     
    Das Fernsehen ist einer der Bereiche in unserem Leben, in dem meine Frau mehr zu sagen hat als ich. Es ist der einzige, bei dem ich gern allein das Sagen hätte. Ich bin fast ausschließlich fixiert auf Harte-Männer-Eskapismus in Serien wie Starsky und Hutch, Hawaii Fünf-Null, Kojak, Mit Schirm, Charme und Melone und so weiter. Mir gefallen diese Sendungen wirklich, und ich freue mich immer den ganzen Tag darauf. Doch die Sendungen, die gut sind für meine Kinder und eigentlich auch gut sein sollten für mich, gefallen mir eher weniger. Meine Frau hat schon recht, wenn sie die Sendungen ankreuzt, die wir anschauen sollten, und unseren Kindern, die Hausaufgaben und andere verstandeserweiternde Tätigkeiten zu erledigen haben, verbietet, etwas anderes anzusehen. Meiner Ansicht nach hat BBC2 da einiges zu verantworten.
     
    Meine Kinder gehen pünktlich um neun ins

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