Ein Universum aus Nichts - ... und warum da trotzdem etwas ist
scheint.
Das Universum ist weit seltsamer und weit vielfältiger â auf wundersame Weise merkwürdiger â, als wir mit unserer kärglichen menschlichen Vorstellungskraft antizipieren können. Die moderne Kosmologie hat uns dazu gebracht, Vorstellungen in Betracht zu ziehen, die ein Jahrhundert zuvor noch nicht einmal hätten formuliert werden können. Die groÃen Entdeckungen des 20. und 21. Jahrhunderts haben nicht nur die Welt verändert, in der wir tätig sind. Sie haben auch unser Verständnis der Welt (oder der Welten) revolutioniert, die direkt vor unseren Augen existieren oder existieren könnten â einer Wirklichkeit, die verborgen bleibt, bis wir kühn genug sind, nach ihr zu suchen.
Aus diesem Grund sind Philosophie und Theologie letztlich nicht fähig, aus sich heraus die wahrhaft grundlegenden Fragen anzugehen, die uns im Hinblick auf unsere Existenz verwirren. Solange wir nicht die Augen öffnen und die Natur die Richtung vorgeben lassen, sind wir gezwungen, in Kurzsichtigkeit zu verweilen.
Warum gibt es statt nichts überhaupt etwas? Im Grunde könnte diese Frage vielleicht nicht bedeutsamer oder tiefgründiger sein als die Frage, warum manche Blumen rot sind und andere blau. »Etwas« könnte immer aus nichts hervorgehen. Das könnte notwendig sein â unabhängig von der zugrunde liegenden Natur der Realität. Oder »etwas« ist möglicherweise nichts wirklich Besonderes und im Universum sehr weit verbreitet. Wie auch immer â über diese Frage zu grübeln, ist nicht wirklich nützlich. Ergiebiger ist vielmehr, an der spannenden Entdeckungsreise teilzunehmen, die vielleicht ganz speziell enthüllt, wie das Universum, in dem wir leben, entstanden ist und sich entwickelt und von welchen Prozessen unsere Existenz letztlich gesteuert wird. Dafür haben wir die Wissenschaft. Dieses Verständnis können wir vielleicht durch Reflexion ergänzen und das als Philosophie bezeichnen. Eine wahrhaft nutzbringende Einschätzung unseres eigenen Ortes im Kosmos können wir jedoch nur aufbauen, wenn wir weiterhin jeden Winkel des uns zugänglichen Universums erkunden.
Ehe ich zum Schluss komme, möchte ich einen weiteren Aspekt dieser Frage aufwerfen, den ich bislang nicht berührt habe, der es mir aber wert erscheint, abschlieÃend erörtert zu werden. In der Frage, warum es statt nichts überhaupt etwas gibt, ist die solipsistische Erwartung enthalten, dass »etwas« erhalten bleiben werde â dass das Universum irgendwie bis zum Punkt unserer Existenz »vorangeschritten« sei, als wären wir der Höhepunkt der Schöpfung. Auf der Grundlage all dessen, was wir über das Universum wissen, ist viel wahrscheinlicher mit der Möglichkeit zu rechnen, dass in der Zukunft â vielleicht in der unendlichen Zukunft â wieder das Nichts herrschen wird.
Wenn wir in einem Universum leben, dessen Energie â wie von mir dargestellt â durch die Energie des Nichts dominiert wird, so ist die Zukunft in der Tat trostlos. Der Himmel wird kalt, dunkel und leer werden. Doch die Situation ist eigentlich noch schlimmer. Ein durch die Energie des Vakuums dominiertes Universum ist für die Zukunft des Lebens das schlimmste aller Universen. In einem solchen Universum wird letztlich jede Zivilisation garantiert verschwinden, weil ihr die Energie zum Ãberleben fehlen wird. Nach einer unergründlich langen Zeit könnte eine Quantenfluktuation oder eine thermische Bewegung einen lokalen Bereich erschaffen, in dem sich erneut Leben entwickeln und entfalten könnte. Doch auch das wird ein flüchtiges Ereignis sein. Die Zukunft wird von einem Universum beherrscht, in dem sich nichts befindet, was sein ausgedehntes Mysterium zu schätzen wüsste.
Wenn dagegen die Materie, die uns ausmacht, am Anfang der Zeit â wie von mir geschildert â aus irgendwelchen Quantenprozessen hervorgegangen ist, ist praktisch ebenfalls gewährleistet, dass auch sie wieder verschwinden wird. Physik funktioniert nicht nur in einer Richtung, und Anfänge stehen mit dem Ende in Verbindung. In einer sehr fernen Zukunft werden Protonen und Neutronen zerfallen, die Materie wird verschwinden, und das Universum wird sich einem Zustand maximaler Einfachheit und Symmetrie annähern.
Möglicherweise voll mathematischer Schönheit, aber jeder Substanz entleert. In einem ein wenig abweichenden Kontext hat
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