Ein unsittliches Angebot (German Edition)
zerborsten zu sein, und die Funken sprühten durch ihr Blut, wärmten ihre Glieder und trieben ihr Farbe ins Gesicht. »Was Sie jetzt tun, ist allein Ihre Entscheidung.« Jetzt kamen die Worte, als hätte sie ihr ganzes Leben lang darauf gewartet, sie zu sagen. »Wenn Sie sich sofort eine neue Stellung suchen möchten, werde ich Ihnen ein Empfehlungsschreiben ausstellen und Ihnen helfen, wo ich kann. Wenn Sie bleiben möchten, bis die Frage nach einem Erben geklärt ist, werde ich Sie informieren, sobald ich etwas weiß. Sie haben mein Wort, so oder so, dass ich alles in meiner Macht Stehende tun werde, um zu vermeiden, dass Sie solch einem Mann zum Opfer fallen.«
Wenn alles in ihrer Macht Stehende doch nur mehr wäre. Wenn sie Mr Russell mit dem Schwert in der Hand und einer Armee im Rücken herausfordern könnte, zum Beispiel. Oder jede einzelne dieser Frauen durch Feuer und Qualm in Sicherheit bringen. Sie wagte ein Lächeln in die Runde – alle starrten sie an, als wäre sie eine wild dreinblickende Fremde, die sich als ihre Herrin ausgab – und griff wieder nach dem Brennnesselsud.
Sie würde tun, was sie tun musste. Still liegen und einen Fremden in ihren Körper eindringen lassen, und dann hoffen, dass sein Samen Früchte tragen würde. Frauen brachten eben andere Opfer, und wenn das ihre zum Erfolg führen würde, wäre es glorreich genug.
»Die Bücher, die für Sie am hilfreichsten sein dürften, habe ich in dieser Reihe angeordnet.« Die Bibliothek war doch wirklich ein jämmerlicher Ort, so ganz ohne eine Familie, die die Regale mit Romanen gefüllt und Zeitschriften herumliegen gelassen hätte. Granvilles Sammlung nahm nur zweieinhalb Regalbretter ein, und zweifellos war ein Werk langweiliger als das andere.
»Die Decke gefällt mir.« Theo stand breitbeinig da und legte den Kopf in den Nacken, um sie zu betrachten, die Hände in den Hosentaschen. »Tonnengewölbe. Das bekommt man nicht oft zu sehen. Es hat etwas Romanisches, finden Sie nicht?« Die eingebauten Regale schmiegten sich an die gebogene Decke an und die wenigen Möbel hatten klare, klassische Formen. Der Raum könnte ihm gefallen, wenn man ihm ein wenig Leben einhauchen würde. Ein Mosaikteppich wäre auch nicht schlecht.
»Romanisch, ganz recht.« Granville winkte ihm mit etwas zu; Theo sah es aus dem Augenwinkel. »Hier ist ein Werk, das Ihnen eine recht gute allgemeine Einführung geben dürfte. Danach können Sie ja zu den anderen übergehen.«
Theo ergriff das Pamphlet und warf einen Blick auf den Umschlag. Die Nützlichkeit landwirtschaftlichen Wissens für die Söhne der Landeigentümer Großbritanniens, und für angehende Gutsverwalter; am Beispiel der jüngsten Ereignisse in Schottland. Mit der Darstellung eines Instituts für Studenten der Landwirtschaftslehre in Oxfordshire. Von einem schottischen Landwirt und Grundstücksverwalter, Wohnhaft in dieser Grafschaft . Gott hab ihn selig.
»Wie für mich gemacht, nicht wahr?« Er sank in den nächsten Sessel und blätterte ein paar Seiten durch. Jede einzelne von ihnen war von oben bis unten dicht bedruckt. Bedrückend.
»Ganz meine Meinung.« Der Mann strahlte, als hätte er das verwünschte Ding selbst verfasst. »Stört es Sie, wenn ich hierbleibe und ein wenig arbeite?« Er machte eine unverbindliche Geste. »Ich würde gern die Karte der einzuhegenden Parzellen fertigstellen, und ich fürchte, im Torhaus gibt es keinen Tisch, der dafür geeignet wäre.«
»Nicht im Geringsten, natürlich können Sie hier arbeiten.« Parzellen? Was für Parzellen? Hatte er schon wieder was verpasst? Und erwartete Granville von ihm, dass er einen Antrag auf Einhegung stellen würde? Großartig. Wieder eine Gelegenheit, sein Unwissen zur Schau zu stellen. Er beugte sich über den Text und schielte nach dem Verwalter, der sich an einen geneigten Tisch setzte, auf dem ein großer Bogen Papier voller Bleistiftmarkierungen lag. Karten zu zeichnen war bestimmt weit interessanter als die Nützlichkeit landwirtschaftlichen Wissens . Aber das war auch keine Kunst.
»Ich habe gestern die Witwe besucht«, sagte er nach einigen umgeblätterten Seiten.
»Mrs Russell?« Granville hob den Kopf. »Und wie geht es ihr? Ich habe sie seit dem tragischen Ereignis nicht mehr gesehen. Sie muss sehr niedergeschlagen sein.«
»Ich denke schon.« Er hatte sie noch nie lächeln sehen, jetzt, wo Granville es sagte. Die verzogenen Mundwinkel, als sie ihn in eine Diskussion über Brighton hatte verwickeln wollen,
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