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Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now

Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now

Titel: Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Chadwick
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hinterlassen hat. Das ist meine Erfahrung. In einem Chaos kann man nicht in Frieden schlafen. Das ist der Grund, warum ich manchmal erst in den frühen Morgenstunden ins Bett gehe, wenn mein Bericht perfekt ist. Ansonsten würde ich die ganze Nacht wach liegen und mir den Kopf darüber zerbrechen, daß man mich demnächst durchschauen wird und daß mein ganzes Leben eine Lüge ist. Inzwischen muß ich keine Ziegelsteine mehr in meine Aktentasche packen.
     
    Der Garten der Webbs ist der reinste Saustall. Ich sehe, wie potentielle Käufer ihn im Geiste bereits aufräumen und neuen Rasen ansäen und Sträucher pflanzen und Steingärten anlegen. Ich frage mich, ob der Makler den jeweiligen Interessenten von Webb erzählt und warum er nicht mehr hier lebt. Ich würde nicht so weit gehen, es ihnen erst zu erzählen, nachdem die Verträge unterschrieben und die Möbelwagen vorgefahren sind. Mit Hamble rede ich nie über das Thema, weil ich weiß, daß er keine Lust hat, mit mir darüber zu reden. Er schafft sich selbst ein bescheidenes, umzäuntes Paradies. Wenn ich von irgendeiner Reise in irgendeine abscheuliche, lärmende, moderne Stadt nach Hause komme, stelle ich mir manchmal vor, daß sich um ihn herum die Jahreszeiten nicht mehr ändern. Es ist, als würde er etwas Vollkommenes sehen, das in seinem Kopf Gestalt annimmt. Wir reden auch nicht über meine Familie. Ich frage mich, was sie zu ihm gesagt haben. Ich frage mich, wie Virginia sich von ihm verabschiedet hat. Ich
würde mir vorkommen wie ein lästiger Eindringling, wenn ich solche Themen wie Webb oder den Aufenthaltsort meiner Familie zur Sprache bringen oder ihn nach seiner Meinung fragen würde zu einem Ereignis, über das kürzlich in den Nachrichten berichtet wurde. Ich würde mich selber an den Golfclub-Schnüffler erinnern, wenn ich mich zum Beispiel erkundigte, wie er denn so allein zurechtkomme, und damit eine Ähnlichkeit zwischen meiner Lage und seiner andeutete. Was eine Diskussion über die Natur des Lebens angeht, die fiesen Tricks, die es uns spielt, oder was für einen Sinn es haben könnte oder vielleicht sogar über seine potentielle spirituelle Dimension, so würde mich die nur zurückbringen zu meinem letzten Besuch im Golfclub, als sich ein Mann, dem erst kürzlich wegen Überflüssigkeit gekündigt worden war, von dem eben erwähnten Schnüffler sagen lassen mußte: »Sehen Sie es philosophisch. Denken Sie erst gar nicht drüber nach.« Das faßt es zusammen. In Hambles Gesellschaft fühle ich mich überflüssig. Das einzig sichere Gesprächsthema ist sehr oft (fast immer) das Wetter, alles andere erscheint zu weitreichend oder zu riskant. Jaja, schon gut, aber wenn man mit einem Gärtner spricht, ist es auf jeden Fall ein wichtiges Thema.
     
    Eine der Tageszeitungen brachte ein Foto vom Haus der Webbs. Die Adresse wurde nicht genannt, nur der Name unserer Vorstadt, und wie ich bereits am Anfang gesagt habe, ähnelt das Haus, wie unseres, Hunderten anderer Häuser. Ich konnte mir vorstellen, daß die Leute zu Tausenden durch die Gegend spazierten, deuteten und fragten: »Ist es das?« Ich war eine Woche weg gewesen, und meine Frau zeigte mir eines Abends, nachdem die Kinder zu Bett gegangen waren, die Zeitung.
    »Das solltest du besser lesen.«
    »Also nein, man kann in die Leute wirklich nicht hineinschauen«, sagte ich nach der Lektüre.
    Jahrelang, so hatte es sich herausgestellt, hatte Webb kurz vor der Abenddämmerung Spielplätze und ähnliche Orte aufgesucht und Kinder beiderlei Geschlechts mit Geldangeboten überredet, sich von ihm in einem stillen Winkel, wo ein Baum oder ähnliches
ihn vor Blicken schützte, streicheln oder betrachten zu lassen. Ein kluger (oder cleverer) Junge, der häufig von seiner Mutter vor solchen Personen gewarnt worden war und von seiner Schwester erfahren hatte, daß bei dem Mann leichtes Geld zu verdienen sei, hatte Webbs Geld ebenfalls genommen (hätte er, habe ich mich gefragt, es auch mit weniger schaffen können, wie großzügig war er?), sich dann aber unbehelligt aus dem Staub gemacht, sich seine Autonummer notiert (war er doch ein Junge, der kurz davor einen Schulwettbewerb mit einem Aufsatz über »Deine Polizei und du« gewonnen hatte) und ihn über seine Mutter den Behörden gemeldet.
    Diese Episode stand in Zusammenhang mit anderen Vorfällen in anderen Gegenden. Das runde Dutzend Eltern, die betroffen waren, waren diejenigen, die bei ihren Kindern ungewöhnlich hohe Geldsummen entdeckt

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