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Ein unmoralisches Sonderangebot - Gier, K: Unmoralisches Sonderangebot

Ein unmoralisches Sonderangebot - Gier, K: Unmoralisches Sonderangebot

Titel: Ein unmoralisches Sonderangebot - Gier, K: Unmoralisches Sonderangebot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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Weihnachtssterne.
    »Zu meiner Zeit kamen die fleißigen Lieschen nicht aus Neu-Guinea.« Fritz schüttelte missbilligend den Kopf, und nur Eberhard fasste die Bemerkung als Scherz auf und ließ sein keckerndes Lachen hören. Fritz fuhr auf seine übliche Art und Weise fort: »Und zu meiner Zeit verdiente sich ein anständiger Mann auch seinen Lebensunterhalt nicht mit Blumenverkaufen! Wozu haben wir dich denn studieren lassen?«
    Auch das fragte er jeden Sonntag. Ich sah verstohlen in die Runde. Oliver machte ein ernstes Gesicht, wohl weil er wusste, dass ihm diese Frage nachher auch noch blühte, Evelyn betrachtete ihre Fingernägel, Katinka seufzte, und Eberhard feixte.
    Stephan versuchte, sich souverän zu geben. »Ich hatte diese Woche ein sehr vielversprechendes Gespräch mit dem Beerdigungsinstitut Sägebrecht. Die wollen vielleicht von Blumen Müller zu uns wechseln. Grabbepflanzung ist ein ausgesprochen lukratives Thema.«
    »Aber hallo«, sagte Eberhard und keckerte wieder.
    »Grabbepflanzung!«, schnaubte Fritz. »Damit kann ein anständiger Mann doch keine Familie ernähren. Ich könnte dir jederzeit einen Job in meiner alten Firma besorgen.«
    »Stephan hat doch einen Job«, sagte ich.
    »Das nennst du Arbeit?«, rief Fritz. »Wovon wollt ihr denn euren Kindern die Ausbildung finanzieren?«
    »Äh, wir haben doch keine Kinder«, wagte ich es einzuwerfen.
    Fritz runzelte die buschigen Augenbrauen. »Jawohl«, polterte er. »Und warum nicht? Weil ihr es euch nicht leisten könnt, darum nicht. Das ist auch der Grund, warum meine Schwiegertochter Sachen aus dem Altkleidersack tragen muss.«
    Ich wollte empört aufspringen und rufen, dass die Sachen keinesfalls aus dem Altkleidersack stammten, sondern aus meinem Kleiderschrank. Aber dann hielt ich inne, weil mir klar wurde, dass keine wirklich gravierenden Unterschiede zwischen Sack und Schrank bestanden.
    »Wir könnten es uns leisten, Kinder zu bekommen«, log Stephan tapfer. »Aber wir wollen keine Kinder. Jedenfalls noch nicht.«
    »Genau«, sagte ich, um wenigstens etwas zu sagen. Wir waren uns darüber einig, dass wir nicht für Kinder geschaffen waren. Und Kinder nicht für uns.
    »Oha«, sagte Eberhard. Er konnte dem sonntäglichenFamilienstreit immer ganz entspannt lauschen, weil er das Glück hatte, Fritzens Anerkennung zu genießen. Als Ausbilder bei einem großen Automobilhersteller (demselben, bei dem Fritz bis zu seiner Pensionierung die zweithöchste Position bekleidet hatte) verdiente er nicht nur eine Menge Geld, sondern er hatte nebenbei noch die Zeit gefunden, seiner Frau alle zwei bis drei Jahre ein Kind zu machen. Wie jeden Sonntag wünschte ich mir einen Gummihammer herbei, um auf ihn einzudreschen. Oder einen Baseballschläger oder eine geladene Schrotflinte oder …
    »Blödsinn!«, rief Fritz und schlug dabei mit der Faust auf den Esstisch, dass die Kaffeetassen nur so schepperten. »Das ist doch ein verdammter Blödsinn.
Jede
Frau wünscht sich Kinder, und
jeder
Mann braucht Nachwuchs! Ihr kriegt es doch verdammt noch mal nur nicht auf die Reihe! Und warum nicht? Weil ihr es verdammt noch mal völlig falsch angeht. Was für ein trauriger Anblick! Zwei kinderlose Männer, die auf die vierzig zugehen und bis über beide Ohren verschuldet sind! Der eine pflanzt Blümchen auf Gräber, und der andere interviewt für einen Hungerlohn Feuerwehrmänner! Das nenne ich ein verdammt armseliges Leben!«
    »Verdammt darf man aber nicht sagen«, sagte Till.
    »Da hast du ganz Recht, Till«, sagte Katinka.
    »Verdammt Recht«, murmelte Evelyn.
    »Ihr Kinder, ihr könnt schaukeln gehen«, bestimmte Fritz gereizt. Er wollte ungestört weiterpöbeln, -fluchen, -schimpfen und -beleidigen, mindestens noch eine halbe Stunde lang. Danach tranken wir dann in der Regel noch einen Kaffee, redeten übers Wetter und machten uns schließlich auf den Heimweg. Bis zum nächsten Sonntag.Aber ich sagte ja bereits: Man kann sich an alles gewöhnen. Sie merken schon, in dieser Familie ging es nicht ganz normal zu. Manchmal kam ich mir wie in einer schlechten Fernsehserie vor. Auch wenn wir nicht gerade in Dallas waren – die Gaertners standen den Ewings in nichts nach.
    Tatataaa tatatatataaaa – die Gaertners – eine Familie zum Staunen. In den Hauptrollen: Fritz Gaertner, der alte Familientyrann, Oliver, sein ältester Sohn, der beim Fernsehen arbeitet und Jennifer Anistons Zwillingsschwester geheiratet hat, Stephan, der jüngere Bruder, der eine Gärtnerei

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