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Ein unerhörtes Angebot

Ein unerhörtes Angebot

Titel: Ein unerhörtes Angebot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: MARY BRENDAN
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einen kleinen Spaziergang machen, damit wir den neugierigen Blicken entgehen. Ich bin sicher, wir brauchen nur ein paar Minuten, um ein beiderseitig befriedigendes Übereinkommen zu treffen.“
    Nichts erschien Helen unwahrscheinlicher, aber wenn sie mit ihm ging, würde sie verhindern können, dass er sich ihrer Schwester näherte. Und wenn sie es geschickt anstellte, gelang es ihr vielleicht sogar, ihrem Bruder einen kleinen Zeitaufschub zu verschaffen. Sie musste sich dazu überwinden, die Hand auf Bridgemans dargebotenen Arm zu legen, doch sie schaffte es, so abstoßend sie den Mann auch fand. Gleich darauf verschwanden sie gemeinsam im Schatten eines Weges, einem Paar täuschend ähnlich, das einen romantischen Spaziergang machen wollte.
    Helens Hoffnung, dass niemand sie bemerkt hatte, sollte sich nicht erfüllen. Es waren sogar mehrere Menschen, die sie mit Bridgeman davongehen sahen, und jeder von ihnen mit unterschiedlichen Empfindungen. Charlotte und Emily etwa blickten ihnen mit entsetzt geweiteten Augen nach.
    Auch George hatte Helen nicht aus den Augen gelassen, nachdem Bridgeman zu ihr getreten war. Er fasste neuen Mut, als sie ihre Hand auf Bridgemans Ärmel legte, doch seine gute Laune hielt nicht lange an, denn bald darauf bemerkte er die finstere Miene des Gentleman, der nur wenige Schritte von ihm entfernt dasselbe Schauspiel verfolgte.
    Jason hatte Peter Wenham und einige alte Freunde begrüßt, war sich aber die ganze Zeit bewusst, wo sich Helen befand. Als er sah, dass Bridgeman sie auf ihrem Weg zu ihrer Schwester abfing, war er auf dem Sprung gewesen, dazwischenzutreten, falls es nötig sein sollte.
    Helen war eine unabhängige Frau, und Jason gehörte nicht zu den Männern, die ihren Mätressen nachstellten und womöglich in den Verdacht gerieten, eifersüchtig zu sein. Als er indes Helens verwirrte Miene bemerkt hatte, war er entschlossen auf sie zugegangen – um kurz darauf innezuhalten, als er sah, dass sie an Bridgemans Seite trat und sich umblickte, als wollte sie sichergehen, dass niemand sie beobachtete, und sich dann bei ihm unterhakte. So wie es aussah, schien sie in bestem Einvernehmen mit Bridgeman.
    Jason hatte Colin Bridgeman noch nie gemocht. Der Mann war bekannt für seine Kaltschnäuzigkeit und Lüsternheit. Vielleicht stand es ihm nicht zu, Bridgeman zu verurteilen, da auch er in seinen Geschäften Unnachgiebigkeit an den Tag legte und sich die Freiheit nahm, jede Frau zu verführen, die ihm gefiel. Allerdings schien er in letzter Zeit nicht nur in der Gefahr zu sein, sich vom Wüstling zum Liebenden bekehren zu lassen, sondern auch noch Freude darüber zu verspüren.
    Er blieb einen Moment länger bei seinen Freunden stehen und kämpfte gegen die Eifersucht an, die an ihm nagte. Helen besaß jedes Recht, einen Spaziergang mit einem ihrer Verehrer zu machen und mit ihm zu flirten, wenn es ihr gefiel. Sie hatte ihm nur versprochen, sich ihm hinzugeben und sich nicht in sein Leben einzumischen. Und sie war ihrem Wort treu geblieben. Falls sie sich Gedanken darüber machte, was er tat oder mit wem er die Abende verbrachte, an denen sie sich nicht sahen, so deutete sie es jedenfalls mit keinem Wort an. Und bis jetzt war er nie auf die Idee gekommen, dass er vielleicht einmal fragen sollte, was sie an diesen Abenden tat, während er allein zu Hause saß und an sie dachte.
    Abrupt entschuldigte er sich bei seinem Bruder und seinen Freunden und ging auf den Weg zu, den Helen und Bridgeman genommen hatten. Als er an George Kingston vorbeikam, verschluckte der sich an dem Wein, den er gerade in sich hineinschüttete. Jason lächelte verächtlich, obwohl ihm im Moment nicht danach zumute war zu lächeln. George hatte schuldbewusst gewirkt, und wenn irgendetwas Hinterhältiges im Gang war, dann war er mit Sicherheit darin verwickelt.
    „Ich glaube, wir sind weit genug gegangen, Sir.“ Hastig brachte Helen ein wenig Abstand zwischen sich und Colin Bridgeman. Hübsche Laternen schmückten die Bäume über ihnen und tauchten die von einer Hecke geschützte Steinbank in ein lauschiges Licht. „Ich habe nur ein paar Minuten Zeit, bevor man mich vermissen wird.“
    „Kommen Sie, setzen wir uns“, sagte Bridgeman und trat vor sie hin.
    Helen wich ihm aus und ging ans andere Ende der Bank. „Ich muss Sie bitten, meinem Bruder ein wenig Nachsicht entgegenzubringen. George scheint Ihren Vertrag nicht richtig gelesen zu haben …“
    Colin unterbrach sie mit einem theatralischen Seufzer.

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