Ein unerhörtes Angebot
Verlobten erfuhr, mochte sie sich lieber nicht ausmalen.
„Ich wusste nicht, dass George heute Abend kommen wollte“, sagte sie atemlos und beschleunigte, ohne es zu merken, ihren Schritt.
„Freust du dich so sehr, ihn zu sehen?“, fragte Jason trocken und warf ihr einen belustigten Seitenblick zu.
„Nein“, antwortete sie leise. „Ich wünschte vielmehr, er und seine Freunde hätten sich heute Abend eine andere Zerstreuung gesucht.“
Jason blieb stehen und drehte sie sanft zu sich herum, um ihr in die Augen zu sehen, doch Helen spähte ängstlich über ihre Schulter zu den drei Männern hinüber, die nun vor einer Loge innehielten und sich mit den hübschen Damen unterhielten, die dort gerade ihr Dinner zu sich nahmen. „Was ist los mit dir?“, verlangte Jason zu wissen. „Seit wir angekommen sind, bist du mit deinen Gedanken woanders.“
Helen setzte ein gezwungenes Lächeln auf. „Es ist nichts, wirklich … George hat Charlotte heute Nachmittag sehr aufgeregt“, brach es dann doch aus ihr heraus. „Es wäre besser, wenn er nicht in ihre Nähe käme. Ich gehe nur kurz zu ihr, um sie zu warnen, dass er hier ist.“ Sie musterte Jason, aber seine Miene drückte deutlich aus, dass er mit ihrer Erklärung nicht sonderlich zufrieden war.
„Da ist dein Bruder.“ Erleichtert machte sie sich von ihm los, als sie Mark Hunters elegante Gestalt zu ihrer Linken entdeckte. „Ich bin gleich wieder zurück“, versprach sie und eilte zu ihrer Schwester.
15. KAPITEL
„Es vergeht eine kleine Ewigkeit, ohne dass ich Sie zu Gesicht bekomme, und dann begegnen wir uns zu meinem Entzücken gleich zweimal am selben Tag.“
Helen blieb erschrocken stehen, als Colin Bridgeman plötzlich auf sie zutrat und sie mit seinen blassblauen Augen anzüglich betrachtete. Sie wollte nicken und fliehen, so schnell es ging, doch dann zögerte sie und hob trotzig das Kinn. Hatte sie George nicht versprochen, dass sie diesem Mann bei der ersten Gelegenheit die Meinung sagen würde? Vielleicht war jetzt der Zeitpunkt dafür gekommen.
„Ist es denn ein Zufall?“, fragte sie geradeheraus.
Colin Bridgeman schob amüsiert die fleischige Unterlippe vor. „Wie ich sehe, sind Sie eine Dame, die weiß, wann es nicht angebracht ist, die Spröde zu spielen.“ Er ließ seinen Blick anerkennend über ihre Gestalt gleiten. „Ich nehme an, George hat Ihnen verraten, dass er mir viel Geld schuldet. Ist Ihnen klar, in was für einer misslichen Lage er sich befindet?“
„In der Tat, Sir, es ist mir klar“, antwortete Helen und biss vor Wut die Zähne zusammen.
„Er kann jederzeit im Gefängnis landen. Aber ich lasse mich gern dazu überreden, Barmherzigkeit zu zeigen. Hat er Ihnen auch das gesagt?“ Bridgemans Blick verweilte unverhohlen auf ihrem Dekolleté.
„Ja, auch das teilte er mir mit. Und ich sage Ihnen, welche Haltung ich in dieser Angelegenheit einnehme. Ich habe nicht die Absicht, ihn dadurch zu retten, dass ich Ihre Dirne werde.“
„Sie bleiben lieber Hunters Hure, was?“ Bridgeman verzog verächtlich die Lippen. „So nennen die Leute Sie bereits, wussten Sie das?“, fragte er spöttisch.
Helen wurde blass. „Ich verabscheue Sie, Sir“, sagte sie und trat einen Schritt zurück.
„Das steht Ihnen frei“, erwiderte Bridgeman gelassen. „Wenn ich es recht bedenke, wende ich mich sowieso besser an Ihre Schwester. Charlotte ist jünger und hat die volle Figur, die ich an einer Frau bevorzuge. Ich könnte mir vorstellen, dass die Kleine weichherziger sein wird, wenn es um ihren Bruder geht.“ Er bedachte Helen mit einem listigen Lächeln. „Und außerdem ist sie noch Jungfrau.“
„Sie werden meine Schwester in Ruhe lassen!“, fuhr Helen ihn heftig an. Als Bridgeman nur die Augenbrauen hob und Anstalten machte, auf Charlotte zuzugehen, stellte sie sich ihm in den Weg. „Unterstehen Sie sich, meine Schwester zu belästigen! Sie ist verlobt und wird bald heiraten.“
„Unzählige Verlobungen wurden gelöst, wenn eine Familienkrise es erforderte.“
Gehetzt sah Helen sich um, aber Jason und sein Bruder schienen weitergegangen zu sein. Sie musste Bridgeman allein in Schach halten. Menschen wie er kannten keine Skrupel, und sollte er sich Charlotte so bald nach ihrem haltlosen Wutausbruch von heute Nachmittag nähern, war es nicht auszudenken, was noch geschehen würde.
Bridgeman spürte ihr Zögern und sagte schmeichelnd: „Kommen Sie, meine Liebe, wir könnten so gute Freunde sein. Lassen Sie uns
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