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Ein Universum aus Nichts

Ein Universum aus Nichts

Titel: Ein Universum aus Nichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence M Krauss
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zu, die auf genau definierten Prinzipien der Quantenmechanik beruht, und bilden dann eine Summe über alle Pfade, um finale (probabilistische) Vorhersagen für die Bewegung von Teilchen zu treffen.
    Als einer der ersten Wissenschaftler hat Stephen Hawking diese Vorstellung auf die mögliche Quantenmechanik der Raumzeit 44 angewandt. Feynmans Methoden hatten den Vorzug, mit der Fokussierung auf alle möglichen Pfade schließlich zeigen zu können, dass die Resultate nicht von den spezifischen Raum- und Zeitetiketten abhängig sind, die man jedem Punkt auf jedem Pfad anhängt. Weil verschiedene Beobachter in relativer Bewegung infolge der Relativität Entfernung und Zeit unterschiedlich messen und folglich jedem Punkt der Raumzeit unterschiedliche Werte zuschreiben, ist es besonders nützlich, über eine Formel zu verfügen, die unabhängig ist von den verschiedenen Etiketten, die verschiedene Beobachter jedem Punkt der Raumzeit zuweisen könnten.
    Und am nützlichsten ist sie möglicherweise im Hinblick auf die Allgemeine Relativität, wo die spezifische Kennzeichnung von Punkten in Raum und Zeit vollständig beliebig wird. Denn hier messen verschiedene Beobachter an unterschiedlichen Punkten in einem Gravitationsfeld unterschiedliche Werte für Entfernungen und Zeiten, und das Verhalten von Systemen wird letztlich nur von geometrischen Größen wie der Krümmung bestimmt, die sich als unabhängig von allen solchen Etikettierungen erweisen.
    Wie schon mehrfach angesprochen, ist die Allgemeine Relativität nicht vollständig mit der Quantenmechanik vereinbar, zumindest soweit wir das heute sagen können, weshalb es keine eindeutige Methode gibt, Feynmans Pfadintegralverfahren in der Allgemeinen Relativität zu definieren. Deshalb müssen wir zunächst einige auf Plausibilität beruhende Vermutungen anstellen und prüfen, ob die Ergebnisse einen Sinn ergeben.
    Wir wollen also die Quantendynamik von Raum und Zeit betrachten. Dazu müssen wir uns vorstellen, dass wir in den »Summen« Feynmans jede mögliche Konfiguration ins Auge zu fassen haben, mit der die verschiedenen möglichen Geometrien zu beschreiben sind, die der Raum während der Zwischenstufen jedes einzelnen Vorgangs annehmen kann – dort herrscht die Quantenunbestimmtheit ohne Einschränkung. Das heißt, wir müssen Räume betrachten, die über kurze Entfernungen und kleine Zeitabschnitte 45 beliebig stark gekrümmt sind. Insofern würden diese merkwürdigen Konfigurationen dann nicht von großen klassischen Beobachtern betrachtet, wie wir es sind, wenn wir versuchen, die Eigenschaften des Raums über große Entfernungen und Zeitabschnitte zu messen.
    Doch wir wollen uns noch seltsamere Möglichkeiten ansehen. Erinnern wir uns, dass in der Quantentheorie des Elektromagnetismus Teilchen beliebig aus dem Vakuum auftauchen können, solange sie innerhalb eines – vom Prinzip der Unbestimmtheit definierten – Zeitrahmens wieder verschwinden. Sollten wir also analog dazu in der Feynman’schen Quantensumme über mögliche Konfigurationen der Raumzeit in Erwägung ziehen, dass kleine, vielleicht kompakte Räume möglich sind, die ihrerseits aus dem Nichts auftauchen und wieder verschwinden? Oder allgemeiner gesagt: Was ist mit Räumen, die vielleicht »Löcher« enthalten oder »Henkel« – wie Schmalzkringel, die in die Raumzeit eintauchen?
    Diese Fragen bleiben offen. Solange wir jedoch keinen guten Grund dafür angeben können, solche Konfigurationen aus der quantenmechanischen Summe auszuschließen, welche die Eigenschaften des sich entwickelnden Universums bestimmt (und derzeit kenne ich keinen solchen guten Grund), dann scheint es höchst vernünftig, diese Möglichkeiten ins Auge zu fassen. Denn dabei orientiert man sich an dem allgemeinen Prinzip, das meines Wissens überall sonst in der Natur gilt: Alles, was nicht ausdrücklich von den Naturgesetzen verboten ist, muss letztlich geschehen.
    Wie Stephen Hawking betont hat, lässt eine Quantentheorie der Gravitation zu, dass der Raum selbst – wenn auch möglicherweise nur kurzzeitig – entsteht, wo zuvor nichts existiert hat. Obwohl er in seiner wissenschaftlichen Arbeit nicht versucht hat, sich des Rätsels von »Etwas aus Nichts« anzunehmen, ist dies genau die Frage, der sich die Quantengravitation letztlich widmen dürfte.
    »Virtuelle« Universen 46 sind faszinierende theoretische Konstrukte, scheinen aber nicht zu erklären, wie langfristig etwas aus nichts hervorgehen kann, ebenso wenig wie die

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