Ein unbezaehmbarer Verfuehrer
zu schlucken. „Es ist mein gutes Recht, meine Kinder bei mir zu haben", sagte er schließlich.
Alistair beobachtete ihn schweigend und fragte sich, ob der Duke wohl sah, in welche Falle er gerade lief.
Des Königs Interesse war in jedem Fall geweckt. „Wer sind diese Kinder?", erkundigte er sich.
„Sie sind ...", begann Lister und verstummte jäh, als ihm aufging, dass er in eine Falle getappt war. Er verfiel in düsteres Schweigen, während Alistair stillvergnügt lächelnd an seinem Wein nippte und gespannt abwartete, ob der Zorn des Dukes wohl so groß war, dass er alle Vorsicht fahren ließ. Wenn er die Kinder im Beisein des Königs als die seinen anerkannte, würden sie Ansprü
che an ihn und, wichtiger noch, an seinen Besitz stellen können. Der Earl of Kimberly dürfte nicht erfreut sein.
Mit beschwörendem Blick wandte Kimberly sich auch schon seinem Vater zu und murmelte: „Vater ..."
Lister schüttelte den Kopf, als wolle er einen bösen Traum verscheuchen; sein Gesicht nahm wieder den Ausdruck höflicher Gelassenheit an, als er verkündete: „Diese Kinder bedeuten mir nichts — sie sind nicht mehr als die Sprösslinge einer ehemaligen Bekanntschaft."
„Gut", meinte der König und klatschte in die Hände. „Dann können sie ja umgehend der Mutter zurückgegeben werden, was, Lister?"
„Sehr wohl, Euer Majestät", murmelte Lister und wandte sich dann rasch an Hasselthorpe. „Wann wollten Sie noch mal dieses Gesetz ins Parlament einbringen?"
Während sich zwischen dem Duke, Hasselthorpe und Blanchard eine politische Debatte entspann, stand dem Earl of Kimberly die Erleichterung deutlich ins Gesicht geschrieben.
Der König verlangte nach mehr Wein, hob dann sein Glas und meinte zu Alistair: „Auf die Mutterliebe."
„Aye, Euer Majestät." Alistair trank mit Freuden mit.
Der König setzte sein Glas ab, neigte sich vor und senkte die Stimme. „Gehen wir recht in der Annahme, dass dies der von Ihnen beabsichtigte Ausgang war, Munroe?"
Alistair blickte in des Königs belustigte blaue Augen und gestattete sich ein feines Lächeln. „Euer Majestät Aufmerksamkeit entgeht nichts."
Der König nickte. „Bringen Sie dieses Buch zu Ende, Munroe. Wir freuen uns schon darauf, Sie wieder zum Tee zu laden."
„Zu diesem Zwecke möchte ich Euer Majestät ersuchen, mich jetzt von dieser vergnüglichen Geselligkeit zu entschuldigen."
König George wedelte mit der in Spitzenmanschetten gehüllten Hand. „Gehen Sie, Munroe. Aber unterstehen Sie sich, der Hauptstadt wieder so lange fernzubleiben."
Alistair stand auf, verbeugte sich und wandte sich zum Gehen.
285
Als er an Hasselthorpe vorbeikam, zögerte er kurz. Doch wann würde er wieder Gelegenheit haben, den Mann zu sprechen?
Er beugte sich über Lord Hasselthorpes Stuhl. „Dürfte ich Ihnen wohl eine Frage stellen, Mylord?"
Hasselthorpe betrachtete ihn mit Missfallen. „Haben Sie heute Nachmittag nicht schon genügend angerichtet, Munroe?"
„Gewiss", meinte Alistair leichthin, „doch dies wird nicht lange dauern. Vor ungefähr zwei Monaten wollte Lord Vale mit Ihnen über Ihren Bruder sprechen, über Thomas Maddock."
Hasselthorpe erstarrte. „Wie Sie wohl wissen, ist Thomas bei Spinner's Falls ums Leben gekommen."
„Ja, das weiß ich. " Alistair erwiderte den Blick des Mannes, ohne mit der Wimper zu zucken. Zu viele Fragen waren noch ungeklärt, als dass er sich von einem trauernden Bruder und dessen Ärger aufhalten lassen konnte, nach den Antworten zu suchen. „Vale ist der Ansicht, dass Maddock etwas gewusst haben könnte über ... "
Hasselthorpe neigte sein Gesicht ganz nah an das von Alistair. „Wenn Sie oder Vale auch nur anzudeuten wagen, dass mein Bruder Teil einer Verschwörung gewesen sein könnte, werde ich Satisfaktion fordern. Lassen Sie sich das gesagt sein, Sir."
Alistair zog die Brauen hoch. Er hatte überhaupt nichts andeuten wollen; ihm war nicht einmal der Gedanke gekommen, dass Maddock der Verräter hätte sein können.
Aber Hasselthorpe war noch nicht fertig. „Und wenn Sie Vale großen Kummer ersparen wollen, sollten Sie versuchen, ihn von seinem Vorhaben abzubringen."
„Was wollen Sie damit sagen?", fragte Alistair ruhig.
„Er und Reynaud St. Aubyn waren doch gute Freunde, oder? Sie sind zusammen aufgewachsen, nicht wahr?" a. "
„Nun, dann wage ich zu bezweifeln, dass Vale ernstlich wissen will, wer das 28. Regiment verraten hat." Hasselthorpe lehnte sich zurück, die Lippen grimmig
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