Ein unsittliches Angebot (German Edition)
Schulter. »Runtergehen und Ihnen entgegenkommen will ich auch gern, wann immer es Ihnen genehm ist.« Er ließ die Zunge über ihre Wirbelsäule wandern und fühlte den leisen Schauer, der sie von unten bis oben durchfuhr. Als er den Kopf hob, um in den Spiegel zu sehen, waren ihre Wangen rot und ihr Kinn gesenkt. Grimmig starrte sie die Zeiger an.
Acht Minuten also. Er küsste sie, und küsste und küsste und küsste, bis er den schmalen Streifen ihres Körpers kannte wie die Linien seiner Hand. Er lernte ihren Geruch kennen, er lernte ihren Geschmack kennen, und er erfuhr, welche Wirbel ihren Atem aussetzen ließen, wenn er mit den Lippen darüberfuhr. Er könnte ihren ganzen Körper mit dem Mund erkunden, wenn sie ihn nur ließe. Sie ablenken und völlig um den Verstand bringen.
Er umklammerte die Sessellehne fester. Ihre Haut war warm geworden und ihre Muskeln weich, und seine Hände, seine hartnäckigen Hände, drohten jeden Moment, sich zu vergessen und sich ihre Lenden emporzustehlen. Wie vorzüglich sie dorthin passen würden. Daumen und Mittelfinger gewölbt, um sie zu umspannen, der Zeigefinger würde elegante Muster beschreiben, die Handfläche würde durch die Lagen ihrer Kleidung den Knoten ihres Strumpfbands spüren.
Jemand atmete schwerer. Er. Er war das. Und jemand atmete leichter, die langsamen, trägen Atemzüge einer halb betäubten Person. Er betrachtete ihr Spiegelbild, und Begierde überkam ihn. Sie hatte die Augen geschlossen – so viel zur Uhrzeit –, und ihr Gesicht war entspannt und voller Wonne. Das Gesicht einer Frau, die nur darauf wartete, genommen zu werden.
Er könnte – nein. Das würde er nicht. Sie wollte das nicht. Aber je länger er weitermachte, desto wahrscheinlicher wurde es, dass er das vergessen würde. Dass er sich vergessen würde. Er lockerte seinen Griff um den Sessel, erst die eine, dann die andere Hand, und begann, ihr Kleid wieder zuzuknöpfen.
Verwirrt öffnete sie langsam die Augen. Sie sah auf die Uhr. Sie sah in den Spiegel. »Es waren noch keine acht Minuten.« Die vielleicht süßesten Worte, die sie je zu ihm gesagt hatte, doch in diesem Augenblich ganz und gar nicht hilfreich.
»Nein. Aber ich glaube, ich sollte jetzt aufhören.« Er legte die Hände wieder auf den Sessel und stemmte sich hoch. »Entschuldigen Sie mich.« Mit jeder anderen Frau wäre er jetzt auf dem Weg zurück ins Bett. Stattdessen würde er es sich selbst besorgen müssen, womöglich ohne auch nur eine Sekunde zu verlieren, sobald er nach Hause kam. War das erlaubt? Zur Hölle. Sogar wenn alles gut lief, schaffte es diese Abmachung, sein Leben extrem kompliziert zu machen. Er verließ das Schlafzimmer und sank draußen aufs Sofa.
Die Frau im Spiegel war eine Fremde. Sie glühte vor Erregung. Das Haar hing ihr in ungeordneten Locken über die Schultern. Ihr Blick war leer; nichts als stillschweigende Zustimmung lag darin. Martha wandte sich ab. Sie würde nicht diese Frau sein. Schwach. Anfällig. Den letzten Rest ihrer Grundsätze vergessen, sobald ein Mann seinen Mund auf ihren Nacken presste – noch dazu ein Mann, mit dem sie noch keine zwei Wochen bekannt war und der ihren Respekt nicht verdiente! Eine solche Schwäche durfte man sich als konsequente Frau nicht erlauben. Männer traten die Zukunftsaussichten der Frauen schon oft genug mit Füßen, man musste sie nicht auch noch ermutigen.
Über die Schulter warf sie noch einen Blick in den Spiegel, diesmal mit Entschlossenheit. Langsam, aber sicher nahmen ihre Augen wieder den gewohnten unergründlichen Ausdruck an, und ihre Lippen wurden fester. Sie strich sich die Haare zurück.
Sie hatten sich miteinander arrangiert, sie und Mr Mirkwood, und sie würde diese stumme Übereinkunft nicht durch die Schwäche des Fleischs komplizieren. Davon hätte niemand etwas. Sie stand auf, ergriff ihr Buch und folgte ihm hinaus.
Er hing hingelümmelt in der Sofaecke, einen Arm quer über das Gesicht drapiert. Sein Zustand war unverkennbar, selbst von Weitem. Dieses Ablenkungsmanöver war wirklich eine sehr schlechte Idee gewesen.
Sie stellte sich in die Nähe seines Knies und räusperte sich, als er sein Gesicht nicht zeigte. »Sind Sie bereit, mehr von Humphry Davy zu hören?«
»Nicht so nah, wenn ich bitten darf.« Er fuchtelte mit der freien Hand, wie um eine lästige Stubenfliege loszuwerden. »Wenn Sie sich bitte in Ihren Sessel setzen würden, dann dürfen Sie mir vorlesen, was Sie wollen.«
Eines gewissen Mitleids konnte man
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