Ein unmoralischer Handel
überhaupt nichts mehr.
»Eingekerkert wegen Mordes - an ihm!« Alathea ließ ihrer Wut freien Lauf. »Du hättest ihn sehen sollen! Das kannst du dir nicht vorstellen!« Sie begann vor dem Kamin auf und ab zu gehen. »Er war unmöglich, sogar für seine Verhältnisse, viel unmöglicher, als sogar ich es mir je hätte träumen lassen! Nur weil ich ihm gesagt habe - und ihn auch noch überzeugt habe -, dass es nicht richtig ist, wie sie die Zwillinge schier ersticken, hat er damit aufgehört und erstickt jetzt stattdessen mich!«
»Erstickt …?«
»Er überwacht mich, als wäre ich seine Schwester! Versucht, jedem amüsanten Herrn zu drohen und in die Flucht zu schlagen.« Mit rauschenden Röcken schwang sie herum. »Wenigstens ist ihm das bei Chillingworth nicht gelungen, Gott sei Dank! Aber das ganze Abendessen hindurch …!« Ihr fehlten die Worte. Sie schleuderte einen verächtlichen Blick auf die Tür. »Noch nie habe ich mich so gefühlt - wie ein Knochen, über dem ein großer Hund seine Zähne fletscht. Und du hättest seine Vorstellung während des zweiten Walzers sehen sollen! Ich hatte schon den ersten mit Chillingworth getanzt und keinen Grund gesehen, weshalb ich ihm nicht auch den zweiten gewähren sollte - er ist so schön groß, was gerade beim Walzer eine Wohltat ist. Aber Gabriel hat sich benommen wie … ein verfluchter Erzbischof! Man hätte meinen können, er selbst hätte noch nie in seinem ganzen Leben mit einer Dame Walzer getanzt!«
Mit verschränkten Armen ging sie weiter auf und ab. »Es war ja nicht so, dass er selbst mit mir hätte Walzer tanzen wollen - aber nein! Er hat in seinem ganzen Leben noch nie mit mir Walzer getanzt! Er wollte einfach nur Ärger machen! Und darin ist er wirklich unschlagbar! Ich bemitleide die Zwillinge aufrichtig und kann nur stolz sein, dass ich ihm, zumindest was sie angeht, den Kopf zurechtgerückt habe.«
Sie blickte finster drein. »Abgesehen davon, dass er sich jetzt anscheinend auf mich stürzt.« Sie grübelte einen Moment nach, dann zuckte sie die Schultern. »Vermutlich hat er sich nur heute Abend so verhalten, um es mir heimzuzahlen. Wie auch immer, mir steht dieses arrogante Getue von Mr Gabriel Cynster jedenfalls bis oben.«
»Von wem?«
Alathea ließ sich auf den Stuhl vor ihrer Frisierkommode fallen. »Rupert. Gabriel ist sein Spitzname.«
Nellie löste ihr Haar und begann es zu kämmen. Alathea ließ sich von den gewohnten rhythmischen Bürstenstrichen beschwichtigen. Ihr Geist wandte sich wieder dem Problem zu, das ihn bereits vorher beschäftigt hatte, dem Problem, das sie ob ihrer Empörung wegen Gabriels Verhalten im Ballsaal komplett vergessen hatte.
Als sie Alathea Morwellan war.
Das war schon schlimm genug gewesen. Sein Verhalten, wenn sie die Gräfin war, schien jenseits ihrer Einflussmöglichkeiten zu liegen.
»Das geht jetzt schon lang genug so - ich muss wieder die Kontrolle gewinnen.«
»Ach ja?«
»Mmh. Für ihn mag es ja schön und gut sein, die Zügel in die Hand zu nehmen, aber das ist viel zu gefährlich. Es ist mein Problem - er ist mein Ritter - ich habe ihn zu Hilfe gerufen. Er wird lernen müssen, meinen Bitten Folge zu leisten - nicht andersherum. Das muss ich ihm klar machen!«
Sie - die Gräfin - würde ihn erneut treffen müssen.
Alathea runzelte die Stirn. »Ich muss ihm von dem Kapitän erzählen.«
Was im Burlington geschehen war, würde nicht noch einmal passieren. Es war einfach nur eine günstige Gelegenheit gewesen, ein Aufeinandertreffen von Zeit, Gelegenheit und Erregung - und ihrer Schwäche -, und er hatte das gespürt, gesehen und genutzt.
Sie hatte es ihn ausnutzen lassen. Diesmal würde sie nicht so schwach sein, das schwor sie sich. Sie würde sich nicht so einfach in den Arm nehmen und aufs Bett legen lassen.
Nein. Aber es war unklug, weitere Risiken einzugehen.
»Ich kann kein weiteres Treffen bei Tageslicht riskieren.«
»Warum nicht? Er kann doch Ihr Gesicht nicht sehen, wenn Sie diese Maske unter dem Schleier tragen.«
»Stimmt. Aber er wird genauer hinschauen, und dann kann er genug erkennen …«
Er könnte es erraten. Er hatte sie in den letzten Wochen häufiger aus der Nähe gesehen. Er war ein scharfer Beobachter, wenn er sich bemühte, und nach ihrem letzten Treffen im Burlington war sie sich ziemlich sicher, dass er sich sogar sehr bemühen würde. Ganz besonders, wenn sie versuchte, ihn höflich auf Distanz zu halten.
Und Distanz, ob nun höflich oder nicht, war
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