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Ein unmoralisches Sonderangebot - Gier, K: Unmoralisches Sonderangebot

Ein unmoralisches Sonderangebot - Gier, K: Unmoralisches Sonderangebot

Titel: Ein unmoralisches Sonderangebot - Gier, K: Unmoralisches Sonderangebot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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Haus oder die Gärtnerei?«, fragte Stephan zurück.
    »Beide«, sagte Fritz.
    Stephan und ich hatten das Wohnhaus und die Gewächshäuser vor eineinhalb Jahren gekauft und die alte Gärtnerei übernommen. Wir hatten einen hohen Kredit aufnehmen müssen, so hoch, dass nicht nur Fritz meinte, die Bank hätte ihn nie bewilligen dürfen. Natürlich hatte er keinerlei Anstalten gemacht, uns mit etwas Geld unter die Arme zu greifen oder gar einen günstigeren Kredit anzubieten als die Bank. »Ich war immer dafür, dass meine Kinder die Suppe, die sich sich einbrocken, auch selber auslöffeln sollen«, pflegte er seinen Geiz pädagogisch-blumig zu umschreiben. »Aber sagt hinterher nicht, ich hätte euch nicht gewarnt.« Ich hatte den Verdacht, dass er nur darauf wartete, dass wir Konkurs anmeldeten. Aber noch hatte ich die Hoffnung, dass er vergeblich warten würde. Die alte Gärtnerei mit ihren fünf riesigen Glasgewächshäusern befand sich zwar wie das Wohnhaus in ziemlich desolatem Zustand, aber das Grundstück war über vierzehntausend Quadratmeter groß, und der Boden war hervorragend, ideal für die Baumschule, die wir aufziehen wollten. Irgendwann würde sich die hohe Investition auszahlen, da war ich sicher. Und bis dahin gab es eben keine neuen Klamotten und teure Antifaltencremes. Lieber würde ich verschrumpeln, als dass mein Schwiegervater am Ende Recht bekäme.
    »Na ja«, sagte Stephan. »Man merkt, dass es Frühling ist: Die Leute kaufen palettenweise Begonien und Neu-Ginuea-Dings, äh fleißige Lieschen …« Er warf einen Blick zu mir hinüber, weil er wusste, dass ich beide Pflanzen nicht ausstehen konnte. Ich war gelernte Staudengärtnerin, und in einer Gewächshausecke zog ich seltene Stauden, deren Samen ich mir aus England schicken ließ.Stauden, Rosen, wilde Clematissorten und Formschnittgehölze waren meine Leidenschaft, und ich war sicher, dass man damit eine Menge Geld verdienen konnte, wenn man es nur richtig anfing. Stephan war anderer Ansicht. Er hatte seine Gärtnerlehre nur angefangen, um die Wartezeit auf seinen Studienplatz in BWL zu überbrücken, und er hatte sie nach einem Jahr wieder abgebrochen, ohne von dieser gewissen Leidenschaft gepackt zu werden, die einen süchtig macht nach dem Geruch von Erde und frischem Grün. Eine Leidenschaft, die dafür sorgt, dass man nie wirklich gut manikürt aussieht, egal, was man auch tut.
    Immerhin hatte sein kurzes Gastspiel als Gärtnerlehrling dazu geführt, dass wir uns kennen lernten. Zweieinhalb Jahre später, als Stephan sein Vordiplom in der Tasche hatte, heirateten wir auch schon. Ich hatte es gar nicht erwarten können, endlich den Namen
Gaertner
anzunehmen. Nicht nur, dass er hervorragend zu meinem Beruf passte, nein, ich konnte jetzt endlich aufhören, den Leuten meinen Nachnamen zu buchstabieren. »Wie der Gärtner, nur mit ae«, das ging einem doch sehr lässig von den Lippen, und jeder wusste gleich Bescheid. Mein Mädchenname war
Przbylla
gewesen, und ich argwöhnte, dass meine Vorfahren aus einer besonders vokalarmen Gegend Polens stammten. Jedenfalls hatten die Leute immer »Gesundheit« gesagt, wenn ich mich vorgestellt hatte, und wenn es einmal jemand schaffte, den Namen richtig auszusprechen, musste ich mir immer dessen Spucke aus dem Gesicht wischen. Diese Zeiten lagen glücklicherweise lange hinter mir. Nächstes Jahr würden wir unseren zehnjährigen Hochzeitstag feiern.
    Wir ergänzten uns prima. Ich hatte die Ideen undStephan den Sinn für die Realität. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht erklärte er mir leider ständig, dass mit meinen Träumen kein Geld zu verdienen sei. Vielmehr musste ich mich mit der Idee anfreunden, dass wir – zusätzlich zu den eigenen – billige Pflanzen aus Holland importierten und mit Gewinn weiterverkauften. Offensichtlich funktionierte das. Im Dezember waren wir das erste Mal aus den roten in die schwarzen Zahlen gerückt, und zwar durch den Verkauf von eingetopften Weihnachtssternen, die mit den widerlichsten Glitzersprays bearbeitet worden waren. Bitte keine Missverständnisse: Wir waren um genau einen Euro und neunzig Cent in die Gewinnzone gerutscht, nicht mehr, aber auch nicht weniger. Das war ein Erfolg, zumindest verglichen mit den Monaten davor, in denen wir nicht annähernd kostendeckend gearbeitet hatten und sich die Schulden auf unheimliche Weise vergrößert hatten. Die fleißigen Lieschen und Begonien würden uns voraussichtlich einen ähnlichen Erfolg bescheren wie die

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