Ein unsittliches Angebot (German Edition)
tut es nie.« Sie klopfte sich die Hände ab und ging weiter zum Lavendelbeet, das nach frischer Wäsche duftete. »Ich will nicht hoffen, dass das einem unserer Mädchen hier in Seton Park passiert.« Unter der Krempe ihrer Haube warf sie einen verstohlenen Blick auf Mrs Farris. »Es ist doch nur eine Stunde! Und nur sonntags. Und ich nehme an, dass Mr Atkins die meisten Stunden auf biblischen Themen aufbauen wird. Die Geografie des Heiligen Landes und so weiter.« Das war jetzt völlig aus der Luft gegriffen; in Wirklichkeit hatte sie keine Ahnung, was Mr Atkins durchnehmen würde. »Ich hoffe jedenfalls, dass Sie es sich überlegen werden.«
»Das werde ich.« Mrs Farris hob den Eimer auf und ließ ihn etwas weiter das Beet entlang wieder fallen. »Ich möchte nicht, dass irgendein Mann das Gefühl haben muss, er würde unter seinem Stand heiraten, wenn er eine meiner Töchter nimmt. Ich werde über alles nachdenken, was Sie gesagt haben.«
Stumm grub Martha die Finger in die Erde. Hatte sie soeben tatsächlich erfolgreiche Überzeugungsarbeit geleistet? Es schien fast so. Mit der Zeit würde sie mit diesem Argument vielleicht auch andere Pächtersfrauen überzeugen können – wenn sie diese Zeit haben würde. Wenn sie ihre Chance nicht bereits verspielt hatte.
Sie fegte sich etwas Schmutz vom Rock . Sie sollte besser bald gehen, damit noch Zeit blieb, die zweite Trauergarnitur anzulegen, bevor er kam. Obwohl er es vielleicht gar nicht bemerken würde. Vielleicht würde er gar nicht kommen. Vielleicht würde sie den ganzen Nachmittag in ihrem frischen Kleid im Sessel sitzen und niemand würde es sehen, niemand würde ihr Gesellschaft leisten außer der Erinnerung an jeden einzelnen ihrer törichten Fehler.
Wie machten sie das nur, die Männer, die so etwas taten? Theo stapfte den Waldpfad entlang, der auf kürzestem Wege zum Hintereingang von Mrs Russells Haus führte. Von richtig und falsch einmal abgesehen – wie konnte man vorwärtskommen, wo man nicht erwünscht war? Das Desinteresse der Witwe hatte ausgereicht, ihm gründlich die Lust vergehen zu lassen und ihn völlig untauglich zu machen. Wie um alles in der Welt brachte man sich in Wallung, wenn man mit Angst und vielleicht sogar verzweifeltem Widerstand konfrontiert war?
Sich in Wallung bringen. Er hielt an und lehnte sich gegen einen Baum am Wegrand. In wenigen Minuten würde er genau das tun müssen. Aber wie? Die Erinnerung an Mrs Weavers eiskalten Blick und an die schuldbewusste, verwirrte Miene des Mädchens, als es die Geschenke zurückgegeben hatte, würde ihm vielleicht bis ans Ende seiner Tage den Appetit verderben. Auf jeden Fall solange er sich mit einer Geliebten abgeben musste, die nichts von dem herzlichen Willkommen bot, das die Lust eines Mannes gut und richtig erscheinen ließ. Geliebte – das Wort selbst schien der reinste Hohn.
Er stieß sich vom Baum ab und setzte seinen Weg fort. Setzte beharrlich einen Fuß vor den anderen, durch das Wäldchen, über den Rasen, und ehe er sich’s versah, öffnete er bereits die Tür, den Hut in der Hand, mutlos.
Er hatte sich auf der Treppe noch nicht hinreichend an das Dunkel im Inneren gewöhnt, und als er das Zimmer betrat und sich nach ihr umsah, blinzelte er eine ganze Weile dumm ins Leere. Endlich erblickte er sie – und blickte noch dümmer drein.
Kein Wunder, dass er sie nicht entdeckt hatte. Er hatte nach der üblichen schwarzen Gestalt in ihrem üblichen gestreiften Sessel gesucht. Doch heute saß sie auf dem Sofa, blickte ihn an und trug kein Schwarz. Sie trug … insgesamt nicht viel. Keine Haube, zum Beispiel. Ihr Haar fiel ihr lose um die Schultern; Wellen dunklen Goldes auf dem hellen Rosa ihres Morgenrocks, der ihre Figur umfloss – offenbar ohne weitere Kleidungsstücke dazwischen.
Definitiv ohne weitere Kleidungsstücke dazwischen; das wurde unübersehbar, als sie vom Sofa aufstand und der Stoff sich bewegte. Der Hut fiel ihm aus der Hand und landete auf dem Boden. Der Morgenrock war noch nicht einmal zugeschnürt, erkannte er – sie hielt sich nur mit den Händen bedeckt – und er begann stumm zu beten – für Dinge, für die er im Jenseits in Teufels Küche kommen würde.
Sie kam einen Schritt auf ihn zu. Schluckte. Für eine kleine Ewigkeit blieb sie, wo sie war, kurz davor, etwas zu tun, und er konnte nur warten und noch innbrünstiger beten.
Langsam wie der Tau im Frühling, langsam wie die Flut, langsam wie Wolken an einem windstillen Tag glitten ihre
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