Ein Universum aus Nichts - ... und warum da trotzdem etwas ist
Arguments vor, das »Koinzidenzproblem« könne demnach gelöst werden, wenn der heute gemessene Wert der kosmologischen Konstante irgendwie »anthropisch« selektiert worden sei. Das heiÃt, falls es vielleicht viele Universen gäbe und in jedem von ihnen der Wert der Energie des leeren Raums einen zufällig gewählten Betrag annähme, der auf einer bestimmten Zufallsverteilung aller möglichen Energien beruhte, dann würde sich Leben, wie wir es kennen, nur in den Universen entwickeln können, in denen der Wert nicht allzu stark von unseren aktuellen Messwerten abweicht. Möglicherweise befinden wir uns deshalb in einem Universum mit winziger Energie im leeren Raum, weil wir uns nicht in einem mit einem weit gröÃeren Wert befinden könnten. Anders ausgedrückt: So übermäÃig überraschend ist der Befund nicht, dass wir in einem Universum leben, in dem wir leben können!
Mathematisch ergibt dieses Argument jedoch nur dann einen Sinn, wenn die Möglichkeit besteht, dass viele verschiedene Universen entstanden sind. Es mag sich wie ein Oxymoron anhören, wenn wir von vielen Universen sprechen. Denn üblicherweise ist der Begriff Universum zu einem Synonym geworden für »alles, was existiert«.
In jüngerer Zeit hat Universum jedoch eine einfachere und wohl auch besser nachvollziehbare Bedeutung angenommen. Mittlerweile ist es üblich, sich »unser« Universum als das vorzustellen, was einfach alles einschlieÃt, was wir derzeit und was wir je werden sehen können. Physikalisch umfasst unser Universum also alles, was je auf uns eingewirkt haben könnte oder auf uns einwirken wird.
Sobald man diese Definition für ein Universum wählt, geraten andere »Universen« 38 in den Bereich des Möglichen, zumindest im Prinzip.
Wie ich schon unterstrichen habe, ist unser Universum so ungeheuer riesig, dass alles, was nicht unmöglich ist, praktisch mit Sicherheit irgendwo vorkommt. Seltene Ereignisse finden ständig statt. Man fragt sich vielleicht, ob dieses Prinzip auch für die Möglichkeit vieler Universen oder eines »Multiversums« (unter dieser Bezeichnung ist die Idee heute bekannt) gilt. Wie sich zeigt, gibt es starke theoretische Hinweise darauf, dass es sich hier um mehr als nur eine Möglichkeit handelt. Zahlreiche zentrale Vorstellungen, die einem beträchtlichen Teil der derzeit laufenden Aktivitäten in der Teilchentheorie zugrunde liegen, scheinen ein Multiversum zu fordern.
Ich möchte das betonen, weil in Debatten mit Menschen, die das Bedürfnis nach einem Schöpfer verspüren, die Behauptung der Existenz eines Multiversums als billige Ausrede der Physiker gesehen wird, denen die Antworten ausgegangen sind â oder möglicherweise auch die Fragen. Vielleicht ist das ja am Ende auch so â im Augenblick aber trifft es nicht zu. Beinahe jede logisch vorstellbare Möglichkeit, die darauf abzielt, die in kleinen Skalen bekannten physikalischen Gesetze auf eine umfassendere Theorie auszudehnen, lässt erwarten, dass unser Universum im groÃen MaÃstab nicht einzigartig ist.
Das als Inflation bezeichnete Phänomen liefert vielleicht die erste und möglicherweise beste Begründung. Während der inflationären Phase, in der eine bestimmte Region des Universums zeitweilig von gewaltiger Energie dominiert wird, beginnt diese Region sich exponentiell auszudehnen. Zu einem bestimmten Zeitpunkt kann es sein, dass eine kleine Zone innerhalb dieses »falschen Vakuums« aus der Inflation ausscheidet, da in der Region ein Phasenübergang stattfindet. Dabei entspannt sich das darin befindliche Feld auf seinen wahren, niedrigeren Energiewert, worauf die Expansion innerhalb dieses Bereichs nicht länger exponentiell verläuft. Der Raum zwischen solchen Bereichen wird sich jedoch weiter exponentiell ausdehnen. Zu jedem Zeitpunkt liegt dann der gröÃte Teil des Raums, sofern der Phasenübergang sich nicht über den gesamten Raum hinweg vervollständigt, innerhalb einer sich inflationär ausdehnenden Region. Und die sich aufblähende Region wird jene Zonen, die der Inflation anfangs entgangen sind, durch fast unauslotbare Distanzen voneinander trennen. Man kann es mit der aus einem Vulkan quellenden Lava vergleichen. Ein Teil des Gesteins kühlt ab und verfestigt sich, doch weil diese Steinbrocken auf einem Meer aus flüssiger Lava treiben, werden die
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