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Ein unbezaehmbarer Verfuehrer

Titel: Ein unbezaehmbarer Verfuehrer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Hoyt
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beiden hier?"
    Das Mädchen stellte sich schützend vor seinen Bruder. Ernst und stocksteif stand es da und bebte fast vor Anspannung. „Wir sind zurückgekommen."
    Fragend hob er eine Braue. Wie ein Pechvogel wirkte die Kleine. „Und warum?"
    Mit den blauen Augen ihrer Mutter sah sie ihn an. „Weil Sie uns brauchen."
    Das ließ ihn innehalten. „Wie bitte?"
    Sie holte tief Luft und sagte dann vorsichtig: „Ihre Burg ist furchtbar schmutzig. Sie brauchen uns, um hier alles wieder schön zu machen."
    Abigail starrte in Sir Alistairs Gesicht hinauf. Auf ihrer Reise nach Schottland waren sie manchmal an ganz großen Steinen vorbeigefahren, die aufrecht mitten in der Landschaft standen, ganz allein. Mama hatte ihnen erklärt, dass man sie Monolithen nenne, und Abigail war ganz stolz, sich das Wort gemerkt zu haben. Die Steine seien in grauer Vorzeit von Menschen dort aufgestellt worden, aber niemand wisse, wozu und weshalb. Sir Alistair war genauso, wie so ein Monolith — groß und starr und irgendwie unheimlich. Seine Beine waren ellenlang, seine Schultern breit und sein Gesicht ... Sie schluckte.
    Er hatte einen schwarzen, ungleichmäßigen Bart, denn dort, wo die roten hässlichen Narben sich quer über seine Wange zogen, wuchsen keine Haare. Wenigstens hatte er heute seine leere Augenhöhle mit einer Augenklappe verdeckt. Dafür war sie dankbar, denn sonst hätte sie nicht gewagt, ihn anzusehen. Sein eines Auge war hellbraun, wie Tee ohne Milch, und er schaute sie mit einem Blick an, mit dem man wohl ein Insekt musterte. Einen seltsamen Käfer vielleicht. Einen dieser hässlichen schwarzen Käfer, die blitzschnell davonflitzten, wenn man ohne Böses zu ahnen draußen einen Stein umdrehte.
    „Ah", sagte Sir Alistair und räusperte sich rau, beinahe röchelnd. Dann runzelte er die Stirn, und dabei verzogen sich auch die Narben auf seiner Wange.
    Abigail senkte den Blick. Sie wusste nicht so recht weiter. Wahrscheinlich sollte sie sich bei ihm entschuldigen, weil sie gestern so geschrien hatte, aber das traute sie sich einfach nicht. Verlegen zupfte sie an ihrer neuen Schürze. Noch nie in ihrem Leben hatte sie eine Schürze getragen, aber als Mama sich eben im Dorf eine gekauft hatte, hatte Abigail auch eine bekommen. Die würden sie brauchen, hatte Mama gemeint, wenn sie die Küche von Sir Alistair in Ordnung bringen wollten. Aber Abigail konnte sich kaum vorstellen, dass Putzen und Aufräumen so viel Spaß machte, wie Mama ihnen einreden wollte.
    Verstohlen sah sie wieder zu Sir Alistair hinauf. Er hatte die Mundwinkel nach unten gezogen, aber komischerweise fand sie seine grimmige Miene längst nicht mehr so beängstigend wie gestern Abend. Nachdenklich musterte sie ihn. Wäre Sir Alistair kein so großer, so furchtbar ernster Gentleman, würde sie fast glauben, dass er auch nicht so recht weiterwusste.
    „Heute Morgen war kaum noch was zu essen in der Speisekammer", sagte sie.
    „Ich weiß." Er presste die Lippen zusammen.
    Jamie hatte sich wieder zu der großen grauen Hündin gesellt. Kaum hatten sie die Küche betreten, entdeckte er Lady Grey vor dem Herdfeuer. Trotz Abigails Warnungen war er zu ihr gelaufen und hatte sie gestreichelt. Jamie war ganz vernarrt in Hunde. Er schien gar nicht auf den Gedanken zu kommen, dass sie ihn beißen könnten. Wenn Abigail einen fremden Hund sah, dachte sie an nichts anderes.
    Auf einmal hatte sie schreckliches Heimweh. Sie sehnte sich nach London, wo sie jeden kannte und ihr alles vertraut war. Wären sie jetzt zu Hause, würden sie und Jamie mit Miss Cummings beim Tee sitzen. Obwohl sie Miss Cummings nie sonderlich hatte leiden können, machte sie der Gedanke an ihr schmales, verkniffenes Gesicht und die nachmittäglichen Butterbrote jetzt wehmütig. Mama hatte gemeint, dass sie vielleicht nie mehr nach London zurückkehren würden.
    Jetzt warf Sir Alistair seinem Hund einen so grimmigen Blick zu, als ob er böse auf ihn sei. Dabei hatte Lady Grey doch gar nichts getan.
    „Mama kommt gleich zurück", versuchte Abigail ihn abzulenken.
    „Ah", sagte er wieder. Die alte Hündin legte eine Pfote auf seinen Stiefel. Abigail warf einen kurzen Blick auf Sir Alistair und wich ein wenig zurück. Wie streng er aussah! „Wie heißt ihr beiden?"
    „Ich bin Abigail", sagte sie. „Und das ist Jamie."
    „Wenn Mama wieder reinkommt, gibt es Tee", verkündete Jamie strahlend. Ihm schien Sir Alistair überhaupt keine Angst zu machen. Aber er hatte ja auch die Hündin. Verzückt

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