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Ein unsittliches Angebot (German Edition)

Ein unsittliches Angebot (German Edition)

Titel: Ein unsittliches Angebot (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecilia Grant
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zuzusehen, wie sie sich anfreundeten? Und dennoch wärmte die Freude ihn noch, als die angemessene Zeit für einen Anstandsbesuch erreicht und überschritten war, als die Schatten über den Küchenfußboden krochen, sogar noch, als er schließlich zum Haus zurückging, so spät, dass nicht einmal mehr Zeit blieb, sich vor dem Essen umzuziehen.

7
    Mr Keene rutschte auf seinem Stuhl hin und her. Er konnte die Hände nicht still halten; gern hätte sie ihm ein paar Papiere zum Glattstreichen gegeben. »Ich bedaure von ganzem Herzen, Sie in dieser Angelegenheit belästigen zu müssen«, sagte er, und Martha wusste sogleich, worum es ging.
    »Entschuldigen Sie sich nicht dafür, dass Sie Ihrer Pflicht nachkommen. Ich nehme an, Mr James Russell möchte wissen, ob die Möglichkeit eines direkten Erben inzwischen ausgeschlossen ist?«
    Todunglücklich verneigte er sich, und die kahle Stelle auf seinem Kopf glänzte in der Abendsonne. Mr James Russell sollte sich was schämen, ihm etwas so Unangenehmes aufzutragen. Sie sollte sich natürlich ebenfalls schämen, es so eingefädelt zu haben.
    Zwei Wochen und zwei Tage waren es jetzt seit Mr Russells Dahinscheiden. Sie senkte den Blick und sprach leiser. »Ich kann es nicht zweifelsfrei sagen, und natürlich kann man in den ersten Wochen nie sicher sein. Doch ich hätte erwartet, inzwischen sagen zu können, dass die Möglichkeit ausgeschlossen ist.«
    »Ich verstehe.« Sie sah ihn verstohlen an. Er setzte sich auf und schien um Stärke zu ringen. »Dann muss ich zum nächsten Teil meines Auftrags kommen und Sie darauf vorbereiten, dass Mr James Russell beabsichtigt, Ihnen persönlich einen Besuch abzustatten.«
    Sie schauderte. Plötzlich fehlte ihr der Atem für eine Antwort.
    »Es tut mir leid.« Er nahm seine Brille ab und begann, sie mit einem Taschentuch zu putzen, vermutlich um Martha nicht ansehen zu müssen. »Ich fürchte, er hat Geschichten darüber gehört … wie ein Mann in seiner Situation hintergangen werden kann. Er spricht davon, seine Interessen zu wahren.« Mr Keene runzelte die Stirn. »Ich werde mein Äußerstes tun, ihn von Ihrem aufrichtigen Charakter zu überzeugen, das verspreche ich Ihnen, doch da er Ihnen noch nie begegnet ist, ist er leider anfällig für wilde Spekulationen darüber, was Sie vielleicht –«
    »Wann?« Dieses Wort brachte sie wenigstens zustande.
    »Wann er mir das gesagt hat?«
    »Wann kommt er?«
    »Nicht sofort.« Mr Keene faltete sein Brillenputztuch zusammen, steckte es ein und setzte die Brille wieder auf. »Bis Ende des Monats hat er noch geschäftlich in Derbyshire zu tun. Wie gesagt werde ich mein Bestes tun, ihn vollends von seinem Vorhaben abzubringen, aber falls ich keinen Erfolg haben sollte, werde ich Sie informieren, sobald er sich auf den Weg macht.« Seine Mundwinkel verzogen sich, so als habe er eine bittere Pille geschluckt. »In der Zwischenzeit soll ich Ihre Schritte überwachen und ihm Bericht erstatten.« Er betrachtete einen Augenblick lang seine Hände, dann blickte er wieder auf. »Wie ich höre, hatte Ihr Mann gewisse Differenzen mit seinem Bruder. Wussten Sie davon?«
    Sie schüttelte den Kopf. Dass sie sich nicht nahegestanden hatten, war durch Mr James Russells Abwesenheit bei ihrer Hochzeit deutlich geworden, doch Mr Russell hatte nie über die Gründe gesprochen, und sie hatte auch nicht gefragt.
    Mr Keene nickte knapp und schien unentschlossen, ob er noch mehr sagen sollte. »Er hatte wohl Bedenken, was Mr James Russells Charakter betraf, und hoffte sehr, Seton Park einem geeigneten Erben hinterlassen zu können. Ich versichere Ihnen, dass er eine derartige Beleidigung, wie sein Bruder sie Ihnen jetzt zufügt, niemals geduldet hätte.«
    »Hat er je zu Ihnen über die Art seiner Bedenken gesprochen?« Mit angehaltenem Atem wartete sie auf eine Reaktion.
    Abermals studierte er seine Hände. »Ich weiß nur, dass er ihn für ungeeignet hielt, den Besitz zu übernehmen.« Seine Ohren wurden rot, als er es sagte.
    Er wusste es. Genau wie Sheridan es gewusst hatte, wie all die Dienstboten es gewusst hatten und wie Mr Russell es gewusst hatte. Alle hatten sie gewusst, welche Niedertracht im Hause gewohnt hatte – welche Niedertracht jetzt drohte, dort wieder einzuziehen –, und niemand hatte es für nötig befunden, ihr ein Sterbenswörtchen davon zu verraten.
    Die Standuhr gongte. Mr Mirkwood würde in einer Stunde da sein. Sie mussten noch vorsichtiger sein, jetzt, wo Mr Keene beauftragt worden war,

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