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Ein Universum aus Nichts

Ein Universum aus Nichts

Titel: Ein Universum aus Nichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence M Krauss
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geschlossenes Universum – eines, in dem die Dichte von Materie und Strahlung ausreicht, um den Raum dazu zu bringen, sich in sich selbst zurückzuschließen. Wie gesagt, in einem geschlossenen Universum würde man, wenn man weit genug in eine Richtung schaute, schließlich den eigenen Hinterkopf erblicken!
    Warum die Energie eines geschlossenen Universums null beträgt, ist eigentlich ganz einfach zu erklären. Am besten stellt man sich das Ergebnis in Analogie zu der Tatsache vor, dass in einem geschlossenen Universum auch die elektrische Ladung gleich null sein muss.
    Seit der Zeit Michael Faradays stellen wir uns die elektrische Ladung als Ausgangspunkt eines elektrischen Feldes vor – in der Ausdrucksweise moderner Quantenphysik ist es auf die Emission virtueller Photonen zurückzuführen. Bildlich gesprochen stellen wir uns »Feldlinien« vor, die radial von der Ladung ausgehen. Dabei ist die Zahl der Feldlinien proportional zur Ladung; die Richtung der Feldlinien weist bei positiven Ladungen auswärts, bei negativen einwärts:

    Wir stellen uns vor, diese Feldlinien würden in die Unendlichkeit hinaus verlaufen und sich mit zunehmender Entfernung immer weiter voneinander entfernen. Das impliziert, dass die Stärke des elektrischen Feldes immer weiter abnimmt. In einem geschlossenen Universum können die mit einer positiven Ladung verbundenen Feldlinien aber beispielsweise anfangs auseinanderlaufen, sich am Ende hingegen wie die irdischen Längengrade an den Polen am entfernten Ende des Universums wieder treffen. Wenn sie konvergieren, wird das Feld wieder stärker werden, bis genug Energie vorhanden ist, eine negative Ladung zu erzeugen, die die Feldlinien an diesem Antipoden-Punkt des Universums »fressen« kann.
    Ein sehr ähnliches Argument, das in diesem Fall mit dem »Fluss« der Feldlinien zu tun hat, aber den »Fluss« der Energie in einem geschlossenen Universum betrifft, zeigt uns, dass die positive Gesamtenergie, einschließlich der mit den Ruhemassen von Teilchen zusammenhängenden Energie, durch eine negative Gravitationsenergie exakt kompensiert werden muss, sodass die Gesamtenergie genau null beträgt.
    Wenn also die Gesamtenergie eines geschlossenen Universums gleich null und die Formel des Feynman-Wegintegrals anwendbar ist, dann könnten solche Universen quantenmechanisch ungestraft auftauchen, weil sie insgesamt keine Energie tragen. Ich möchte betonen, dass diese Universen vollkommen in sich geschlossene Raumzeiten wären und keine Verbindung zu unserem Universum hätten.
    Allerdings gibt es da noch einen Haken. Ein geschlossenes expandierendes Universum voll Materie wird sich in der Regel bis zu einer Maximalgröße ausdehnen und dann genauso schnell wieder in sich zusammenfallen. Es wird in einer Singularität enden, wo dem Niemandsland der Quantengravitation derzeit nicht zu entnehmen ist, wie sein endgültiges Schicksal aussehen wird. Deshalb dürfte die typische Lebensspanne winziger geschlossener Universen im mikroskopischen Bereich liegen – vielleicht in der Größenordnung der Planck-Zeit als charakteristischer Skala für Vorgänge der Quantengravitation, was etwa 10 -44 Sekunden ausmacht.
    Doch es gibt einen Ausweg aus diesem Dilemma. Wenn in einem solchen Universum, ehe es kollabieren kann, die Konfiguration der darin enthaltenen Felder eine Periode der Inflation erzeugt, dann kann sogar ein anfangs winziges geschlossenes Universum sich rasch exponentiell ausdehnen. Dadurch nähert es sich während dieser Periode immer mehr einem unendlich großen, flachen Universum an. Nach ungefähr 100 Verdoppelungen einer solchen Aufblähung wird das Universum so flach geworden sein, dass es problemlos weit über die Lebenszeit unseres Universums hinaus erhalten bleiben könnte, ohne zu kollabieren.
    Es gibt noch eine weitere Möglichkeit – sie versetzt mir immer einen nostalgischen (und neidischen) Stich, weil sie für mich eine wichtige Lehre darstellt. Als ich in Harvard als frischer Postdoktorand anfing, spielte ich mit der möglichen Quantenmechanik von Gravitationsfeldern herum und erfuhr von einem Ergebnis, das Ian Affleck, ein guter Freund aus der Graduiertenzeit, erzielt hatte. Dieser Kanadier, der während meiner Zeit am MIT seinen Abschluss in Harvard machte, kam einige Jahre vor mir zur Society of Fellows. Mithilfe der mathematischen Theorie Feynmans, die wir inzwischen dazu nutzen, mit Elementarteilchen und Feldern umzugehen (die sogenannte Quantenfeldtheorie), hatte er

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