Ein unsittliches Angebot (German Edition)
lobenswert. Ich habe gesehen, wie beeindruckt Mr Granville war, und dazu hat er auch jeden Grund. Sie sollten stolz auf sich sein.«
»Und Sie , meine Liebe, sollten sich ausziehen! Muss man denn hier alles selbst machen?« Er senkte den Kopf, um seine Weste aufzuknöpfen, doch seine ganze Gestalt strahlte vor Erfolg. Sie war zuversichtlich, dass sie ihn als besseren Menschen nach London zurückschicken würde.
Die Details arbeiteten sie aus, während er sich anzog. »Ich kann nicht davon ausgehen, dass ich jeden Tag zu dieser Zeit verschwinden können werde«, sagte er, während er sich die Hosen hochzog. »Vielleicht könnte ich nachts kommen, wenn das Gesinde schlafen gegangen ist. Wenn es Ihnen nichts ausmacht, auf mich zu warten.«
»Haben Sie etwa vor, den weiten Weg hin und zurück mitten in der Nacht zurückzulegen?« Sie hob den Kopf vom Kissen, um ihren Worten mehr Nachdruck zu verleihen.
»Wovor sollte ich mich denn fürchten?« Ein nachsichtiges Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus, bis es unter dem Hemd verschwand. »Vor Geistern?«, fragte er aus dessen bauschiger Tiefe heraus. »Zigeunern? Menschenfressenden Tigern?« Der Kopf kam wieder zum Vorschein, dann die Hände, erst durch die eine Manschette, dann durch die andere.
»Lachen Sie mich nicht aus! Vor allem nicht bei einem Thema, mit dem ich mich dank meiner Erfahrung auf dem Lande besser auskenne als Sie.« Das Genick tat ihr langsam weh in dieser Stellung. »Von Wilderern würde Ihnen Gefahr drohen, zum Beispiel.«
Er schüttelte abwehrend den Kopf, stopfte sich das Hemd in die Hose und schloss die Hosenknöpfe. »Ich habe kein Wild. Die hiesigen Wilderer sind doch gewiss nicht so dumm, auf meinem Land ihre Zeit zu verschwenden.«
»Es gefällt mir trotzdem nicht.« Sie ließ den Kopf zurückfallen. »Ich würde mir Sorgen machen.«
»Sparen Sie sich Ihre Sorgen für das Kind auf.« Die Matratze sank ein; er hatte sich auf die Ecke gesetzt, um sich die Krawatte zu binden. »Ich bin sicher, er wird Ihnen Grund genug geben, insbesondere wenn er nach mir kommt.« Der Stoff raschelte, als er die Lagen drapierte. Sie war beeindruckt, denn es gab weit und breit keinen Spiegel.
Als er vom Bett aufstand und sich in den Sessel setzte, vor dem seine Stiefel standen, ergriff sie wieder das Wort. »Warum können Sie kein Pferd nehmen, auf der Straße kommen und über Nacht bleiben? Dann wären Sie nicht so lange unterwegs und hätten nur einen Weg bei Dunkelheit. Ich kann mit meinem Mädchen sprechen, damit es einen sicheren Ort für das Pferd findet.«
Keine Antwort. Sie hob den Kopf und sah, dass er einen Stiefel betrachtete, die Wimpern gesenkt, und mit der Hand die Krempe richtete. »In Ihr eigenes Bett kommen, meinen Sie?« Er fragte, als wäre der Punkt unklar. »Und dort mit Ihnen schlafen?«
»Ich denke, das wäre das Beste. Sie können auf dem gleichen Weg kommen wie jetzt. Ich zeige Ihnen, wie man von hier zu meinen Wohnräumen gelangt. Ich gebe Ihnen einen Schlüssel. Natürlich müssen Sie dort … leiser sein, weil die Räume näher an den Dienstbotenquartieren liegen.«
Er antwortete nicht, sah sie nicht einmal an. Er machte den Stiefel fertig und zog ihn langsam an. Dann holte er sich den anderen. Er ließ sich Zeit damit, die inneren und äußeren Seitennähte seiner Hosen geradezuziehen.
Ob er … überlegte, wie er möglichst höflich ablehnen konnte? Vielleicht hatte sie ihn gekränkt mit der Ermahnung zur Ruhe. Oder vielleicht sprengte der Vorschlag die Grenzen ihrer Abmachung vollends? Aber woher sollte sie jetzt noch wissen, was sich gehörte und was nicht? Normalerweise war so etwas ja auch nicht ihre Art.
Er ließ von den Stiefeln ab und hob den Kopf. »Ja«, sagte er. »Das geht.« In einem Schwung hob er die Handschuhe vom Tisch auf und stand auf. »Aber ohne Pferd. Selbst, wenn wir es vor Ihren Stallburschen verheimlichen könnten – meine würden es auf jeden Fall bemerken. Ich nehme eine Pistole gegen die Wilderer mit, wenn Sie das beruhigt.« Er durchquerte den Raum, um sich seine Weste zu holen, und als er sich wieder umdrehte, war das alte freche Grinsen wieder da. »Ich fürchte, die Tage werden Ihnen endlos erscheinen ohne mich! Sie werden das Geplapper Ihres Damenbesuchs über sich ergehen lassen und insgeheim die Stunden bis zur Schlafenszeit zählen.«
»Ich werde nichts dergleichen tun!« Sie stützte sich auf die Ellbogen. »Selbst wenn ich Besuch bekäme, würde ich meine Gedanken niemals
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